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SAM

SAM

Titel: SAM
Autoren: Susanne Caspary
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und eine dunkle Lederjacke, deren Kragen er zum Schutz gegen den Regen im Nacken hochgestellt hat. Die Baseballmütze auf seinem Kopf hat er tief ins Gesicht gezogen, so dass ich von ihm nicht viel erkennen kann.
    „Wie kommen Sie hierher? Ich habe kein anderes Auto gesehen oder gehört!“, frage ich den Unbekannten.
    „Ich wohne hier in der Nähe und war draußen, als ich Reifen quietschen hörte.“ Seine Stimme ist ein wenig rau und dunkel. Er bewegt beim Sprechen kaum seine Lippen. Ich stehe immer noch im Scheinwerferlicht meines Autos und der Regen prasselt erbarmungslos auf mich herab. Mir ist kalt und ich zittere und bereue bereits nicht einfach weiter gefahren zu sein.
    „Ich werde mich darum kümmern, dass das Tier von der Straße kommt, damit nicht noch etwas Schlimmes passiert. Sie können weiterfahren, sie sind ja bis auf die Haut nass.“ Dabei verzieht er die Lippen zu einem schrägen, kaum sichtbaren Grinsen. Erst jetzt wird mir klar, dass ich in Jeans und T-Shirt auf der Straße stehe und sich durch dass helle, durchnässte Shirt bereits mein BH abzeichnet. Mit vor Scham leicht erröteten Wangen laufe ich mit schnellen Schritten auf mein Auto zu. Die Fahrertür steht noch offen. Ich setze mich hinter das Lenkrad, schließe schnell meine Tür und verriegle sie sofort. Dann vergewissere ich mich, dass der unheimliche Fremde mir nicht zum Auto gefolgt ist. Ich blicke noch einmal vor mir auf die Straße. Der Unbekannte steht vor dem Reh, kniet sich nieder und scheint es zu betrachten. Ich löse die Handbremse, lege den ersten Gang ein und fahre vorsichtig an dem toten Tier und dem seltsamen Unbekannten vorbei. Nach ein paar Metern blicke ich noch einmal in den Rückspiegel. Der Mann  steht nun wieder neben dem toten Reh  und sieht mir nach.
     
    Zu Hause angekommen, stecke ich mit zitternden Händen den Schlüssel ins Schloss, schlüpfe schnell durch den geöffneten Spalt und schließe die Tür sofort hinter mir wieder zu. Noch im Dunkeln lehne ich mich mit dem Rücken gegen die verschlossene Tür und lasse mich langsam an ihr herunter gleiten, bis ich auf dem Boden sitze. Mein Atem geht immer noch stoßweise und ich versuche mich langsam wieder zu beruhigen. Nach einigen Minuten habe ich mich wieder einigermaßen im Griff. Ich stehe auf und mache das Licht an. Die Handtasche werfe ich auf das Sofa, dann gehe ich zu den Fenstern und kontrolliere, ob sie auch fest verschlossen sind. Das Unwetter zerrt mit aller Macht an Grannys altem Cottage und es scheint unter der Macht der Naturgewalt zu ächzen und zu stöhnen. Die noch offenen Fensterläden schlagen gegen die Hauswand und aus dem oberen Stockwerk geben die großen Deckenbalken knarrende Geräusche von sich. Mein Puls hat sich mittlerweile wieder einigermaßen normalisiert, also gehe ich in die Küche und koche mir eine Tasse Tee. Was hast du dir nur dabei gedacht, schießt es mir durch den Kopf. Alleine auf einer gottverlassenen Straße, mitten in der Wildnis, bei strömenden Regen aus deinem Auto zu steigen. Und dann dieser unheimliche, fremde Mann, der so plötzlich aus dem Dickicht kam. Was hat er gesagt? Er würde hier in der Nähe wohnen und war gerade draußen. Was macht er bei diesem Wetter draußen? Warum hat er sein Gesicht verborgen. Es schien ganz so, als wolle er nicht erkannt werden. Hatte er etwas zu verbergen? Oder hatte er vielleicht sogar etwas mit dem Tod des Rehs zu tun? Hat er es womöglich angefahren oder sogar angeschossen? Die Wunde am Hals,...das sah nicht so aus, als rühre diese Verletzung von einem Unfall mit einem Auto her. Ich schüttle meinen Kopf, nehme meine dampfende Tasse Tee, lösche das Licht und gehe nach oben. Ich muss dringend aus meinen nassen Klamotten raus.
     
     
     
     
    Dienstag!
     
    Es ist früher Nachmittag. Ich schließe Grannys Laden und gehe noch zur Post, um ein paar Briefe einstecken. Auf dem Weg dorthin, komme ich an Mr. Dylons Juweliergeschäft vorbei. Ich trete ein und werde durch die kleine Klingel an der Tür angekündigt. Die schmächtige Gestalt Mr. Dylons erscheint aus dem hinteren Raum. Er ist klein, runzelig und trägt eine winzige, runde Brille auf der Nasenspitze. Er sieht mich lächelnd an. „Guten Tag Miss Ravenport, wie geht es ihnen heute?“
    „Hallo, Mr. Dylon. Ich habe hier ein paar Schmuckstücke meiner Großmutter und ich möchte sie von ihnen schätzen lassen.“  Ich nehme eine kleine, mit rotem Samt ausgelegte Schatulle aus meiner Tasche und reiche sie ihm. Er
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