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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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Badezimmer wandte, um sich nach dem Kraulen erst einmal die Hände zu waschen.
    Als er danach wieder aus dem Bad kam, versuchte Trefzer gerade unter Auferbringung all seiner Kräfte, Dr. Watson von dem Koffer fernzuhalten. Offenbar dachte der Basset, Schlaicher hätte ihm etwas mitgebracht. Der Hund roch aufgeregt an den Ritzen des schwarzen Koffers und kratzte sogar mit der Pfote über dessen Hartschale.
    Â»Watson, da ist nichts für dich drin«, meinte Schlaicher. »Nur ein Geschenk für den Erwin.«
    Gemeinsam konnten sie den Basset zur Seite drängen. Schlaicher griff sich kurzerhand den Koffer und brachte ihn in die Küche, gefolgt von dem überraschend agilen Dr.atson und seinem auf Alemannisch vor sich hin plappernden Nachbarn, der es kaum abwarten konnte herauszufinden, was Schlaicher ihm wohl mitgebracht hatte. Der Koffer landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem leeren Küchentisch.
    Schlaicher stellte die Zahlenschlösser ein, betätigte den Mechanismus, der die beiden Verschlüsse aufschnappen lassen sollte, und schaute verwirrt, als diese zublieben. Er justierte die Zahlen nach: 080 auf der einen und 582 auf der anderen Seite. Der Koffer blieb aber geschlossen.
    Â»Hesch d’Kombination vergässe, hä?«, bemerkte Trefzer etwas schadenfroh.
    Â»Nein. Das ist hundertprozentig die richtige.« 080   582, Martinas Geburtstag.
    Â»Vilichd isch öbbis bim Transboord aabekhaid.«
    Â»Aabekhaid?«, fragte Schlaicher.
    Â»Abengegangen«, wiederholte Trefzer nach einer Sekunde des Nachdenkens in sehr bemüht klingendem Hochdeutsch.
    Â»Abengegangen?«, fragte Schlaicher erneut nach.
    Â»Verreggd isches hald.« Erst als er merkte, dass Schlaicher immer noch nicht verstand, spuckte er fast verächtlich ein hochdeutsch klingendes Wort nach: »Kaputt!«
    Schlaicher machte ein skeptisches Gesicht und rüttelte an dem Koffer. Das war seltsam, es gab dumpfe Schläge gegen die Kofferinnenseite, obwohl er den Bembel und den Äbbelwoi doch ziemlich gut gepolstert in der Mitte verstaut hatte.
    Â»Vilichd hesch dr lädz Chuffer verwüdschd? Also, de falsche Chuffer erwischd, uff Hochdüütsch.«
    Â»Nein …« Schlaicher stockte. Er rüttelte noch einmal, und wieder kamen diese dumpfen Geräusche. Jetzt schaute er sich den Koffer genauer an. Er sah aus wie seiner. Aber das war letztlich keine große Kunst, denn von der Sorte waren vor zwei Wochen bundesweit Tausende bei einem Discounter verkauft worden.
    Â»Do, brobier’s doch emol middem Messer«, riet Trefzer und hielt Schlaicher ein Brotmesser hin.
    Â»Das hilft doch auch nichts«, gab der gereizt zurück. Er stellte beide Schlösser auf 000. Nichts.
    Â»Do muesch du alles duuredeschde. Das chaa dr scho e Wiili duure«, meinte Trefzer. Da klingelte es an der Haustür.
    Schlaicher ließ sofort vom Koffer ab und sagte: »Hätt ich fast vergessen. Das ist der Typ, den das Arbeitsamt schickt.«
    Â»Also gued, no brobier i so lang, di Chuffer uff’z’chriege. Es neusd mi scho ziemlich, was i do für e G’schänkli chrieg.«
    Â»Danke, Erwin. Aber geh dafür bitte nach oben.«
    Der Mann, dem Schlaicher die Tür öffnete, hatte braunes, wild zottiges Haar, das ihm über die Augen bis auf eine sehr runde Nase fiel, die in sein schwammig aussehendes Gesicht geklebt zu sein schien. Dem lichten Dreitagebart an Hals, Wangen und Kinn hätte etwas Pflege gut gestanden.
    Â»Guten Tag«, grüßte Schlaicher. »Sie müssen Lutz Vollmer sein.«
    Â»Guten Taco«, erwiderte der Mann mit einem breiten Grinsen. Er behielt die Hände in den Taschen seiner viel zu weiten Jeans, die offenbar nur von einem sehr eng geschnallten Gürtel auf den Hüften gehalten wurde.
    Schlaicher war etwas verwirrt.
    Â»Guten Taco«, wiederholte der Typ und nickte eifrig, während sein Grinsen noch breiter wurde.
    Â»Guten Taco?« Schlaicher bemerkte, dass Lutz Vollmers dünne Jeansjacke, die bis zum Hals zugeknöpft war, mehr Flecken als saubere Stellen hatte.
    Â»Das sagt ein Deutschmexikaner zur Begrüßung!«, platzte es aus Lutz Vollmer heraus, und er klopfte sich im Stehen demonstrativ auf den Oberschenkel, obwohl keiner lachte. Immerhin hatte er jetzt die Hände aus den Hosentaschen genommen.
    Â»Sie sind Deutschmexikaner?« Schlaicher zog zweifelnd die Oberlippe etwas nach oben.
    Â»Nein,
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