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Satans Ritter

Satans Ritter

Titel: Satans Ritter
Autoren: Vampira VA
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schmachvollen Niederlage den Rücken kehrt und sich zur Flucht wendet, bevor der Gegner ihn noch zusätzlich in den Hintern treten kann .
    Seitdem kommt er jeden Tag einmal bei mir vorbei. Öffnet die schwere Tür, tritt zu mir herein und bleibt in sicherer Entfernung vor dem Gitter stehen, die Arme hinter dem Rücken gekreuzt. Dann steht er da und schaut zu mir herein in meine »Zelle«, die er wohl speziell für mich hat einrichten lassen.
    In diesem Augenblicken, in denen er vor mir steht, mit dem dicken Eisengitter zwischen uns, vergißt er für kurze Zeit seine Angst - und haßt mich ...
    Er empfindet nur noch abgrundtiefen Haß gegen mich - ich kann es riechen. Dann geht dieser scharfe, aggressive Gestank von ihm aus, der Haß ist .
    Auch in seinen Augen kann ich es lesen. Und an seinem alten, ausgemergelten Leib sehe ich, wie er für diese kurze Zeit wiedererstarkt. Haß kann eine unglaubliche Energiequelle sein, weißt du? ...
    Wir stehen uns dann gegenüber, jeder auf seiner Seite des Gitters, und schauen uns in die Augen. Für ein paar Minuten blicken wir uns gegenseitig in die Seele und schweigen. Bis er - jedesmal aufs Neue, als dächte er, ich würde irgendwann doch noch seinem Wunsch nachgeben müssen - endlich den Mund aufmacht und mich fragt: »Hast du es dir überlegt?«
    Nein, könnte ich zu ihm sagen, ich brauche darüber nicht nachzu-denken .
    Ich könnte ihm auch sagen, daß es bei weitem nicht so einfach ist, einer der unseren zu werden, wie er es sich offensichtlich vorstellt ...
    Auch könnte ich ihn fragen, ob er meint, alle Schattenseiten unseres Daseins zu kennen und bedacht zu haben .
    Doch ich sage nichts dergleichen.
    Ich will nicht mit ihm reden, als stünde vor mir jemand gleichen Ranges, mit dem ich tatsächlich ein Gespräch anfangen wollte. Diese Ehre - nein, diese Ehre erweise ich ihm nicht .
    Ich blicke ihn manchmal traurig an und sage: »Wieder um einige Zeit gealtert, alter Mann?« Und wenn ich das Frösteln sehe, das ihn bei diesen Worten befällt, fahre ich fort: »Und dabei ist die Zeit so kostbar für dich, nicht wahr?«
    Manchmal sage ich auch: »Du trägst bereits den Geruch deines Todes an dir. Er strömt aus deinen Kleidern und aus deinen Körperöffnungen, aus jeder Pore deines sterbenden Leibes.« Und lächelnd setze ich hinzu: »Und er ist heute noch ein kleines bißchen stärker als gestern.«
    Das Ende ist jedesmal dasselbe: Seine Miene verfinstert sich, und er wendet sich von mir ab und eilt, so schnell es sein verfallener Körper zuläßt, aus dem Gewölbe ...
    Er könnte mich vernichten vor Haß und Wut, das weiß ich. Und mit jedem Tag, mit jedem Mal, wo ich ihn erniedrige, wächst der Wunsch in ihm weiter, meiner Existenz ein gewaltsames Ende zu bereiten.
    Doch gleichzeitig weiß ich, daß er es niemals tun würde - selbst wenn er wüßte, wie er es anstellen kann.
    Weil ich seine letzte Hoffnung bin. Der letzte Rettungsanker, mit dem er glaubt, sich zurück zum Ufer des Lebens ziehen zu können ...
    Doch ich werde ihm nicht sagen, daß auch der »Segen« meines Daseins keine Medizin ist gegen die Krankheiten, die seinen alten Leib bereits so weit verwüstet haben. Daß auch das ewige Leben eines Untoten nicht hilft gegen den Schaden, den die Tumore in seinen Innereien angerichtet haben. Der Krebs wuchert in seinen Organen wie der Schimmelpilz hier in den Ecken dieses verdammten Kellerverlieses.
    Nur darum will er einer der unsrigen werden - weil die Schulmedizin, die ganzen Operationen und Bestrahlungen, die Medikamente, Naturheilkunde und wer weiß, was er noch alles ausprobiert haben mag, um diesem langsam voranschleichenden Tod ein Bein zu stellen - weil dies alles bereits versagt hat! Weil wir seine letzte Hoffnung sind!
    Armer alter Mensch .
    Ich werde ihm nicht nachgeben, werde ihm nicht die Ehre erweisen, einer der unseren zu werden - nicht, nachdem er mich hier in diesem schimmeligen Loch eingekerkert und versucht hat, es von mir zu erpressen! .
    Du magst denken: Wenn du diesem verblendeten alten Mann nicht nachgibst, läßt er dich niemals frei - und wenn er erst einmal tot und begraben ist, kannst du in diesem Verlies verfaulen bis zum jüngsten Tag.
    Genau das denkt vermutlich auch er - gerade damit will er mich ja erpressen. Doch ich sage Dir eines: Mit dem Versuch, mich hier festzuhalten, hat er mich gedemütigt, wie noch kein Sterblicher vor ihm mich beleidigt hat!
    Das Mauerwerk hat genug Ritzen und Risse, um mich hundertmal von hier fortkommen
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