Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Runen

Runen

Titel: Runen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
Vom Netzwerk:
betonte, er habe noch keine Beweise dafür gesehen, dass die in Edmonton gefundene Leiche tatsächlich Gerhard von Ramstein ist. Der Leichenfund deute dagegen unabweisbar darauf hin, dass die U-703 ihre Fracht in Kanada an Land gebracht hat. Sollte das zutreffen, dann sind so schnell wie möglich drei bedeutsame Fragen zu beantworten. Was wurde aus Freiherr |391| von Trittenheim? Was geschah mit dem deutschen
    Gold? Und schließlich: Was wurde aus dem U-Boot und der Besatzung?
     
    Melkorka blickte von der Zeitung auf und sagte rundheraus: »Ich glaube, dass Großvater 1952 von Trittenheim auf dem Flughafen Keflavík begegnet ist.«
    Houston sah sie mit leuchtenden Augen an.
    »Wieso glauben Sie das?«
    »In seinem letzten Tagebuch schreibt er, dass er 1952 auf dem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt in Keflavík einen alten Reisegefährten getroffen habe. Er nennt ihn nur den Freiherrn. Er schreibt weiter, dass der Freiherr für Dulles und Gehlen eine Fluglinie betrieben hat.«
    »Soso«, sagte Houston. »Damit meint Höskuldur natürlich den US-amerikanischen und westdeutschen Geheimdienst.«
    »Was mich sofort auf den Gründer von Brownwater brachte: Randolph Vilnius Tritten.«
    »Ich verstehe, was Sie meinen«, erwiderte der Professor. »Ich brauche also eine Kopie von diesem Tagebucheintrag Ihres Großvaters, bevor ich abreise.«
    Melkorka wandte sich wieder der Meldung der kanadischen Zeitung zu:
     
    Die Untersuchungen der Polizei in Edmonton hatten noch nicht klären können, wer die Leiche in den Park von Argyll gebracht hatte, als die Zentrale in Ottawa die Angelegenheit vollständig in die Hand nahm. Ins Visier geriet dabei insbesondere eine Organisation junger Juden in New York. Sie hatten scharfe Kritik |392| daran geäußert, dass die Administration vermeintlich nichts dazu beitragen wollte, deutsche Kriegsverbrecher zu enttarnen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA untergetaucht waren. In einigen Fällen war dies durch Vermittlung des US-Geheimdienstes geschehen. In vielen Fällen wurden die Kriegsverbrecher mit neuen Namen und einer neuen Vergangenheit ausgestattet. Das Motto, unter dem der Kampf dieser Vereinigung steht, lautet »Endlich Gerechtigkeit«. Das stand auch auf dem Schild bei der Leiche im Argyll-Park.
     
    »Was wissen Sie über diesen Geheimbund?«, fragte Kári.
    »Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass die junge Generation sich nicht ewig damit zufriedengibt, abseits zu stehen, wenn es der Vätergeneration so eklatant misslungen ist, der Gerechtigkeit Geltung zu verschaffen«, antwortete Houston orakelhaft.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Es ist uns nicht gelungen, diese Verbrecher aufzuspüren und zu erwischen und sie dann vor ein ordentliches Gericht zu stellen. Das hat dazu geführt, dass die junge Generation zur Tat schritt. Ich kann das nicht missbilligen.«
    Plötzlich verstand Melkorka, was der Professor ihr zu sagen versuchte.
    »Sie meinen doch wohl nicht etwa Susan?«, fragte sie atemlos.
    »Ich habe das Gefühl, dass ich sie betrogen habe«, meinte Houston betrübt.
    »Ist sie Mitglied in dieser geheimen Racheorganisation?«
    |393| »Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen Rache und Gerechtigkeit.«
    Melkorka blieb fast die Spucke weg: »Wollen Sie mir damit vielleicht schonend beibringen, dass die ganze Zeit, da Ihre Tochter mir Stütze und Hilfe war, sie in Wirklichkeit nur hinter den Dokumenten im Adlerhorst her war?«
    »Im Nachhinein deutet manches darauf hin.«
    »Und dass Susan mit den Verbrechern unter einer Decke gesteckt hat, die uns auf dem Kehlstein eine Falle stellten und die mich anschließend mit Gift vollgepumpt haben?«
    »Das tut mir leid«, antwortete Houston. »Manche sind der Ansicht, der Zweck heilige die Mittel. Es ist aber nicht mein Standpunkt und wird es hoffentlich auch nie sein.«
    »Ich glaub das alles einfach nicht«, flüsterte Melkorka schwach.
    |394| 87
    Freitag, 3. August
    Der Polizeipräsident von Reykjavík hatte vom Justizministerium die strenge Anweisung bekommen, für den Rest des Jahres die Kosten für die Polizeiarbeit zu senken. Er war neidisch darauf, wie viel Zeit und Geld in die Ermittlungen zum Mord an J. D. Forster jr. gesteckt worden waren.
    »Du scheinst manchmal zu vergessen, dass wir sparen müssen«, wandte er sich an Guðjón Andreas Baldvínsson, der in das Büro des Polizeipräsidenten zu Gespräch und Beratungen gebeten worden war, wie man sich auszudrücken beliebte. »Wenn die Ermittlungen in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher