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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Autoren: Jürgen Seibold
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gesetzt und mit einem jungen Koch das Lokal unter neuem Namen wieder eröffnet.
    Manchmal torkelten auch noch späte Gäste der Lechbrucker Kneipen herüber, und ab und zu richtete die Polizei auf dem Parkplatz neben dem Lokal eine Alkoholkontrolle ein – fast immer mit Erfolg.
    Als Maria Waghuberl diesmal ihr weiches Kissen auf der Fensterbank platzierte und sich erwartungsfroh in die Nacht hinauslehnte, hatte sie das Spannendste wohl schon verpasst. Sehen konnte sie nichts mehr, aber drunten am Lechufer brausten zwei dieser grauslig lauten Mopeds davon. Es klang, als würden die beiden Nachtschwärmer mit ihren Höllenmaschinen über den Lechuferweg im kleinen Wäldchen verschwinden. Was auch immer sie dort um diese Zeit zu schaffen hatten.
    Enttäuscht sah sie sich noch ein wenig um, aber die frische Nachtluft machte sie schneller müde als sonst, und so packte sie das Kissen wieder zurück auf die Eckbank, schloss das Fenster und trollte sich wieder ins Schlafzimmer.
    Der Anruf hatte Kerricht letztlich doch keine Ruhe gelassen. Nach einer Weile verabschiedete er sich von seinen Freunden am Stammtisch, holte zu Hause eine starke Taschenlampe und ging zur Lechbrücke hinüber. Von der Mitte der Brücke aus sah er in der Dunkelheit die Landzunge vor sich, auf der Pröbstl heute am späten Nachmittag gelegen hatte, und versuchte sich vorzustellen, was sein Bekannter wohl gesehen haben könnte.
    Dann ging er zurück in Richtung Lechbruck, bis ihm die Bäume am Ufer die Sicht auf die Landzunge versperrten. Er schaltete die Taschenlampe ein, beugte sich über das Brückengeländer und leuchtete hinunter, aber weder am Lechbrucker noch am gegenüberliegenden Gründler Ufer konnte er etwas Verdächtiges entdecken. Danach schritt er auch die andere Seite der Brücke ab, leuchtete ein wenig umher und ging frustriert nach Hause. Dort überlegte er eine Weile, ehe er die Nummer der Polizeiinspektion Füssen wählte. Semmler, der diensthabende Kollege, war ein alter Freund, der in Urspring wohnte, keine zwei Kilometer von Lechbruck entfernt. Jahrelang hatten die beiden zweimal im Monat miteinander Schafkopf gespielt.
    »Und warum rufst mich dann überhaupt an?«, fragte er, nachdem ihm Kerricht vom betrunkenen Pröbstl, von seiner zweifelhaften Aussage und davon berichtet hatte, dass Ruff natürlich nicht tot unter der Lechbrücke lag. »Wenn der Pröbstl b’soffen war und sich das alles bloß zammträumt hat, solltest den Schmarrn am besten für dich b’halten.«
    »Ja, ich weiß, aber …«
    »Mei, was heißt da ›aber‹? Schau, du weißt es doch selber: Entweder du hast mich nie angrufen, und alles bleibt die Spinnerei vom Pröbstl – oder du meldest mir diese Aussage, und dann fahr ich das volle Programm: Hubschrauber mit Wärmebildkamera, Suchhunde, Feuerwehr, Wasserwacht, alles eben. Oder meinst, ich lass mir das anhängen, dass ich nix unternommen hab – und dann spült’s den Ruff doch noch tot ans Ufer? Da kann i einpacken, nach dem Theater bei der Kripo eh scho glei.«
    Kerricht dachte nach. Er wusste ja, dass der Kollege recht hatte, und er hätte es an seiner Stelle nicht anders gemacht.
    »Also, was ist«, hakte Semmler nach. »Hast mich jetzt angrufen oder nicht?«
    »Ich mach dir einen Vorschlag: Ich hab dich nicht angrufen, aber ganz zufällig schickst mal eine Streife hier vorbei. Hast grad jemanden, der das ohne große Gschicht für mich machen könnt?«
    »Mei, Freddy …«
    »Ach, komm, jetzt stell dich nicht so an. Die Kollegen müssten eh schon lang mal wieder hier herauskommen.«
    Semmler zierte sich noch kurz, dann versprach er, Edgar Rothart und Winfried Abt vorbeizuschicken. Kerricht war erleichtert: Die beiden waren unkompliziert und würden, wenn sich alles, wie erwartet, als Flop herausstellte, die Fahrt nach Lechbruck als das protokollieren, was sie ja auch war: eine normale Streifenfahrt ohne besonderen Anlass.
    »Heut Nacht«, sagte Semmler dann noch, »sitzt in Schongau der Paul am Telefon. Den ruf ich auch noch kurz an, vielleicht schickt er ebenfalls einen Wagen – je nachdem, wo der Ruff runtergfalln sein könnt, wärn ja eher die zuständig.«
    Kerricht war zufrieden: Paul hatte damals ebenfalls mitgekartelt, wohnte in Bernbeuren, einem Dorf zwischen Lechbruck und Burggen, und auf ihn war ebenfalls Verlass.
    »Und während die losfahren, ruf ich noch schnell bei der Marlene Ruff an. Ich denk mir noch einen Vorwand aus und frag sie, ob ihr Thomas daheim ist. Dann weiß ich
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