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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Autoren: Jürgen Seibold
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Koller zum Mitmachen bewegen zu lassen. »Das ist etwas kompliziert. Und eigentlich ist das auch keine richtige Akte, weil …«
    Hansen sah sie schweigend an.
    »Gestern Nacht«, begann sie und räusperte sich, »hat ein gewisser Horst Pröbstl gegen halb elf einen unserer Füssener Beamten angerufen, einen Freddy Kerricht, den er privat kennt und der zu der Zeit auch nicht mehr im Dienst war. Er hat ihm erzählt, dass er beobachtet habe, wie zwei Männer einen Lechbrucker Pferdezüchter namens Thomas Ruff über ein Brückengeländer gestoßen oder geworfen hätten.«
    »Und das reicht hier bei Ihnen nicht für einen ordentlichen Bericht?« Hansen war verblüfft.
    »Nun ja … Herr Pröbstl war zur Zeit der Aussage wohl betrunken.«
    »Vielleicht hat es ihn ja so mitgenommen, was er beobachtet hat, dass er sich einen Schnaps genehmigt hat? Das könnte ich mir durchaus vorstellen.«
    »Jedenfalls hat er den Kollegen Kerricht gegen halb elf angerufen – will das Verbrechen aber schon um sieben oder halb acht Uhr abends beobachtet haben. Und in der Zwischenzeit hat er sich betrunken. Als Kerricht nachgefragt hat, ob er das auf der Brücke tatsächlich gesehen oder sich womöglich nur eingebildet hat, wurde Pröbstl unsicher.«
    »Okay, nehmen wir an, alles ist frei erfunden – warum schreiben Sie dann diesen Bericht für mich?«
    Rosemarie Schwegelin schluckte. Genau das war der wunde Punkt. »Ich … Kollege Kerricht hat die Sache trotz allem keine Ruhe gelassen. Er hat selbst auf der Brücke nachgesehen und nichts gefunden. Dann hat er den Diensthabenden in Füssen angerufen, und der hat eine Streife vorbeigeschickt – nur mal so zur Vorsicht. Außerdem hat er den Schongauer Kollegen Bescheid gegeben, die das Gleiche gemacht haben.«
    »Schongau? Die gehören doch zum Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Wenn die zuständig sind, haben wir mit der Sache gar nichts zu tun, oder täusche ich mich da?«
    »Der Zeuge hat nicht erwähnt, auf welcher Seite des Lech der Mann nach unten gestürzt ist. Jedenfalls markiert der Fluss genau die Grenze der Zuständigkeit zwischen den Inspektionen Füssen und Schongau. Eine Leiche haben weder die einen noch die anderen Kollegen gefunden.«
    Rosemarie Schwegelin überspielte ihre Unsicherheit, so gut es ging. Koller hatte sie gebeten, diesen Köder auszulegen. Der Streich würde – von Hansen abgesehen – niemandem wirklich schaden. Musst dem Neuen ja nicht stecken, dass der Pröbstl, dieser alte Schluckspecht, schon öfter mal Fehlalarm ausgelöst hat, hatte Koller zu ihr gesagt. Soll er sich doch mal damit die Zeit totschlagen, unsere neue Supernase.
    »Aber wenn nun schon zwei Inspektionen Bescheid wussten«, hakte Hansen nach, »dann wäre doch, wenn ich richtig informiert bin, das volle Programm angelaufen: Hubschrauber, Wasserwacht und so weiter – warum ist das unterblieben?«
    »Na ja, die Anrufe in Füssen und Schongau waren ja quasi inoffiziell.«
    Sie lächelte entschuldigend, Hansen rollte genervt mit den Augen.
    »Und in der Zwischenzeit«, fuhr sie schnell fort, »hat Kerricht bei der Familie Ruff angerufen, und Thomas Ruffs Frau hat angegeben, dass ihr Mann im Bett liege und schlafe. Damit war die Sache eigentlich erledigt.«
    »Gut. Aber wieso ›eigentlich‹?«
    »Kerricht hat sich heute Morgen wohl noch einmal absichern wollen und hat Herrn Koller angerufen.«
    »Meinen Stellvertreter? Der bummelt doch gerade Überstunden ab.«
    »Ja, aber die beiden kennen sich privat, also hat er ihn zu Hause angerufen.«
    »Und warum nicht mich?«
    »Na ja … er kennt Sie ja noch nicht, und …«
    »Schon klar.«
    Hansen hatte inzwischen keine große Lust mehr, seinen genervten Tonfall zu überspielen. Das war ein schöner Kindergarten hier.
    »Er hat also Herrn Koller angerufen. Und warum ist nun plötzlich alles anders? Herr Ruff kann ja trotzdem schlecht gleichzeitig tot unter einer Brücke und schlafend in seinem Bett liegen, oder?«
    Rosemarie Schwegelin deutete auf ihren Bericht, den Hansen noch immer ungelesen in der Hand hielt. Er überflog den Text und las noch einmal alles, was sie ihm gerade schon erzählt hatte. Am Ende stand: »KHK Koller weist in seinem Telefonat abschließend darauf hin, dass PHM Kerricht die Auskunft über Thomas Ruffs Verbleib telefonisch von seiner Frau erhalten hat. Er hat nicht persönlich mit ihm gesprochen und ihn auch nicht daheim gesehen.«
    »Stimmt«, brummte Hansen und sah die Kollegin an. »Damit ist die Sache wirklich
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