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"ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)

"ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)

Titel: "ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)
Autoren: Bertolt Brecht , Helene Weigel , Wolfgang Jeske , Erdmut Wizisla
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5  Ende Mai/Anfang Juni 1924; A: Positano, E: Berlin, masch. (Privatbesitz)
    Liebe Helle
    es ist eine verfluchte blaue Limonade
    Eine halbe Stunde baden und Kajakfahren
    Zwei Stunden essen im ganzen
    Rauchen Zitronenwasser Sechsund60 alles zusammen vier Stunden
    Und dann
    Aber jetzt ist Cas gekommen und morgen gehe ich mit ihm los auf Neapel 1
    Dort gibt es Drinks Musik und Sifilis
    Ich denke daß ich in ein bis zwei Wochen in Deutschland bin
    Marianne ist viel besser dran jetzt
    Sie bleibt noch in Capri sitzen
    Es war sehr gut daß ich sie hierhergebracht habe
    Dann geht sie nach Mondsee in Österreich wo ihre Mutter ist und ihr Kind für den Sommer 2
    Sie wird ganz erholt sein danach
    Für die Lunge ist es gut hier aber Landschaft und Bewohner und alles ist zum Kotzen
    Und alles ist teuer und schlecht das Fleisch nicht zum Essen
    Was tust Du
    Ich freue mich ordentlich auf Dich und Pietro 3
    Wird er auch groß und dick und lustig
    Und ist seine Mutter eine Augenweide
    Und singt I have no bananas 4
    Und hält seines Vaters Bett bereitet
    Wie es geschrieben steht
    Und weiß was ist und
    kennt das »Hohe Lied« Salomos und weiß es ist
    das zweite Kapitel Vers 10-15 5
    Und damit einen Kuß auf den Hals unter dem Kinn Du weißt es
    b
 
    1
 
Caspar Neher, Brechts Jugendfreund aus Augsburg.
2
 
Zdenka Zoff, geb. Jellinek, die Mutter von Marianne Zoff, wohnt in Mondsee, östlich von Salzburg; Hanne ist die gemeinsame Tochter von Marianne und Brecht.
3
 
Anspielung auf die Schwangerschaft Helene Weigels.
4
 
Amerikanischer Schlager aus dem Jahr 1923, in der deutschen Fassung Ausgerechnet Bananen!
5
 
Die Verse aus dem Hohen Lied lauten: »Mein Freund antwortet und spricht zu mir: Stehe auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm her. / Denn siehe, der Winter ist vergangen, der Regen ist vorbei und dahin. / Die Blumen sind aufgegangen im Lande, der Lenz ist herbeigekommen, und die Turteltaube läßt sich hören in unserm Lande. / Der Feigenbaum hat Knoten gewonnen, und die Reben duften mit ihren Blüten. Steh auf, meine Freundin, und komm, meine Schöne, komm her! Meine Taube in den Felsklüften, im Versteck der Felswand, zeige mir deine Gestalt, laß mich hören deine Stimme; denn deine Stimme ist süß, und deine Gestalt ist lieblich. / Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben; denn unsere Weinberge haben Blüten bekommen.«

Von Mitte Juni bis Anfang Juli 1924 ist Brecht wieder in Berlin, um Verlagsangelegenheiten zu regeln. Anfang August kehrt er nach München zurück. Helene Weigel macht in dieser Zeit Urlaub in Wasserburg am Bodensee.

6  Postkarte, 30. Juli 1924; A: Augsburg, E: Wasserburg am Bodensee, Hotel Krone, hs. (Privatbesitz)
    Liebste Helle,
    Wagen, Tabak, 4 Soldaten 1 , Cas, Langeweile –
    Was tust Du? Regnet es? Ist es tüchtig langweilig? Das ist gut für den Jungen! 2 Er wird nicht zu früh blasiert!
    Ja? Ich bin immer »aufgekratzt« bei Dir! Zum Erstaunen lebendig, jetzt wieder down.
    Ich küsse Dich, wirst Du tüchtig dick? Das ist gut. Da bist Du gut zu haben. Das festigt innerlich.
    Schreibe mir!
    bert
 
    1
 
Anspielung auf Mann ist Mann . Das Stück wird 1926 uraufgeführt und nimmt das zentrale Thema sowie Motive des Galgei -Fragments wieder auf.
2
 
Der gemeinsame Sohn Stefan Sebastian wird am 3. November 1924 geboren.

7  Postkarte, 2. August 1924; A: Augsburg, E: Wasserburg am Bodensee, Hotel Krone, hs. (Privatbesitz)
    Liebste Helle,
    bekomme erst heute Deinen Brief, kann in Augsburg heute kein Geld beschaffen, ver leihe die Dollars, Montag hoffe ich schicken zu können. Am besten wäre, Du bleibst, solang Du es aushalten kannst, ich bin mitten im »Galgei«. Schreib bitte sofort wieder; Montag bin ich München, Kammerspiele!
    Ich küsse Dich
    bert

8  Anfang August 1924; A: Augsburg, E: Berlin, masch. (Privatbesitz)
    Liebes Helletier
    jetzt sitzt der große Manitu wiederum in seiner Wolke von holländischem Tabakrauch und blinzelt wenn Licht durch den Zeltschlitz fällt und lauscht dem Gramotier 1 das
    Oh by Jingo 2
    seufzt
    Was tust Du
    Wieviel von Dir ist noch nach Berlin gekommen und wieviel von mir
    Hast Du das Bad hinter Dir
    Was tut Arnolt der schwarze Panther
    Und Peter der kleine
    Oh by Jingo
    Und amen
 
    1
 
Wohl: Grammophon.
2
 
Häufig auf Schallplatte eingespielter Song aus dem Broadway-Musical Linger Longer Letty (1919).

9  Anfang August 1924; A: Augsburg, E: Berlin, hs. (Privatbesitz)
    Liebe Helle
    ich danke Dir für Augsburg
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