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Sanssouci

Sanssouci

Titel: Sanssouci
Autoren: Andreas Maier
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sie auf seine Schultern, denn Nils war nicht da. Nun war sie dem Himmel ein Stück näher, und die Blüten in ihrer Hand fühlten sich wunderbar kühl und frisch an. In diesem Augenblick donnerte wieder ein Militärflugzeug über die Stadt. Pfui, riefen die Demonstranten und reckten ihre Arme nach oben. Dann flogen Blüten in die Luft. Ja, es wurde wahr: alles war nun voller Blüten, auch die Helme der Polizisten, auch Majas Haare, und Loredanas Bruder lachte, und sie lachte, und er hielt ihre Hand, damit sie nicht stürzte, und von hinten hörte man Pöhlands fröhliches Meckern, und sie fühlte die Berührungen der Menschen, und sie spürte Loredanas Bruder, und sie hörte das Skandieren alldieser wundervollen Menschen: Nie wieder Faschismus, nie wieder Faschismus , und sie richtete ihre Augen von den Reigenfrauen zum Himmel und jauchzte, wobei Loredanas Bruder von einem anderen, der ein anderes Mädchen auf seinen Schultern trug, leicht angerempelt wurde, worauf Loredanas Bruder ein wenig das Gleichgewicht verlor, wodurch sich ein lustiges Taumeln für Maja ergab, über das sie seltsam gickelnd lachen mußte, und als sie die Blüten aus ihrer Hand fallen ließ, sah sie, wie sie dem Bordstein näher kam, der Bruder glitt aus, und sie sah irgendwie sehr deutlich die Farbe der Straße und des Trottoirs und sah auch, wie zwei oder drei Polizisten versuchten, sie aufzuhalten oder irgendwie mit den Händen aufzufangen, und dann sah sie die Bordsteinkante sehr deutlich und unerwartet nah vor sich, und dann wurde es schwarz. Und damit endete Majas Perspektive auf die Dinge.

Der Autor dankt dem Deutschen Literaturfonds, der Villa Massimo, dem Herrenhaus Edenkoben und dem Landgasthof Gebhardshütte in Bullau.

Ein skrupelloses Zwillingspaar, ein orthodoxer Mönch, eine sadistische Vegetarierin und ihre Opfer, ein Fernsehredakteur und der Bürgermeister: Sie alle stolpern übereinander, fallen sich in den Arm oder gehen sich aus dem Weg nach dem Unfalltod des Regisseurs Max Hornung, der als Wessi Potsdam mit der Fernsehserie »Oststadt« verewigt und in Empörung und Dankbarkeit gespalten hat. Tatsächlich hat die Stadt auch einen realen doppelten Boden: ein Gangsystem unter dem Schloßpark, in dem man sich zu Zeitvertreib, Quälereien und Okkultismus trifft.
    »Ein radikaler romantischer Roman, der nach der Wahrheit unseres Lebens fragt.« Iris Radisch , Die Zeit
    Andreas Maier, geboren 1967, lebt in Frankfurt am Main. Zuletzt erschienen Kirillow . Roman. 2005 (st 3778), Ich . Frankfurter Poetikvorlesungen, 2006 (es 2492). Bullau . Versuch über Natur , mit Christine Büchner, 2008 (st 3947) und 2010 Onkel J . Heimatkunde . Sein Roman Sanssouci war 2009 für den Leipziger Buchpreis nominiert.
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