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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)
Autoren: Greg F. Gifune
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wirken sehr traurig, haben aber auch etwas Rohes an sich, wie ein Tiger, der dich jede Sekunde anfallen und in Stücke reißen könnte. Jackie Shine bewegt sich mit einem Humpeln, das nicht zu übersehen ist. Eine Ungleichmäßigkeit im Gang, die beinahe wie ein kleiner Sprung aussieht, weil sein rechtes Bein eine Prothese ist. Er hat sie seit seinem neunzehnten Lebensjahr, als er im Dschungel von Vietnam mit seinem echten Bein auf eine Landmine getreten ist. Dabei hat er sein Bein verloren. Es wurde ihm bis knapp unter die Leiste abgerissen. Jackie Shine ist drogenabhängig und Alkoholiker. Er futtert rezeptpflichtige Schmerzmittel wie andere Leute Minzbonbons und er trinkt andauernd Whiskey, entweder aus einem Flachmann, den er in seiner Manteltasche versteckt hält, oder nach Feierabend in Bars, Restaurants, in seiner Wohnung – überall, wo er was kriegt.
    Niemand aus dem Team hat dort von Anfang an gearbeitet. Niemand hat davon geträumt, eines Tages Fernseher, Stereoanlagen, Computer und Büromöbel auszuliefern. Sie sind alle durch Zufälle dort gelandet. Flüchtlinge aus anderen Orten, anderen Träumen. Es ist zwar ehrliche Arbeit, aber auch anstrengend und nicht schrecklich befriedigend. Die Arbeitszeiten sind lang, der Lohn ist durchschnittlich und die Schichten sind mühsam.
    Obwohl Dignon schon seit Jahren bei dem Unternehmen arbeitet, ist Jackie Shine der einzige Kollege, den er wirklich als Freund betrachtet. Die anderen sind Bekannte, Leute, mit denen er manchmal nach der Arbeit einen trinken geht oder morgens erst einmal ein wenig plaudert. Sie sind Leute, die in keinem wichtigen Zusammenhang zu ihm stehen, und doch hat Dignon bis auf Willie und Mr. Tibbs sonst niemanden.
    An dem Tag, der sein allerletzter bei der Arbeit werden sollte, kommt Dignon wie üblich an, trifft sich mit den anderen in der Lagerhalle und wartet auf die Aufträge. Es ist dem Fahrer überlassen, zu Clarences kleiner Glaskabine zu gehen und die Lieferliste abzuholen, und da Jackie Shine immer fährt, wartet Dignon neben dem riesigen Berg von Gegenständen, die zur Auslieferung bereitstehen. Sie sind mit einem Gabelstapler aus dem Lagerbereich auf großen Holzpaletten hierher zum Einladen gebracht worden. Sobald sie ihre Adressenliste bekommen haben, laden die Teams die Waren in ihre Transporter und fahren los. Dignon hält in beiden Händen einen Styroporbecher voller Kaffee, einen für sich selber und einen für Jackie Shine. Er spürt, wie die Wärme durch seine Handflächen und Finger dringt, während er zusieht, wie sein Partner, Outlaw und Adam hintereinander vor Clarences Kabine stehen wie ungehörige Kinder, die zum Schuldirektor bestellt worden sind.
    Keiner von ihnen ahnt, was in nur ein paar nahen Stunden passieren wird.
    Als Lieferant hat Dignon im Laufe der Jahre schon so einiges gesehen – nicht so wie in einem schlechten Pornofilm, wo die Tür von einer spärlich bekleideten Frau geöffnet wird und so weiter … Eher verstörende Dinge.
    Einmal hat er ein großes Fernsehgerät und eine Surround-Anlage in einer heruntergekommenen Wohnung aufgebaut, während ein paar schwer bewaffnete Drogendealer im Nebenzimmer ihre Waren für den Vertrieb vorbereiteten. Der Anführer, ein riesiger Mann mit zwei Pistolen an der Hüfte und Patronengurten, die sich vor seiner Brust überkreuzten wie bei einem Bösewicht in einem alten Western, hatte ihm fünfhundert Dollar in bar als Trinkgeld gegeben. Er hatte auf den Tisch gedeutet, auf dem diverse Drogen und Waffen verteilt lagen, und gesagt: »Vergiss das alles.« Dignon hatte genickt und das Geld genommen, während Jackie Shine draußen im Transporter wartete, Zigaretten rauchte und an seiner Whiskeyflasche nippte. Warum die Männer Geld für so teure Geräte in einem Gebäude ausgaben, das sie offensichtlich nur einen oder zwei Tage lang benutzten, hatte Dignon nie verstanden.
    In seinem Geschäft lernte man schnell, keine Fragen zu stellen. Du erledigst deinen Job und verschwindest. Und immer vergaß er alles. Abgesehen von einer Lieferung, als er und Jackie Shine eine Videoausrüstung zu einer Adresse in einer der übelsten Gegenden der Stadt brachten. Dort trafen sie einen älteren Mann an, vielleicht sechzig, gepflegt und in einem teuren Anzug mit Krawatte, der sie begrüßte. Nachdem er ihnen gezeigt hatte, wo sie die Ausrüstung abstellen sollten, steckte er beiden Männern Trinkgelder zu, um sie rasch hinauszubefördern. Aber Dignon und Jackie Shine hatten den Raum
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