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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer
Autoren: Milly Johnson
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Erstes Kapitel
    S chon nach den ersten drei Worten von Malcolms Rede schaltete Dawn die Ohren auf Durchzug. Sie wollte seine monotone Stimme nicht hören. Und sie wollte auch nicht an alte Leute aus der Backwaren-Abteilung denken, die in den Ruhestand traten. Sie hatte den Kopf randvoll mit Konfetti und Flitterwochen, und sie zählte die Stunden bis zum nächsten Morgen, wenn sie endlich ihr Brautkleid aussuchen würde.
    Während Malcolm noch immer davon schwafelte, wie eine Ära zu Ende ginge, und mit dem billigen Weißwein in seinem dicken Styroporbecher Brian, dem Ruheständler in spe, zuprostete, rechnete sie sich aus, wie lange es bis zu ihrem großen Tag noch war. Vierundachtzig Tage, achtzehn Stunden, elf Minuten und dreiundvierzig Sekunden, zweiundvierzig Sekunden, einundvierzig Sekunden . Jedes Ticken der Uhr brachte sie ihrem Leben als Mrs. Calum Crooke einen kleinen Schritt näher.
    Jetzt klatschten Leute, und Dawn fiel mit ein, damit es so aussah, als würde sie an den Feierlichkeiten teilnehmen. Malcolm lächelte, fiel ihr auf. Gott. Noch vierzehn Millionen Mal, und er würde allen Ernstes Falten davon bekommen. Vermutlich Blähungen, dachte Dawn, während sie beobachtete, wie Malcolms Miene wieder ihren üblichen »Die Welt kann mich mal«-Ausdruck annahm. Na ja, im Augenblick konnte ihn die Welt wirklich mal. Er war davon ausgegangen, dass er als stellvertretender Leiter der Backwaren-Abteilung mit einem Sprung in die oberste Liga aufsteigen würde, wenn Brian in den Ruhestand trat. Er war alles andere als begeistert davon, dass er in die Käse-Abteilung abgeschoben wurde und der neue Leiter der Backwaren-Abteilung ein unbekannter Außenseiter sein würde, den der Geschäftsführer, Mr. McAskill, ins Boot holte.
    Dass er »Käse-Chef« und kein Stellvertreter mehr sein würde, konnte seine Enttäuschung kaum lindern. Die Backwaren-Abteilung war sicher auf dem aufsteigenden Ast, der Käse auf dem absteigenden. Es ging das Gerücht, Mr. McAskill hätte vor, den Bereich völlig auslaufen zu lassen. Und in der Käse-Abteilung war er allein unter Männern, im Gegensatz zu den Backwaren, wo die Frauen von nun an unter sich sein würden. Er würde weitaus seltener die Gelegenheit haben, an den Kopierern seinen Kolleginnen in die Bluse zu schielen oder dichter auf die Pelle zu rücken, als er sollte. Dawn dachte mit Schaudern an ihren ersten Arbeitstag in der Abteilung zurück, als sie auf einmal seine Hand auf ihrem Gesäß gespürt hatte. Er hatte nur »hoppla« gesagt und es dabei belassen, aber sie hatte gewusst, dass es Absicht gewesen war. Danach hatte sie immer einen möglichst weiten Bogen um ihn gemacht.
    Raychel stand allein da und schwenkte den scheußlichen Wein in ihrem Becher. Sie war von Natur aus ein Mauerblümchen, das sich am liebsten im Hintergrund hielt. Gesellschaftliche Anlässe wie dieser waren ihr unangenehm, aber sie hatte sich verpflichtet gefühlt, mit den anderen nach der Arbeit noch zu bleiben, um Brian zu verabschieden. Schließlich war er ein durchaus umgänglicher Mann, und während er von dem geplanten Campingurlaub mit seiner Frau im nächsten Sommer, einer neuen Mikrowelle und seinem Cairnterrier, Lady, redete, glaubte sie, ihn noch nie so lebhaft gesehen zu haben, seit sie Ende letzten Jahres in der Abteilung angefangen hatte.
    Als sie erfuhr, dass Brian gehen würde, war sie davon ausgegangen, dass Malcolm auf den Chefposten nachrücken würde, da er sich sowieso schon ständig als der Boss aufspielte. Das war der Zeitpunkt, als sie begann, sich am Schwarzen Brett nach interesssanten Stellen in anderen Abteilungen umzusehen. Sie konnte Malcolm nicht ausstehen. Er ging für ihren Geschmack zu sehr auf Tuchfühlung: Jede Ausrede war ihm recht, um Hautkontakt zu bekommen, und Raychel hasste es, sich von irgendjemandem anfassen zu lassen – außer ihrem Ehemann Ben. Sie hatte Ben nichts von Malcolm erzählt oder dass Privatsphäre offenbar ein Fremdwort für ihn war, denn dann wäre er wie ein geölter Blitz in ihr Büro geschossen, um den kleinen Widerling in die Schranken zu weisen. Daher war sie froh – und ebenso erstaunt wie die anderen drei Frauen in der Abteilung als sie hörte, dass Malcolm zum Käse versetzt und Grace –, die älteste Dame in der Abteilung – zur stellvertretenden Leiterin ernannt werden würde. Der große Boss, James McAskill, würde eine Frau von außen als Leiterin der Backwaren-Abteilung in die Firma holen, was die Gerüchteküche brodeln
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