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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
Autoren: Willibald Alexis
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verzogen sich auf seinem Gesicht in graue Runzeln. Er schlug auch etwas die Augen nieder.
    »
Ma belle-soeur
wissen, daß ich immer ein Herz habe für die Leiden der Menschheit. Was an mir ist, thue ich, um das Schicksal der armen Gefangenen zu erleichtern.«
    »Sie sollen unerhörte Freiheiten genießen. Neulich bei Präsident Kircheisen ward behauptet, sie kämen Abends frei zusammen und spielten Hazardspiele, ja Einer hielte förmlich Bank.«
    »Um die Humanität zu fördern drücke ich ein Auge zu. Die inneren Thüren lassen sie sich zuweilen aufschließen. Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, und unter Gottes Himmel sind wir Alle –«
    »Und zwischen den Mauern der Vogtei!« fiel die Geheimräthin ein. »Gestern Abend –«
    »Sehn Sie, theuerste Schwägerin, da hatte ich eine rechte Freude. Sie schickten eine Deputation an mich mit der Bitte, ihnen eine kleine, gewissermaßen religiöse Celebration zu gestatten. Da morgen, als heute, ein menschliches Mitwesen, eine irrende Schwester, gewaltsam aus dieser Welt gerissen werden sollte, wollten sie den Abend nicht ohne stille, ich möchte sagen sympathetische Betrachtung hingehen lassen. Ich war wirklich gerührt über dieses Zeichen edler Empfindung unter meinen Kindern, wie ich sie gern nenne.«
    »Sie waren also selbst bei dem – sogenannten Festin?«
    »Sie erzeigten mir die Ehre mich einzuladen. Ach, aber so bescheiden. Und ich versichere Sie, ich fand eine Stimmung, die einer Kirche Ehre gemacht. Und die Arrangements so sinnreich und einfach. Der Regimentsquartiermeister, der bei der Lichtenau da im Marmorpalais als Dekorateur und Maschinist gearbeitet hatte – ein unglücklicher Mensch, er mag geirrt haben, wer irrt nicht! – konnte um lumpige 10,000 Thaler die Quittungen nicht aufweisen! Lieber Gott, wenn man für Alles Quittungen verlangte, was zur Zeit der Comteß Lichtenau ausgegeben ist! Ein charmanter Mann sonst, sage ich Ihnen, von so philosophischer Ruhe. – Das kleine Zimmer war griechisch drapirt,
et aussi un peu gothique.
Hinten ein Opferaltar; in Spiritus brannten die Flammen empor zu dem Triangel, aus welchem das Auge der Allwissenheit auf uns herabblickte. Der Rendant vom Salzsteueramt –«
    »Der in Hamburg ergriffen ward, als er sich einschiffen wollte?«
    »Ein Opfer der Mißverständnisse. Er hatte die beste Absicht, von London aus den kleinen Irrthum auszugleichen, – sonst ein Mann von Charakter, sublimen Ideen, ist auch Maçon. In einem weißen Talar, eine Binde um die Stirn, hielt er eine Rede; ich wünschte, Sie hätten sie gehört; wie ließ er die irrende Schwester beten! Ach aber, wie das kleine Kind, das der Mutter voraufgegangen, die Arme ausbreitete und im Namen der Allmacht sprach: Mutter, Dir ist vergeben! die Seligen warten auf Dich! – da blieb kein Auge trocken.«
    »Und nachher haben sie getrunken?«
    »Die Gesellschaft hatte einige Flaschen besorgt. Das Herz schloß sich unwillkürlich auf. Man durfte sich doch nicht lumpen lassen. Ich ließ ein Dutzend Hochheimer bringen. Ich sage Ihnen, diese Empfindungen, die sich da aufschlossen! Da war doch kein böser Gedanke, nichts als die reinste, allgemeine Menschenliebe, und wäre nicht der verlorene Mensch, der Sohn des Geheimraths Bovillard, dazwischen gekommen, so wäre auch alles ganz gut abgelaufen.«
    »Lässt ihn der Vater noch immer einsperren?«
    »Nein, er sitzt jetzt wegen des letzten Skandals mit dem Gensdarmerie-Offizier. Dieser Taugenichts verdirbt mir eigentlich die Harmonie in meiner Gesellschaft. Indessen man hat doch Rücksichten wegen des Vaters.«
    »Gewiß, und sehr ernste.«
    »Und unser Hofrath Süßring, Sie kennen den exzentrischen Kopf. – Bös ist er nicht, nur wenn er etwas im Kopfe hat. Ich vergaß Ihnen zu sagen, man war so froh geworden, man sah das Opferfeuer brennen. Man wollte sich daran wärmen. Man machte den Vorschlag, an der Flamme das Getränk der Freiheit zu brauen, das aromatische der Engländer, das unser Schiller so herrlich besungen hat –
     
    Vier Elemente, innig gesellt!«
     
    »Man kochte eine Bowle Punsch, das weiß ich auch, und sehr starken.«
    »Süßring, der eigentlich in Glatz sitzen soll, aber er ist kränklich und kann die freie Bergluft nicht vertragen.
Belle-soeur
wissen ja, durch welche Konnexionen – und er ist auch eigentlich unschuldig. Es war nur der Punsch. Sprang er plötzlich auf den Tisch –«
    »Und hielt eine seiner bekannten republikanischen Reden.«
    »Es sollten keine Kerker und
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