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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
Autoren: Willibald Alexis
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Festungen mehr sein, die Eisenstäbe sollte man zerbrechen und die Schwerter auch, und als er das Lied sang und wir einfielen:
     
    Allen Sündern soll vergeben
    Und die Hölle nicht mehr sein!«
     
    »Da schmissen sie mit den Gläsern die Fenster ein.«
    »Nein, da sprang Bovillard erst auf den Tisch. Den eigentlichen Zusammenhang weiß ich wirklich nicht mehr, aber in seiner Barocksprache rief der tolle junge Mensch: wenn wir die Hölle zerstörten, wo wir denn bleiben wollten! Nun, ich sage Ihnen, einen Gallimathias
plein de romantique,
daß uns Hören und Sehen verging.«
    »Ich glaube Ihnen wirklich, daß Sie beides nicht mehr konnten.«
    »Durch die Unart dieses einen einzigen Menschen ward uns ein Abend gestört – meine Schwester, das Menschenleben ist nicht reich an solchen Abenden voll Harmonie der Seelen. Und der Mond stand draußen und schien so friedlich durchs Gitterfenster.«
    »Der Mond wird auch vermuthlich stehen geblieben sein,« sagte die Geheimräthin aufstehend, »wo blieben denn aber der Herr Schwager?«
    Sie machte Miene zum Gehen und er beugte sich, um wieder ihre Hand an die Lippen zu führen: »
Homo sum, nil humani a me alienum puto,
sagt Terenz, theuerste Schwägerin. Fragen Sie meinen Bruder, was das heißt. Im Uebrigen – abgeschüttelt!«
    »Meinen Sie, Geheimrath? In der Stadt ist man anderer Meinung. Man spricht davon, daß Sie die Ihnen obliegende
surveillance
über die Gefangenen schlecht beobachtet.«
    »Man hat schon viel über mich gesprochen.
Qu'importe!
«
    »Wenn man aber auch bei Hofe davon spricht. Auch im Palais. Auch wenn der König entrüstet ist. Auch wenn Kabinetsrath Beyme auf der Stelle an den Justizminister schreiben müssen, daß die Sache untersucht wird. Herr Schwager, es ist kein Spaß, warum ich hier bin, es handelt sich um Ihre Existenz.«
    Der Geheimrath war zusammengefahren wie die Sinnpflanze bei der menschlichen Berührung. Sein Gesicht war blaß, seine Vollmondswangen schienen wie welk herabgesunken. Er öffnete die Lippen und wollte sprechen, aber die Zähne, die in eine unwillkürliche Berührung geriethen, stammelten nur die Formel: »Mein allerdurchlauchtigster König, mein allergnädigster König und Herr!«
    »Ist eine Natur, die wir Alle eigentlich noch nicht kennen, aber in gewissen Dingen hat er sich außerordentlich streng gezeigt.« So sagte die Geheimräthin Schwägerin, die ruhig vor dem Zerknickten stand.
    Der Geheimrath stammelte noch etwas von geheimen Feinden, und nachdem er einige Schritte gethan, fiel er auf seinen Armsessel.
    »Von Feinden weiß ich nichts,« sagte die Schwägerin, »im Gegentheil, Sie haben sich viele Freunde durch Ihre Diners gemacht, und es trifft sich nur sehr unglücklich, daß Lombard nach Frankreich ist. Aber sich in den Sorgenstuhl zu werfen, ist nicht Zeit,
mon beau-frère!
Ihre Freunde können wenig, Sie müssen selbst etwas thun, und auf der Stelle. Ihr Zopf ist noch gut, die Frisur passirt für den Abend. Werfen Sie sich in Ihr Habillement.«
    »Mein Gott, doch nicht zu Seiner Majestät!« rief er aufspringend und rang die Hände.
    »Auch nicht zum Justizminister. Ich rathe Ihnen auch nicht, Haugwitz zu inkommodiren. Aber zu Bovillard müssen Sie. Schnell, schnell, Herr Geheimrath. Er vertritt Lombard beim Minister Mein Mann hat schon etwas vorgearbeitet.«
    »Zu Bovillard! ja, zu Bovillard! Aber, mein Gott, was wird er sagen!«
    »Wenn Sie von seinem Sohne sprechen, wenn Sie auf ihn die Schuld schieben wollen, würden Sie alles verderben. Sie müssen ihn ganz ignoriren. Verstehen Sie mich; diese Schonung kann nur den Vater gewinnen, denn Vater bleibt er. Daß er von ihm erfahren soll, überlassen Sie Andern. Sie exkulpiren sich nur für sich. Das Wie überlaß ich Ihrem Genie, wie Sie jetzt Ihrer Toilette.«
    Sie war hinausgerauscht und der Geheimrath wankte nach seinem Kleiderschrank.
     
Drittes Kapitel.
     
Eine Heimfahrt.
    Die Geheimräthin stieg die Hintertreppe hinab, auf der sie gekommen. Sie ging langsam, oft, schien es, in Gedanken versinkend.
    Auf dem Podest blieb sie stehen, von wo man einen Blick durch ein Wandfenster in die Küche hat. Charlotte spielte mit den Kindern, oder vielmehr die Kinder spielten mit Charlotte. Sie zupften sie vom Herde fort. Malwine wollte ihr etwas ins Ohr sagen, derweil kletterte das Fritzchen heimlich auf den Herd und schüttete die Salzmetze in die Kasserolle. Malwine fing plötzlich an zu lachen und ätschte das Mädchen aus, Fritzchen war mit einem Satz vom
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