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Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Autoren: Tanya Carpenter
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hatten? Die Jagd nach Dracon und der Kampf gegen die Ewige Nacht? Der Sapyrion und die Tränen Luzifers? Wir hatten Kalistes Pläne durchkreuzt und sie in den Untergrund getrieben. Hatten die Crawler und Nightflyer miteinander ausgesöhnt. War das alles nichts mehr wert?
    Seine Erklärungen waren fadenscheinig, es hatte sich nicht im Mindesten angedeutet, dass er unglücklich war oder sich eingeengt fühlte. Ich musste an unser Gespräch im vorletzten Winter denken, als er noch davon gesprochen hatte, dass er keine anderen mehr liebte, nicht mal rein körperlich. Unsere Freude darüber, dass wir es beide so sahen, obwohl unsere vampirische Natur etwas anderes vorsah. Unsere Liebe war heilig gewesen in all der Verdorbenheit, welche die Unsterblichkeit unseresgleichen brachte.
    Egal wie sehr ich mir den Kopf zermarterte, die Tatsache blieb. Armand war gegangen. Er hatte mich verlassen. Und in seinen letzten Zeilen stand
für immer
.
    Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich zuckte zusammen wie unter einem Stromschlag, wirbelte herum.
    „Armand!“
    Aber ich blickte in sherryfarbene Augen, die ebenso tränenverhangen waren wie die meinen. Franklin war hereingekommen. In der anderen Hand hielt mein Vater einen Brief, ganz ähnlich dem meinen. Ich musste nicht fragen, was darin stand.
    „Warum?“ Das Wort kam so leise über meine Lippen, dass ich es selbst kaum hörte. Mein Vater schüttelte stumm den Kopf, weil auch er keine Antwort auf diese Frage wusste.

Manch Entscheidung trifft man einsam
     
    Weder ich noch Franklin wollten uns mit diesen nichtssagenden Briefen zufrieden geben. Es war nicht zu verstehen, warum Armand uns das antat. Ausgerechnet uns, den Menschen, die ihm so nahe standen. Er war doch kein Feigling, der einfach weglief. Wovor überhaupt? Und wohin?
    Es gab weitere Briefe an Henry und an die Geschäftsführer seiner diversen Unternehmen. Vollmachten waren vergeben worden und stets war von einem „Urlaub auf unbestimmte Zeit“ die Rede. Die Hälfte des Vermögens gehörte nach wie vor mir, der Rest verblieb in seinen Händen, wurde aber treuhänderisch den jeweiligen Konzernköpfen überschrieben, bis er zurück käme.
    Die meisten nahmen es hin, dass er sich eine „Auszeit“ gönnen wollte, fragten nicht weiter und zweifelten nicht, dass er bald wieder die Geschäfte übernahm. Anders Franklin und ich. Und auch Henry kannte seinen Brotgeber einfach zu gut, um sich von dem Brief etwas vormachen zu lassen. Er äußerte sich mir gegenüber besorgt und schließlich entschied ich mich, mit dem Geld, das ich nicht brauchte, nach ihm suchen zu lassen.
    „Die besten Detekteien, Henry. Seien Sie wählerisch, wir können es uns leisten.“
    „Mademoiselle Melissa, ich muss Sie darauf hinwei…“
    „Es ist mir gleich, was es kostet, Henry. Sie wollen ihn doch auch wiederfinden, oder?“
    Er widersprach mir nicht. Henry war einer der loyalsten Menschen, die ich kannte. Er wusste, was wir waren. Armand hatte ihn nicht mit dem Blut gebunden, trotzdem kam ein Verrat an uns nicht in Frage. Henry hing sehr an uns, auch wenn er stets höfliche Distanz wahrte. Armands Fortgang hatte auch ihn tief getroffen und natürlich wählte er nur die Besten aus, um sie mit der Suche zu beauftragen.
    Ich harrte wochenlang Nacht für Nacht auf den erlösenden Anruf, doch bei jeder Meldung musste der treue Henry mich wieder enttäuschen. Die Mitarbeiter der Detektei fanden ebenso wenig eine Spur wie ich.
    Alle Orte, an denen wir gemeinsam gewesen waren, suchte ich auf. New Orleans, wo ich kaum wusste, was ich Eleonora sagen sollte, die sich so über meinen Besuch freute und tausend Fragen über Armand stellte. Die Lügen kamen mir nur schwer über die Lippen, aber ich konnte ihr nicht die Wahrheit sagen. Auch unsere Stubentiger Pheodora und Scaramouche zeigten sich irritiert, dass ich ohne Herrchen einige Tage in der Wohnung schlief. Des Nachts stellte ich halb New Orleans auf den Kopf, streckte meine Antennen aus und suchte nach einem Lebenszeichen, doch vergeblich.
    Ich suchte ihn in der unterirdischen Gruft auf der Friedhofsinsel San Michelle, wo wir während unseres ersten gemeinsamen Karnevals genächtigt hatten, und unter Notre Dame, wo Madeleine begraben lag und er mich in die Nacht geholt hatte. Auch unser Lieblingsplatz in den Highlands blieb einsam und still. Nirgends eine Spur von ihm. Es schien, als habe es ihn nie gegeben.
    Nachdem ich mehrere Wochen allein in unserer Londoner Wohnung verbracht hatte und
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