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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin
Autoren: Robin Gates
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zu bleiben, aber die Muskeln ihres Körpers treiben sie mit einem Mal voran, lassen sie herumwirbeln und mit mehreren weiten Sätzen aus der Höhle springen. Ihre Beine tragen sie in Atem beraubender Geschwindigkeit bis zur Außenmauer der Ruine, die sie mit einem gewaltigen Satz hinter sich lässt. Blitzschnell taucht sie zwischen die Baumstämme ein und verschwindet in der Sicherheit des Waldes, der ihr bisher immer Schutz geboten hat. Sie läuft durch die Dunkelheit, als könne sie einen Abstand zwischen sich und den Schrecken bringen, den sie gerade gesehen hat. Niedrig hängende Zweige fahren ihr schmerzhaft über Kopf und Schnauze, doch sie verringert die Geschwindigkeit nicht. Wenn sie doch nur ihren Körper gewaltsam so erschöpfen könnte, dass er endlich aufhören würde zu denken und sich zu erinnern! Warum nur hat der Wächter sie mit diesen Bildern gequält? Was will er von ihr?
    Ich will, dass du tust, was du geschworen hast, als du zum ersten Mal eine wahre Voronfrau wurdest!
    Die Stimme des Wächters erfüllt ihren Geist, unerbittlich diesmal und endgültig, wie die Stimme der Wildnis selbst.
    Du kannst nicht vor deinem eigenen Blut davonlaufen, dass durch deine Adern fließt! Es war dein Blut, bei dem du den Eid geleistet hast, dein Volk zu beschützen! Der Stamm ist in Gefahr! Und nicht nur die Voron – der ganze Wald ist bedroht, und die Welt jenseits des Waldes, die ihn umgibt! Du hast gesehen, was geschehen wird, wenn niemand diesen Sturm bekämpft, der am Horizont aufzieht. Die Welt wird auseinander brechen. Dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Es wird schon bald beginnen.
    Die Wortes des Wächters hängen sich wie schwere Steine an die Beine der Wölfin. Ihr angestrengter Lauf wird allmählich langsamer. Am Rande eines Eibenhains, der einen schwach abfallenden Hang säumt, hält sie an. Ihr Maul steht weit offen, während sie mit heraushängender Zunge nach Luft ringt. Immer noch zittern ihre Glieder, aber wenigstens ist es nun die körperliche Anstrengung, die ihren Körper gepackt hat, nicht mehr das nackte Entsetzen.
    Sie wirft den Kopf zurück und heult ihre Hilflosigkeit in die Nacht hinaus. Was verlangt Talháras von ihr? Was soll sie tun? Den Stamm zu schützen, war bisher immer einfach gewesen. Kaum ein Zweibeiner fand jemals den Weg in die Jagdgründe der Voron, und wenn doch, so musste er gejagt und getötet werden, damit niemand außerhalb des Waldes von ihnen erfuhr. Es war eine Aufgabe, die jedem Erwachsenen des Stammes abverlangt wurde, ob Mann oder Frau, sobald er sich zum ersten Mal während des Vollmonds verwandelte und den wahren Körper eines Voron erhielt.
    Aber was der alte Geisterwolf nun von ihr verlangt, geht über ihr Verständnis hinaus. Wer könnte das aufhalten, was er ihr gezeigt hat? Wer wäre dazu in der Lage, vor dieser Bedrohung zu bestehen?
    Hör mich an! ruft die Stimme des Wächters in ihr, die sich nicht zum Schweigen bringen lässt.
    Du bist nicht allein mit dem, was ich von dir verlange. Da sind noch andere, die den Sturm bekämpfen. Ich kann nur wenig von ihnen sehen, denn meine Kraft reicht nicht weit über diese Jagdgründe hinaus, aber ich weiß, dass es sie gibt. Da ist eine Frau mit flammendem Haar, die das Meer bereist. Da sind zwei Männer aus verschiedenen Völkern, ein Lehrer und ein Schüler. Du musst sie finden, mein Kind! Wenn der Vollmond seine Kraft verloren hat und du dich wieder in eine Menschenfrau verwandelt hast, musst du etwas tun, was noch nie zuvor jemand aus unserem Stamm getan hat: Du musst fortgehen und den Wald verlassen. Wende dich nach Westen, denn ich fühle, dass der Sturm, der uns bedroht, von dort heraufzieht.
    Geh zum Meer! Dort wirst du auch die anderen finden, die sich mit dir der Gefahr entgegenstellen werden.
    Talháras‘ Stimme ist noch eindringlicher geworden. Mittlerweile füllt sie den ganzen Verstand der Wölfin aus, die sich hilflos zu Boden gekauert hat und von deren Kraft und Wildheit, die sie durchströmte, als sie den fremden Zweibeiner tötete, kaum etwas übrig geblieben ist.
    Ich entsende dich, um unseren Stamm zu retten, weil du es warst, an die ich dachte, als ich die Gefahr zum ersten Mal spürte. Es war ein Zeichen der Geistwächter dieses Landes, die sogar jenseits dessen stehen, was mein eigener Verstand erfassen kann. Ich weiß nicht, warum du für diese Aufgabe auserwählt worden bist, ich weiß nur, dass es so ist. Wenn du jedoch versagst, werden nicht nur dieser Wald und unser Stamm untergehen.
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