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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Autoren: Jürgen Seibold
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dabei schnurrend seinem früheren Frauchen um die Beine.
    Seinen vierbeinigen Mitbewohner hatte ihm Walburga Lederer gleich bei seinem ersten Besuch vorgestellt. Seinen Hunger stillte Ignaz mit den Mäusen, die er in dem alten Haus und auf den umliegenden Wiesen in großer Zahl fand, und wenn er Durst hatte, gab es leidlich sauberes Trinkwasser in einer an die Regentonne angeschlossenen Dachrinne. Durch eine Katzenklappe in der Hintertür konnte der Kater raus und rein, wann immer er wollte – und in der Scheune stand ein alter Schrank, aus dem Walburga Lederer bei ihren täglichen Besuchen Trocken- und Dosenfutter für ihren Liebling holte.
    »Sie müssen sich gar nicht um ihn kümmern«, hatte sie betont. Seit vorhin wusste er, dass das nicht ganz stimmte.
    Sein Arm zuckte im Schlaf und wischte das leere Glas vom Tisch, das mit lautem Klirren auf dem Boden zerschellte. Pröbstl erwachte, musste sich aber erst noch besinnen, bis ihm einfiel, wo er war und was er vorhin hatte machen wollen.
    Er schüttelte sich, streckte sich, machte einen großen Schritt über die Glasscherben hinweg und tippte umständlich Freddy Kerrichts Handynummer ein.
    »Ja?«, meldete sich Freddy. Im Hintergrund waren Geräusche zu hören, die nicht zur Polizeiinspektion Füssen passten: Gelächter erklang, Gläser klirrten, und irgendjemand erzählte gerade einen Witz zu Ende.
    »Ich bin’s, Freddy, der Pröbstl.«
    »So spät noch wach? Weißt, ich hab grad so gar keine Zeit, wir sitzen hier noch im Lechstüberl zusammen, aber nicht mehr lang.«
    »Tut mir leid, wenn ich dich störe, aber es ist wichtig, Freddy«, setzte Pröbstl an und fügte mit eindringlicher Stimme hinzu: »Und es ist dienstlich!«
    »Dienstlich? Jetzt nicht mehr. Ruf mich doch morgen an, ich bin ab acht in der Inspektion zu erreichen, jetzt hab ich Feierabend, und zwar schon lange.«
    »Aber der Ruff …«
    »Ach, Mensch, Pröbstl, fang doch nicht schon wieder an! Ich hab den Thomas gestern noch getroffen, nichts war mit seinem Gaul – der war richtig sauer auf dich, als er gehört hat, dass du mit mir über den eingebildeten Einbruch gesprochen hast. Da wirst du dir wohl in den nächsten Tagen noch etwas anhören müssen.«
    »Ganz sicher nicht«, platzte Pröbstl heraus, und sein Tonfall ließ Freddy nun doch aufhorchen. »Ruff liegt tot unter der Lechbrücke. Ich hab vorhin beobachtet, wie ihn zwei Männer übers Geländer gestoßen haben.«
    »Du hast … was?«
    »Du musst nur zur Brücke gehen, da siehst du ihn liegen. Direkt am Ufer.«
    »Bist du schon wieder besoffen? Den Thomas wirft doch keiner von der Brücke, warum denn auch?«
    »Schau halt nach!«
    »Jetzt, um halb elf abends? Wann hast du das denn beobachtet, das mit Thomas auf der Lechbrücke?«
    »Kurz nach sieben. Kann auch halb acht gewesen sein, ich hab nicht gleich auf die Uhr geschaut.«
    »Vor drei Stunden soll das gewesen sein? Behauptest du allen Ernstes, dass der Thomas seit drei Stunden unten am Lechufer liegt, und keiner hat das bemerkt?«
    »Ja, ich …«
    »Du spinnst doch! Und falls es stimmen würde: Was hast du eigentlich die ganze Zeit gemacht?«
    »Ich bin heimgerannt, hatte Panik und wollte dich gleich anrufen.«
    »Hast du aber nicht.«
    »Ich bin … Ich bin eingeschlafen.«
    Am anderen Ende war Gemurmel und Gelächter zu hören, Kerricht aber blieb stumm.
    »Freddy? Bist du noch da?«
    »Hör mit dem Saufen auf, Pröbstl!«
    Dann war die Verbindung beendet.
    Maria Waghuberl schlief seit Jahren nicht mehr durch. Erst hatte sie sich darüber geärgert, war nachts schimpfend durch ihr Haus getigert und dabei kein bisschen müde geworden. Schließlich aber hatte sie ihren Frieden mit dem nächtlichen Aufwachen gemacht. Sie hatte nämlich irgendwann begonnen, sich zum Müdewerden ans offene Fenster zu stellen und auf die Lechbrücke hinunterzusehen. Und sie war überrascht gewesen, was zwischen zehn und zwei Uhr alles vor ihrem Haus los war und was man durch aufmerksames Beobachten alles aufschnappen konnte.
    Der frühere Wirt vom gegenüberliegenden Restaurant hatte eine Zeit lang immer gegen ein Uhr sein Lokal abgesperrt, war aber im Haus geblieben – und neben seinem alten Lieferwagen stand auf dem Parkplatz oft noch der kleine Flitzer einer seiner Bedienungen. Wenn die beiden nach einer guten Stunde aus dem Gebäude kamen, sahen sie meist recht verstrubbelt aus und verabschiedeten sich in der Regel mit einem langen Kuss.
    Inzwischen hatte seine Frau ihn vor die Tür
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