Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Killers: Roman (German Edition)

Killers: Roman (German Edition)

Titel: Killers: Roman (German Edition)
Autoren: Jack Kilborn , Blake Crouch
Vom Netzwerk:
1 – Ein Schwarm Nachtigallen
    Winston-Salem, North Carolina, 1969
    » Es geht los!«, brüllte Jeanette. » Kommt her, Jungs, sonst verpasst ihr noch alles! Andrew! Orson! Ein bisschen Beeilung, wenn ich bitten darf!«
    Die achtjährigen Zwillinge rannten den Flur entlang, um im Wohnzimmer schlitternd zum Stehen zu kommen.
    » Das müsst ihr sehen«, sagte ihre Mutter und deutete auf den Fernseher.
    » Was ist denn mit Dad los?«, wollte Orson wissen.
    Andy starrte auf seinen Vater, der am Rand seines Sessels saß, den Oberkörper Richtung Fernseher gelehnt. Tränen strömten über seine Wangen.
    » Ach, nichts, Junge«, antwortete er und trocknete sich die Augen mit einem Taschentuch. » Ich habe bloß nie gedacht, dass ich diesen Tag einmal erleben darf.«
    » Können wir raus?«, fragte Andy.
    » Es ist schon spät«, meinte Jeanette. » Macht euch lieber fürs Bett fertig.«
    » Ach, bitte, Mom! Nur noch zehn Minuten«, bettelte Orson.
    » Fünf Minuten«, gab ihre Mutter nach. » Und wehe, ich muss nachher nach euch suchen!«
    Die beiden Jungen rannten aus der Haustür in die Nacht. Hinter ihnen fiel die Eingangstür mit dem Fliegengitter ins Schloss.
    Es war Juli, wunderbar warm, und wohin das Auge auch blickte, konnte man Glühwürmchen sehen, die wie Glutfunken durch die Luft schwebten und abwechselnd aufleuchteten und wieder erloschen.
    » Guck mal!«, brüllte Andy und rannte auf den kühlen Rasen im Vorgarten. » Ich kann schweben!«
    Als er innehielt, blickte er zu seinem Bruder zurück, der in der Auffahrt mit dem Rücken auf dem Boden lag und gen Himmel blickte.
    Andy wollte zu ihm und hüpfte mit übertriebenen Sprüngen über den Rasen, als ob er halb schwerelos durch die Luft gleiten würde.
    Er legte sich neben seinen Bruder auf den warmen Asphalt der Auffahrt und starrte wie er auf das Himmelszelt über ihnen. Ihre Schultern berührten sich leicht.
    Der Dreiviertelmond erleuchtete die schwüle, südliche Nacht mit gedämpfter Helligkeit.
    » Ich kann die Astronauten sehen«, verkündete Andy.
    Orson warf ihm einen Blick zu und runzelte die Stirn. » Im Ernst?«
    Andy lächelte. » Quatsch. Ich wollte dich nur veräppeln.«
    » Weiß ich doch.«
    Dann kehrte wieder Stille ein, bis Orson sich zu Wort meldete. » Ich glaube, mit mir stimmt irgendwas nicht.«
    » Ich weiß«, erwiderte Andy. » Mir geht es nach dem Hackbraten auch nicht besonders.«
    » Nein, das meine ich nicht«, sagte Orson.
    » Was dann?«
    » Hast du manchmal das Gefühl, dass mit dir etwas nicht stimmt?«, wollte Orson wissen.
    » Nicht stimmt? Wie denn?«
    » Dass man anders ist als die anderen, Blödmann.«
    » Keine Ahnung. Glaub nicht.«
    » Genau, du bist ja auch normal.«
    » Du auch.«
    » Nee, bin ich nicht.«
    » Bist du doch. Du bist mein Bruder.«
    » Das macht mich noch lange nicht normal, Andy.«
    » Ich kenne dich, und dir fehlt überhaupt…«
    » Aber du kennst mich nur äußerlich. Du hast keine Ahnung, was in mir abgeht, die Gedanken, die durch meinen Kopf schwirren.«
    » Welche Gedanken?«
    » Ach, Gedanken halt.«
    » Normale Gedanken?«
    » Glaube nicht.«
    » Erzähl mal«, forderte Andy seinen Bruder auf.
    » Ich will nicht erzählen. Das sind meine Gedanken.«
    » Jetzt erzähl schon!«
    Orson warf Andy einen Blick zu. Plötzlich standen Tränen in seinen Augen, die glasig im Mondlicht glänzten.
    » Du wirst es Mom und Dad verraten.«
    » Quatsch, werde ich nicht.«
    » Versprochen?«
    » Versprochen.«
    Orson blickte wieder zum Himmel.
    » Die finden das alle so toll, dass da ein Mensch auf dem Mond ist.«
    » Ich weiß.«
    » Aber weißt du, was ich denke?«
    » Wie sollte ich das wissen können?«
    Orson zögerte. Dann: » Ich will es nicht sagen.«
    » Orson.« Andy streckte die Hand nach der seines Bruders aus und nahm sie. » Du kannst mir vertrauen. Immer.«
    Orson blinzelte einmal, zweimal und erklärte dann: » Ich wünschte, Neil Armstrong würde da oben abkratzen.«
    » Warum?«
    Orson zuckte mit den Achseln. » Keine Ahnung. Aber manchmal stelle ich mir vor, wie sein Freund einfach ohne ihn losfliegt oder wie die Eagle explodiert oder wie ein Mondmonster, von dem noch nie jemand gehört hat, aus einem Loch kriecht, um ihn aufzufressen. Alle würden traurig sein, nur ich nicht… Ich würde vor Freude in die Luft hüpfen.«
    Andy starrte seinen Bruder an. Sein Magen fühlte sich jetzt entschieden ungut an. Diesmal lag es aber nicht an dem Hackbraten seiner Mutter.
    » Du kannst mich jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher