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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder
Autoren: Jonathan Kellerman
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war schweres, weißes Papier mit einem edlen Wasserzeichen. Unter dem Briefkopf in schwarzer Gravur - Aruk House, Aruk Island - las ich noch einmal:
    Lieber Delaware,
    ich bin Arzt auf der Insel Aruk im nördlichen Mikronesien. Die Insel ist wegen ihrer gestreckten Form auch als »Messerinsel« bekannt. Offiziell gehört sie zum Inselbund der Marianen und ist amerikanisches Territorium unter Selbstverwaltung. Die Insel ist sehr klein und wird in keinem Reiseführer erwähnt. Auf diesem wundervollen, faszinierenden Eiland lebe ich seit 1961.
    Zufällig stieß ich auf einen Artikel über Gruppentrauma, den Sie im Journal of Child Development and Clinical Practice veröffentlicht haben. Dann las ich Ihre anderen Publikationen und fand, dass sich in Ihnen auf ausgezeichnete Weise wissenschaftliche Rigorosität und gesunder Menschenverstand vereinen.
    Ich schreibe Ihnen nun, weil ich Ihnen einen interessanten Vorschlag machen möchte.
    Im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte konnte ich neben meinen naturgeschichtlichen und ernährungswissenschaftlichen Forschungen in meiner Praxis einen großen Schatz klinischer Daten sammeln, von denen manche einzigartig sind. Da ich jedoch die meiste Zeit damit verbracht habe, Patienten zu behandeln, bin ich leider nie dazu gekommen, diese Informationen ordentlich zu sortieren.
    Nun, da ich älter werde und auf den Ruhestand zugehe, meine ich, dass ein großer Wissensschatz verloren gehen würde, wenn diese Daten nicht veröffentlicht würden. Zunächst dachte ich daran, mich um die Hilfe eines Anthropologen zu bemühen, doch dann entschied ich, dass jemand mit klinischer Erfahrung, am besten psychiatrischer Natur, besser geeignet wäre. Ihre medizinische Orientierung und Schreibgabe geben mir das Gefühl, dass Sie für diese Aufgabe der richtige Mitarbeiter wären.
    Ich bin sicher, ein solches Angebot aus heiterem Himmel wird Ihnen seltsam erscheinen, doch ich habe lange darüber nachgedacht. Das Leben geht auf Aruk wahrscheinlich sehr viel gemächlicher vor sich, als Sie es gewöhnt sind, doch vielleicht reizt Sie das ja gerade. Hätten Sie Interesse, mir zu helfen? Nach meiner Schätzung sollte die erste Durchsicht der Daten zwei bis drei Monate dauern, und dann wäre zu überlegen, ob vielleicht ein Buch daraus werden könnte, eine Monografie oder eine Reihe von Artikeln. Ich würde mich auf die biologischen Aspekte konzentrieren und Sie wären für die psychologische Seite zuständig. Ich denke an eine gleichberechtigte Zusammenarbeit, nach der wir beide als Autoren erscheinen würden.
    Ich bin bereit, Ihnen über vier Monate eine monatliche Entschädigung von 6000 Dollar zu zahlen.
    Außerdem würde ich für alle Transportkosten (Businessclass) und für Kost und Logis aufkommen. Es gibt kein Hotel auf Aruk, doch mein Haus ist recht komfortabel und ich bin sicher, es würde Ihnen gefallen. Falls Sie verheiratet sind, würde ich auch die Reisekosten für Ihre Frau übernehmen, wenngleich ich ihr keine bezahlte Arbeit anbieten könnte. Wenn Sie Kinder haben, so könnten diese unsere kleine, aber gute katholische Schule hier auf der Insel besuchen, oder ich würde einen Privatlehrer beschaffen, was nicht viel kosten würde.
    Wenn Sie Interesse haben, schreiben Sie mir bitte oder rufen Sie mich an unter (607) 555-3334. Es gibt keinen formellen Zeitplan, doch ich würde die Arbeit gern so bald wie möglich beginnen.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Dr. med. Woodrow Wilson Moreland
    Gemächliches Leben, keine besondere Herausforderung zu erkennen - normalerweise hätte ich höflich abgelehnt. Ich hatte seit Jahren keine langfristige Therapie mehr gemacht und mich mit forensischen Aufträgen beschäftigt, und Robins Werkstatt für Saiteninstrumente ließ ihr kaum Zeit für Urlaub, geschweige denn für eine mehrmonatige Pause.
    Andererseits hatten wir öfters halb im Scherz davon gesprochen, uns auf eine verlassene Insel zurückzuziehen.
    Ein Jahr zuvor hatte ein Psychopath unser Haus niedergebrannt und uns zu ermorden versucht. Wir hatten uns entschlossen, neu zu bauen, und uns vorübergehend in einem Strandhaus in West-Malibu eingemietet.
    Nachdem unser Bauunternehmer uns im Stich gelassen hatte, übernahm Robin die Aufsicht über den Neubau. Zuerst ging alles ganz gut, doch dann gab es die Schwierigkeiten, in die man immer gerät, wenn man baut. Es würde noch Monate dauern, bevor wir einziehen könnten, und schließlich wurde die Doppelbelastung zu viel für Robin. Sie engagierte einen
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