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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge
Autoren: B Jones
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Picknickutensilien ein, fest entschlossen, den Park zu erreichen, bevor das Essen warm und schwitzig wurde und das ganze Vorhaben gründlich in die Hose ging. Ihr Plan sah natürlich vor, dass alles perfekt war, und diesen Plan würde sie durchziehen.
    »Hast du auch Marmeladenbrote eingepackt?«, zog Mike sie auf. »Büchsenfleisch? Schweinepasteten? Jetzt müssen wir uns nur noch einen Hund ausleihen und einem Straßenräuber das Handwerk legen, dann haben wir unsere eigene Fünf-Freunde -Episode. Fünf Freunde mampfen im Park! Oder ein etwas eloquenterer Titel, sobald mir einer einfällt.«Sie knuffte ihn in die Rippen.
    Während wir im kühlen Schatten der Bäume unser Picknick genossen und Salat und Sandwiches nach und nach von den Tellern verschwanden, ging Coras Plan auf: Jeder Gedanke an meinen Mistkerl von Exfreund war vergessen.
    Ich war ja ohnehin nicht sehr lange mit ihm zusammen gewesen – war es Jonathan aus Frühgeschichte Teil I oder Sebastian aus Europäischer Politik? Er war auf jeden Fall nett und sehr bewandert in frühgeschichtlichen Themen, aber auch sterbenslangweilig. Über Cora hatte er die Nase gerümpft, weil sie anstrengend sei, wie er sagte, und ohne Punkt und Komma redete.
    Cora war um meinetwillen entrüstet, weil er mich zurückgewiesen hatte, und schäumte, dass ich ihn schon vor Wochen hätte »abschießen« sollen. Der Ausdruck klang seltsam aus ihrem Mund, mit ihrer weichen, sonoren Stimme und ihrer ganz eigenen Art der Aussprache, die ich damals ständig zu kopieren versuchte.
    In der schwächer werdenden Nachmittagssonne saßen wir abgeschirmt im alten Senkgarten von Bute Park und aßen und lachten, während Mike immer wieder aufsprang und »wie schön ist es im Park!« grölte oder auf dem federnden Rasen unelegante Räder und beängstigend schwankende Rückwärtssalti hinlegte.
    »Dir wird noch schlecht, wenn du so weitermachst«, warnte Cora.
    Ich glaube, es wäre ihr sogar ganz recht gewesen, wenn ihm wirklich schlecht geworden wäre. Dann hätte sie sagen können: »Das hast du nun davon, ich habe dich gewarnt«, um anschließend eine kühle Flasche Orangensaft an seinen Kopf zu halten und ihm das Bäuchlein zu reiben. Und er hätte sie gewähren lassen.
    Als es Zeit war, in die Wohnung zurückzukehren, ging ich davon aus, dass sie miteinander schlafen und hinterher in den Pub gehen wollten. Also entschuldigte ich mich und zog mich in mein Zimmer zurück, um fernzusehen, und dabei ging mir die ganze Zeit im Kopf herum, dass man mit Mike ja durchaus Spaß haben konnte, Cora aber trotzdem ein bisschen bescheuert sein musste, um so besessen von ihm zu sein. Er war ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Einfach ein netter Kerl, nicht mehr. Abgesehen von dem kurzen Moment, als er über einen meiner Witze gelacht hatte und ich mir einbildete, dass sein Lächeln einen Augenblick lang heller war als der Schein der Abendsonne.
    Danach verbrachte er beinahe jedes Wochenende bei uns.
    Als im Herbst das neue Semester begann und Cora und ich in ein enges kleines Häuschen in der Fanny Street zogen, brachte Mike irgendwann Stevie mit, damit er das Nachtleben von Cardiff kennenlernte. Er vervollständigte unser Grüppchen.
    Ich mochte Stevie auf Anhieb. Er war unkompliziert, ging aber manchmal etwas unter in dem Affenzirkus, den Mike veranstaltete. Ständig schien er ein Liedchen zu trällern oder legte ein Tänzchen aufs Parkett oder brach urplötzlich in Gelächter aus und bekam dabei so tiefe Lachfalten, dass man hätte meinen können, die Wucht seines eigenen Witzes habe ihn vollkommen überrumpelt.
    In Charlie’s Nightclub, einem schäbigen, schweißtreibenden Laden, der schnell zu unserem Lieblingsclub avanciert war, unterhielt ich mich mit Stevie, und je länger wir plauderten, desto mehr wurde mir bewusst, was für ein netter Kerl er doch war, ein echter Gentleman, einer, dem man vertrauen konnte. Es stellte sich heraus, dass unsere Eltern nur zwanzig Minuten Autofahrt über die Hügel voneinander entfernt lebten, nur dass er aus einer reicheren Gegend stammte, wo man Tennis oder sogar Golf spielte. Der ernsthafte, höfliche, gutmütige Stevie.
    Er forderte mich zum Tanzen auf, legte seine Hände aber nirgendwo hin, wo ich sie nicht gewollt hätte. Am Ende des Abends half er mir in die Jeansjacke und hielt meinen Regenschirm. So grölten und torkelten wir vier durch die Straßen, bis wir uns endlich nach Hause geschleppt hatten, wo Cora und ich sofort instinktiv die
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