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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin
Autoren: Robin Gates
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Bilder, von denen die Worte des Wächters wie wuchernde Ranken aus Licht umgeben sind, die der Geist der Wölfin versteht. Die Worte selbst stürzen in den tiefen Schacht im Verstand des Tieres, auf dessen Grund sich die Menschenfrau zurückgezogen hat. Sie hinterlassen nur einen geringen Widerhall, so schwach wie die Erinnerungen an ihr Leben als Mensch. Doch das Gefühl, den verborgenen Ort des Wächters aufsuchen zu müssen, jetzt, sofort, überschwemmt den Geist der Wölfin wie kurz zuvor der Jagdrausch. Einer Forderung von Talháras kann sie sich nicht widersetzen.
    Ohne innezuhalten, springt sie über die Uferböschung in nördlicher Richtung am Rand des Dämmersees entlang. Ein Dachs, dessen Pfad sie kreuzt, eilt verängstigt in die Deckung, die ihm einige umgestürzte Bäume des letzten Winters bieten, doch sie bemerkt ihn kaum. Selbst wenn der grimmigste Hunger sie in seiner Faust zusammenpressen würde, wiche sie nicht von ihrem Weg ab. Ein schimmerndes Band aus weiß glänzendem Licht zieht sich zwischen den Bäumen hindurch dem Ziel der Wölfin entgegen. Hat der Wächter es ihr geschickt? Ist es ihre Erinnerung, die sie den Weg zur verlassenen Stadt der Bergmenschen finden lässt?
    Sie denkt nicht darüber nach. Ihre Beine tragen sie weiter und weiter durch die Nacht, während sie den See umrundet, der sich inmitten der Rotbuchen und Birken ausbreitet wie das dunkle Auge des Waldes.
    Der Mond ist ein ganzes Stück weiter über den Himmel gewandert, als sie schließlich die Hügel mit den Kalksteinfelsen erreicht, die fast bis an das Seeufer heranreichen. Vereinzelte mannshohe Findlinge liegen im Gras, umgeben von dürren Brombeerranken des letzten Jahres, ihre Oberflächen löchrig und moosüberwuchert.
    Erst ein einziges Mal war sie an diesem Ort, dennoch erinnert sie sich. Sie erinnert sich genau. Mit aufmerksam aufgerichteten Ohren hält sie inne. Langsam bewegt sie den Kopf hin und her. Ihre Wolfsaugen dienen ihr weniger gut als die ihres Menschenkörpers, doch ihr Geruchssinn lässt sie nicht im Stich. Noch immer schwebt eine leuchtende Spur dicht vor ihr über dem Boden und weist ihr den Weg. Sie setzt sich erneut in Bewegung und springt mit mehreren schnellen Sätzen über zwei der niedrigeren Findlinge auf einen dritten. Ihr nächster Sprung trägt sie auf die Mauer, von der die steilen Kalksteinklippen umfangen werden wie der breite, graue Gürtel eines gealterten Riesen, der schon so lange bewegungslos im Wald steht, dass sich überall auf seinem unförmigen Körper Sträucher und kleine Bäume angesiedelt haben.
    Hier haben einst die bärtigen Bergleute gelebt. Die Wölfin hat nie selbst einen von ihnen gesehen, doch die Menschenfrau tief im dunklen Brunnen ihres Wolfsgedächtnisses hat Geschichten von den kleinen Zweibeinern mit den langen Bärten gehört, von ihnen, die dem Feuer gebieten und in den Eingeweiden der Erde graben, tiefer als Dachse, tiefer als Füchse oder Kaninchen.
    Einst war dieses Gemisch aus Klippen und in die Felsen gebauten Häusern und Türmen eine blühende Stadt. Doch das war vor langer, langer Zeit, noch bevor der Stamm der Voron , der Wolfsleute, aus dem Süden über das Meldaangebirge in dieses Land kam und die Wildnis des Roten Waldes zu seiner neuen Heimat erwählte. Die Bergmänner sind längst fort, ob weitergezogen in andere Gegenden, in denen sie immer noch nach nutzlosen Steinen graben, oder vertrieben von jenen Zweibeinern, die sie an Körpergröße überragen, wissen auch die Alten aus dem Stamm der Wölfin nicht zu sagen. Sie kannte die verlassene Stadt der Bergmänner immer nur als den Ort des Wächters.
    Sie läuft auf der gekrümmten Mauer entlang, die sich vom einen Ende der Kalksteinklippen bis zur anderen erstreckt, um schließlich in die Ruinenstadt hinabzuspringen. Es ist ein tiefer Sprung. Ihre Beine schmerzen, als sie mit allen vieren auf dem gepflasterten Boden landet.
    Selbst nach all der Zeit konnten die starken Finger der Natur nur wenige der steinernen Platten aus ihren Fugen lösen. Hier und dort wuchert Gestrüpp auf dem Pflaster, doch die meisten Steine sind so dicht an dicht gesetzt, dass kaum etwas Gras in ihren Ritzen wächst.
    Der Wölfin widmet der Kunstfertigkeit, die von den Bergmännern zweifellos an den Tag gelegt wurde, keinen weiteren Gedanken. Zielstrebig läuft sie über das Pflaster auf eine breite, steinerne Treppe zu. Zwar ist sie an mehreren Stellen eingestürzt, dennoch führt sie das riesige, schwarze Tier in die oberen
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