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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin
Autoren: Robin Gates
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Wenn es dir und den anderen nicht gelingt, diesem Sturm Einhalt zu gebieten, wird auch die Welt außerhalb dieses Waldes vernichtet werden.
    Ein erneuter Schauer fährt durch den Körper der Wölfin, ein schwaches Nachbild von der Festung am Meer und dem schwarzen Turm, aus dem Blitze in die Wolken fahren, als wollten sie das Gewölbe des Himmels in Stücke schmettern.
    Es wird schon bald beginnen, wiederholt die Stimme des Wächters.
    Im Licht des schwindenden Mondes kommen jene von außen in unsere Welt, jene, die schon so lange nach einem Weg hierher suchen. Halte sie auf, mein Kind! Beschütze den Stamm! Wenn du scheiterst, sind wir alle verloren, und unsere Leben stürzen in das endlose Vergessen.
    Die Erinnerung an den Schrecken der Leere steigt erneut vor den Augen der Wölfin empor wie schwelende Flammen, die von einem starken Wind zu einem hoch auflodernden Feuer angefacht werden. Diese kalte Verlassenheit einer vernichteten Welt ist entsetzlicher, als ihr angespannter Geist ertragen kann. Der Körper der Wölfin wählt die einzige Möglichkeit, die ihm bleibt, um daraus zu entfliehen. Sie fühlt, wie ihre Sinne schwinden. Im Schutz des Unterholzes liegend, verliert sie das Bewusstsein und taucht in ein Dunkel ein, in dem keine Empfindungen mehr vorhanden sind, keine Bilder, keine Stimmen und keine Angst, nur noch eine erschöpfte Ruhe.
    Mit dem anbrechenden Licht des neuen Tages fuhr ein schwacher Wind durch die Kronen der Bäume, der feinen Sprühregen mit sich trug. Die kalte Luft und die Nässe weckten eine nackte junge Frau, die in einer Kuhle zwischen zwei breiten Eiben lag. Ihre Augen bewegten sich eine Weile unter den geschlossenen Lidern, bevor sie sich öffneten und reglos über sich in das tiefe Grün starrten. Dann richtete sie sich plötzlich ruckartig auf.
    Langes, schwarzes Haar verdeckte ihr schmales Gesicht mit den hohen Wangenknochen und hing bis über ihre Brüste herab. In einer langsamen Bewegung strich sie sich die dichten Strähnen zurück und sah sich um.
    Sie war allein. Bis auf die morgendlichen Gesänge der Vögeln über ihr in den Wipfeln herrschte Stille in dem Waldstück.
    Als sie sich erhob, fuhren Schmerzen durch die beanspruchten Muskeln ihrer Beine. Ihre Schulter brannte wie Feuer. Sie zuckte zusammen und verzog das Gesicht. Dann blickte sie, etwas schwankend, an sich hinab.
    Ihr Körper wies nur wenige Schrammen und Kratzer von der vergangenen Nacht auf. Die Rückverwandlung sorgte für gewöhnlich dafür, dass kleinere Verletzungen zusammen mit der Wolfsgestalt verschwanden, nur schwere Wunden blieben zurück.
    Neria hatte ihr ganzes Leben im Roten Wald zugebracht. Wie für die Jäger und Fallensteller waren die schützenden Bäume ihr Zuhause. Doch weiter gingen die Gemeinsamkeiten nicht. Die Wolfsmenschen oder Voron, wie sie sich selbst nannten, lebten sehr zurückgezogen in ihrer Siedlung nahe der alten Ruine und waren ängstlich bedacht, niemandem von sich erfahren zu lassen. Obwohl sie selbst aufrecht liefen, waren die gewöhnlichen Menschen für sie in Gedanken dennoch die Zweibeiner, mit denen sie nichts gemein haben wollten und die sie so gut wie möglich mieden. Wenn sich, was selten vorkam, tatsächlich einmal ein Fallensteller in die Gegend um den Dämmersee oder die Stadt der Bergmänner verirrte, dann gebot es das Gesetz des Stammes, ihn zu jagen und zu töten, damit er niemandem von der Siedlung erzählen konnte. Die Alten kannten mehr als genug Geschichten von der Feindseligkeit und der Angst, die den Voron entgegengebracht wurde. Für die gewöhnlichen Zweibeiner verkörperten die Wolfsmenschen Ungeheuer, Bestien, die zur Strecke gebracht werden mussten, wo immer man sie antraf.
    Der kalte Morgenwind, der über Nerias nackte Haut strich, ließ die junge Frau erzittern und ihre Zähne heftig klappern. Sie verzog das Gesicht und setzte sich mit grimmiger Miene in Bewegung. Sie musste so schnell wie möglich wieder in ihre Kleider schlüpfen, die sie am Rand der Außenmauer zur Ruine abgelegt hatte, als sie in der vergangenen Nacht beim Aufgehen des Mondes das Nahen der Verwandlung gespürt hatte. Das Leben im Wildland hatte sie zwar stärker abgehärtet als einen Städter aus dem Süden, aber sie wollte ihr Glück nicht herausfordern. Wenn sie weiter bei diesem Wetter nackt durch den Wald lief, würde sie sich binnen kürzester Zeit den Tod holen.
    Als das Zittern ihrer Gliedmaßen nicht aufhörte, begann sie zu rennen, um sich aufzuwärmen. Ihr kam der
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