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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge
Autoren: B Jones
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besonders hübsch, es war also nur logisch, dass jemand wie er die Liebe ihres Lebens war. Ein Durchschnittsmann. Ich entspannte mich und lächelte, als er über die Straße geflitzt kam, uns eifrig die Einkaufstüten aus der Hand riss und dann unter ihrer Last in die Knie ging. Meine Proteste, ich käme durchaus alleine zurecht, wies er zurück. Ein Gentleman.
    »Ach, kein Problem, Michael schafft das schon«, beschwichtigte Cora strahlend, während er fröhlich seinen eigenen schweren Rucksack und eine Handvoll Einkaufstüten balancierte.
    »Du musst Lizzy sein«, sagte er auf der Treppe und grinste breit. »Ich habe es gründlich satt, jedes Wochenende von dir zu hören, und du hast es bestimmt noch viel satter, von mir zu hören.«
    »Jetzt sei mal nicht unhöflich«, wies Cora ihn barsch zurecht und fügte dann, als er die schwerste Tüte durch die Wohnungstür wuchtete, hinzu: »Und pass mit den Oliven auf. Nachher haben wir hier überall Öl, und ich will nicht riskieren, meine Kaution nicht zurückzubekommen.« Sie zog einen Schmollmund.
    Aber im nächsten Moment hatte er die Arme um sie geschlungen und ihr einen dicken, bewusst schlabberigen Kuss auf den Mund gedrückt. Vor dem wich sie gespielt angeekelt zurück, konnte aber ihr Lächeln nicht verbergen. Das war das erste Mal, dass ich Zeuge des Schmoll- und Beschwichtigungstanzes wurde, den die beiden regelmäßig aufführten und den ich bald als ganz selbstverständlich ansehen würde.
    Mike setzte sich an den Küchentisch und begann, die Tüten auszupacken.
    »Eine Tasse Tee vielleicht?«, fragte ich.
    »Oh ja, bitte!«, antwortete Mike freudig. »Eine schöne Tasse Tee ist jetzt genau das Richtige. Ein Mädchen ganz nach meinem Geschmack.«
    »Da haben wir’s«, seufzte Cora, zerrte geschäftig die Lebensmittel aus den Tüten und verstaute Salate und andere Leckereien in ihrem ausgefransten karierten Rucksack. »Schwatz ihm einen Tee auf, und er liegt dir zu Füßen. Draußen sind es hundert Grad, aber für Tee ist es anscheinend nie zu heiß. Er ist genauso schlimm wie du, Lizzy.«
    So begann es, unser bald schon althergebrachtes Zeremoniell auf dem Altar des Teebeutels. Wann immer Mike zu Besuch kam, und das war von nun an fast jedes Wochenende, bestand mein Part darin, nach seinem Eintreten so schnell wie möglich zu fragen: »Eine Tasse Tee vielleicht?«, oder die Frage am besten schon die Treppe hinunterzurufen, wenn er das Haus betrat. Cora trank keinen Tee und mochte auch Kaffee nur, wenn sie ihn mit ihrer Cafetière zubereitet hatte. Diesen liebenswerten Spleen gestand ich ihr zu, weil sie Engländerin war und gerne vornehm tat.
    Nach seiner Tasse Tee, die Mike lauthals als wunderbar gepriesen hatte, schickte ihn Cora mit einer Handvoll Kleingeld über die Straße, um uns Wassereis zu kaufen.
    »Wie findest du ihn?«, fragte sie, halb stolz, halb nervös, sobald er aus der Tür war. »Ist er nicht genauso sexy, wie ich gesagt habe?«
    Ich antwortete das Einzige, was in Frage kam: »Er ist ein echter Schatz, Cora.«
    »Nein, jetzt mal ehrlich, findest du nicht, dass er unglaubliche Augen hat?« Sie waren mir nicht aufgefallen, aber ich bejahte und dachte insgeheim, die spinnt doch. Aber ihre Begeisterung rührte mich. Wie leicht sie zufriedenzustellen war. Ich freute mich für sie. Für beide. Wie süß. »Ich bin froh, dass er endlich mal hier ist. Ich dachte schon, ihr zwei würdet euch nie kennenlernen.«
    Kurz darauf watschelte Mike wieder über die Türschwelle, in der Hand drei tropfende Orange Maids. Er stolperte prompt über meine im Weg stehenden Turnschuhe, versuchte die Balance wiederzuerlangen und ließ ein Eis auf den schmuddeligen Teppich fallen, wo es in zwei Stücke zerfiel und der Saft aus der Verpackung sickerte.
    Er sah so erschrocken aus, dass ich in Gelächter ausbrach, in das er kurz darauf einstimmte. Aber Cora war ganz und gar nicht begeistert. Ihr Gesichtsausdruck verriet deutlich, dass sie seine »lächerlichen Mätzchen« kein bisschen komisch fand. So nannte sie seine oft unerklärliche Tollpatschigkeit: Michaels Mätzchen. Er hatte tatsächlich die Angewohnheit, einen Raum wie eine schlaksige Naturgewalt zu betreten, unausgewogen und eine zerstörerische Energie entwickelnd, die sich gleichermaßen auf an Haken hängende Mäntel, Becher mit heißer Flüssigkeit, Gläser mit Kugelschreibern und Bleistiften und eigentümlicherweise auch auf seine eigenen Füße auswirkte.
    Cora packte rasch die restlichen
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