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Sandra und die Stimme der Fremden

Sandra und die Stimme der Fremden

Titel: Sandra und die Stimme der Fremden
Autoren: Margot Kreuter
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waren nur durch einen Drahtzaun voneinander getrennt.
    „Sie muß inzwischen fortgegangen sein. Ich habe an der Haustür geklingelt und an der Seitenpforte gerufen. Es meldet sich niemand“, sagte der Mann. „Sie könnten den Maschendraht doch annehmen. Es ist Samstag. Das hier ist meine letzte Fuhre. Zu bezahlen ist nichts. Sie würden Ihrer Nachbarin gewiß einen großen Gefallen damit tun.“
    „Moment noch! Sandra, sieh mal nach, wo Frau Arnold steckt“, bat Sandras Großmutter.
    Sandra lief durch den Garten zum Drahtzaun, bog die Fliederzweige beiseite und spähte durch die breiten Maschen.
    Hunde balgten sich neben dem Schuppen. Katzen strichen umher. Eine Entenfamilie watschelte schnatternd durch die Pfefferminzstauden. Unter einem Forsythienstrauch säugte eine Katzenmutter ihre Jungen.
    „Frau Arnold...! Hallo, Frau Arnold!“ rief Sandra.
    Die Hunde stürzten bellend herbei und scheuchten die Hühner auf, die im Kartoffelbeet nach Würmern suchten. Gackernd flatterten die Hühner davon.
    In den frisch umgegrabenen Kartoffelfurchen lagen dicke, feuchtglänzende Kartoffeln. Daneben stand ein Spankorb. Die Harke lehnte an einem Baumstamm. Frau Arnold schien ihre Arbeit etwas überstürzt unterbrochen zu haben.
    „Frau Arnold...! Da ist jemand für Sie, Frau Arnold! Sie kriegen etwas gebracht!“ rief Sandra und versuchte mit ihrer Stimme das wütende Kläffen der Hunde zu übertönen.
    Doch außer den Tieren rührte sich nichts.
    „Also schön! Stellen Sie den Draht hier ab“, sagte Frau Ansbach, nachdem Sandra mit bedauerndem Kopfschütteln zurückgekommen war.
    „Wenn Sie die Lieferung bitte quittieren wollen?“ bat der Fahrer erneut. Er übergab Frau Ansbach den Lieferschein und einen Kugelschreiber und eilte auf die Straße hinaus.
    Sie hörten eine Autotür zuschlagen. Ein Motor brummte. Wenig später erschien ein Lastwagen mit einer offenen Ladefläche vor der Gartentür.
    Dann fielen vier Rollen Maschendraht vor den Eingang.
    Frau Ansbach blickte Sandra besorgt an. „Hat die Katzen-Marie im Lotto gewonnen? Was mag sie nur vorhaben?“
    „Vielleicht ist sie Herrn Seibolds Klagen über die ruinierten Beete leid?“
    „Du meinst, sie möchte unseren Zaun erneuern?“ Frau Ansbach schüttelte ungläubig den Kopf.
    „Um ihre Katzen aus eurem Garten herauszuhalten. Es ist doch auch ihr Zaun, nicht wahr? Oder sie braucht ihn für einen Hundezwinger.“
    „Du denkst doch nicht etwa...?“ Entsetzen zeigte sich auf Frau Ansbachs Gesicht.
    Der Fahrer hatte die vier Rollen Maschendraht hereingebracht und an die Terrassenmauer gelehnt. Er kam, um den quittierten Lieferschein in Empfang zu nehmen.
    „Vielen Dank auch.“ Der Fahrer riß die Durchschrift ab und übergab sie Frau Ansbach. „Auf Wiedersehen und schönes Wochenende.“
    Frau Ansbach nickte stumm.
    Die Dackelhündin begleitete den Fahrer mißtrauisch zur Gartentür, als sie einen großen, braungelbgestreiften Tigerkater sah, der durch die Margeritenbüsche schlich. Mit einem wütenden Bellen warf sie sich ihrem Erzfeind entgegen.
    Der Kater krümmte fauchend den Rücken und stellte seinen Schwanz hoch.
    „Susi...!“ Sandra rannte los, packte Susi am Halsband und verscheuchte den Kater. „Dummes Vieh!“ schalt sie Susi aus. „Hast du immer noch nicht begriffen, daß du gegen Tiger keine Chance hast? Wie oft willst du dir noch eine blutige Schnauze holen?“
    Sie nahm den sich heftig sträubenden Dackel auf den Arm und trug ihn über die Terrasse ins Haus.
    „Joschi, komm vespern! Du hast doch sicher Durst!“ rief Frau Ansbach Joschi zu.
    Durst weniger, dachte Joschi, während er eilig die Leiter verließ. Frau Ansbach backte die leckersten Biskuits, die er je gegessen hatte.
    „Wozu brauchen Sie den Draht?“ erkundigte er sich.
    „Er ist nicht für uns. Er gehört der Katzen-Marie. Der Himmel mag wissen, was sie damit vor hat “, erwiderte Frau Ansbach und bedachte das Haus der Nachbarin, von dem nur der Giebel mit dem Schornstein über die alten, hohen Bäume ragte, mit einem anklagenden Blick.

Was geht bei der Nachbarin vor?

    Mit den Katzen hatte es angefangen.
    Frau Arnold war nie sehr beliebt in der Föhren-Allee gewesen. Schon vor dem Tod ihres Mannes galt sie als ungesellig und eigenbrötlerisch.
    Nachdem er gestorben war, kapselte sie sich vollends ab.
    Sie verhielt sich einsilbig und menschenscheu bei ihren gelegentlichen Einkäufen in den Geschäften der Straße. Wenn sie zum Friedhof ging, um das Grab ihres Mannes
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