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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)
Autoren: Greg F. Gifune
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Roscoe in seinem Koffer mit sich trug, und gekauft. Weniger als eine Woche später starb Roscoe in der Gasse hinter der Bar. Die Überreste seines Koffers und seiner glitzernden Schmuckstücke lagen um seinen zusammengebrochenen Körper herum verteilt oder trieben auf Regenströmen dahin, die in die nächsten Abflussrinnen liefen. Dignon kann sich gut daran erinnern, wie Roscoe auf den glänzenden Pflastersteinen lag. Sein Mund war geöffnet und mit Speichel verklebt.
    Die Tür zum Badezimmer öffnet sich, künstliches Licht breitet sich im Rest der Wohnung aus, was das Gleichgewicht zwischen Mondschein und Dunkelheit mit der Subtilität einer Faust ruiniert, die durch eine Rigipsplatte schlägt. »Wer ist da?«
    Wilma trippelt mit theatralischer Geste und einer Choreografie ins Zimmer, die Bob Fosse stolz gemacht hätte. Sie trägt nur eine Strumpfhose und wirkt wie immer sowohl gequält als auch mürrisch. Sie hat ein großes, weißes Badetuch um ihre Brust gebunden. Die Augen sind geschminkt, das Gesicht ist gepudert und bemalt. »Wen hast du denn erwartet?«, fragt sie. »Rosencrantz und Guildenstern?«
    Die Toilettenspülung läuft, und Barry tritt als nächster aus dem Badezimmer. Er fummelt noch an seinem Reißverschluss rum. »Hallo Dignon, ich wusste gar nicht, dass du hier bist.«
    Dignon nickt ihm mit geringstmöglicher Begeisterung zu.
    Wilma knipst eine Lampe an. »Meine Güte, Dig, was findest du bloß an der Dunkelheit? Ich hätte mir das Genick brechen können.«
    »Es gibt Schlimmeres«, murmelt Barry.
    Wilma wirft ihm einen finsteren Blick zu, irgendwie sehr verletzt. Sie drückt eine Hand flach gegen das Handtuch und hält es fest. Ihre Fingernägel sind neonpink. »Das ist nicht lustig!«
    »Nein«, sagt Barry und bewegt sich auf die Küche zu, »wirklich nicht.«
    Dignon greift nach einer Flasche Bier, die in dem Schatten auf dem Boden neben ihm verborgen ist, führt sie an die Lippen und nimmt einen tiefen Schluck. Dann bemerkt er Wilmas nicht vorhandene Haare. Er deutet mit der Flasche auf sie.
    »Was ist, mein Lieber?« Ihre Hände wandern zu ihrem Kopf, und sie flattert verlegen mit den Wimpern. »Oh! Hast du meine Blonde gesehen?«
    Er zeigt auf die Köpfe aus Styropor, die an der gegenüberliegenden Wand auf dem Bücherregal nebeneinander aufgereiht sind. Die Köpfe sind mit Perücken in verschiedenen Farben und Haarschnitten bedeckt. »Da, ganz am Ende, die ist blond.«
    »Ich brauche die Platinblonde, Dig. Heute Abend ist Platinnacht, ich brauche ...«
    »Zieh einfach irgendwas an«, schnappt Barry.
    »Warum musst du das in so einem gemeinen Ton sagen?«
    Barry nimmt sich ein Bier aus dem Kühlschrank, macht es auf und trinkt davon. »Ich sage alles genau so, wie ich es meine. Man nennt das aufrichtig sein.«
    »Ich habe keine Zeit für Streitereien. Ich muss bald im Club sein.«
    »Entspann dich«, sagt Barry mit einem höhnischen Lachen. »Es kümmert eh keinen.«
    »Das ist ... Wie kannst du so etwas Abfälliges sagen?«
    »Ich verstehe einfach nicht, warum ihr alle so eine Show machen müsst.«
    »Entschuldige, hast du gerade gesagt: ›ihr alle‹?«
    »Jetzt komm mir nicht politisch korrekt. Du weißt schon, was ich meine.«
    »Nein, sag es mir.«
    »Gibt es ein ungeschriebenes Gesetz oder ein Kapitel im Handbuch, das besagt, dass alle Dragqueens, Transvestiten und Transsexuellen so und so viele Stunden auf der Bühne verbringen und Playback zu Liedern von Streisand und Garland singen müssen?« Barry schaut auf der Suche nach Bestätigung zu Dignon, bekommt aber keine. »Ich bitte dich, steh zu dem, was du bist. Aber nur weil du dich mit Pailletten behängst, Schuhe mit hohen Absätzen und eine Perücke trägst, heißt das noch lange nicht, dass du Talent hast. Können wir das ein für alle Mal festhalten?«
    Ihre Stimme klingt distanziert, als hätte sie plötzlich an etwas anderes gedacht, als sie erwidert: »Ich bin eine Kellnerin. Ich habe nie behauptet, echtes Talent zu haben. Ich mache es nur zum Spaß. Außerdem trete ich nur auf, wenn jemand unerwartet ausfällt. Das weißt du auch.«
    »Auftreten! Oh Mann ...«
    »Es ist nun mal ein Auftritt. Wie soll ich es sonst nennen?«
    »Dazu mache ich lieber keinen Vorschlag.«
    Wilma tut so, als würde sie Barry ignorieren, und geht durch das Zimmer zu dem Bücherregal. Sie begutachtet ihre Perücken, legt einen langen Fingernagel in das Grübchen neben ihrem Mund und schmollt übertrieben. »Sei nicht so ein unerträglicher
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