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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Autoren: Jürgen Seibold
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ich natürlich mit, so übel, wie dem Rolf mitgespielt wurde. Aber was ist, wenn plötzlich doch ein Fall reinkommt?«
    »Dann stehen wir alle auf der Matte, das ist doch klar! Rosemarie ruft mich an, sobald sich etwas tut, und ich sag euch gleich Bescheid«, versprach Koller. »Aber bis dahin soll er ruhig mal sehen, wie es sich so ganz ohne Team arbeitet, der feine Herr aus dem Norden.«
    »Aber er kann doch nichts für Rolfs Pensionierung.«
    »Aber wenn Hansen dank unserer Hilfe von Anfang an super dasteht – da ist der Rolf in München ganz schnell vergessen, und die Münchner fühlen sich auch noch bestätigt darin, dass sie ihn so übel abserviert haben. Willst du das etwa?« Koller sah triumphierend in die Runde. »Wollt ihr das? Wo Rolf uns ein so guter Chef war all die Jahre?«
    Rabner hustete und grinste dabei. »Mir ist wirklich schon gar nicht mehr so gut – ich glaub, mich hat’s erwischt.«
    »Und ich hab viel zu viele Überstunden«, warf Frahm ein. »Da bleib ich für den Rest der Woche einfach mal zu Hause. Im Moment steht eh nichts Dringendes an.«
    »Gut«, meinte Koller und nickte. »Und du, Sabine, machst du jetzt mit oder nicht?«
    In dem Moment ging die Tür auf: Kriminalmeister Willy Haffmeyer kam ins Zimmer und sah sich fragend um.
    »Ist der Neue bei euch?«
    »Nein, der ist heute noch nicht da.«
    »Aha.«
    Haffmeyer verschwand wieder und zog die Tür hinter sich zu.
    »Also, Sabine, bist du dabei?«
    »Meinetwegen. Aber sobald was reinkommt …«
    »… geb ich dir Bescheid, versprochen. Und euch anderen auch. Dann sind wir sofort wieder hier. Dienst ist Dienst, das ist klar.«
    »Also gut. Ich nehme meine Überstunden.«

Donnerstag, 6. Juni
    So ruhig hatte sich Hansen die Kriminalpolizeiinspektion Kempten nicht vorgestellt, aber seit gestern ging offenbar in seinem Team eine Erkältungswelle um, dazu hatten viele Kollegen freie Tage eingereicht, um aufgelaufene Überstunden abzubummeln – sicher eine Spätfolge der zeitaufwendigen Ermittlungen rund um die Pärchenmorde. Und da im Moment nichts Wichtiges anstand, konnte er die Anträge schlecht ablehnen. Zwar hätte er sich gerne von seinem Stellvertreter Koller einweisen lassen, aber der Kollege hatte sich ihm gegenüber nicht besonders redselig gezeigt – da konnte er sich das nötige Wissen ebenso gut anlesen.
    Rosemarie Schwegelin suchte ihm alle Unterlagen heraus, die er anforderte, auch die Akten zu den Pärchenmorden, die seinen Vorgänger den Job gekostet hatten. Jedes Mal, wenn er in Huthmachers Vorzimmer auftauchte, bot sie ihm einen Kaffee an – aber sie hielt mehr Distanz zu ihm, als er das von seinen bisherigen Dienststellen gewohnt war. Vermutlich trauerten alle noch dem alten K1-Chef Hamann nach. Er würde ihnen die notwendige Zeit geben, sich an ihn und seinen Stil zu gewöhnen.
    Die aktuellen Pressemeldungen aus den Landkreisen zwischen Neu-Ulm und Memmingen, für die das Polizeipräsidium zuständig war, lasen sich angenehm unspektakulär. Fahrraddiebstähle, abgepumpter Diesel, gestohlene Zeitungsgutscheine, ein betrunkener Fahrer ohne Führerschein und ein Trio, das mit geklauten Leitpfosten in eine Verkehrskontrolle geraten war.
    Hansen schmunzelte, dann schenkte er sich Sprudel nach und klappte die dicke Mappe mit den Unterlagen zum Pärchenmord bei Nesselwang auf. Das Gemetzel am Waldrand wirkte in dem emotionslos formulierten Protokoll noch brutaler. Hansen legte einige Fotos vor sich aus, aber das viele Blut, die abgetrennten Gliedmaßen, die beiden obszön angeordneten Leichen der jungen Menschen – all das hatte auch schon der nüchtern formulierte Text vor seinem geistigen Auge erscheinen lassen.
    Zwei Stunden lang las er die Berichte, suchte auf der Wandkarte die Tatorte und den Wohnort des Mörders, versetzte sich in die Lage der Ermittler und verschaffte sich einen groben Überblick über die unzähligen Hinweise, die aus der Bevölkerung eingegangen waren. Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück, schloss die Augen und dachte nach.
    Ein Geräusch ließ ihn die Augen wieder öffnen: Rosemarie Schwegelin stand in der offenen Tür, hielt eine Kaffeekanne in der Hand und sah ihn verwundert an.
    »Sie lassen auf Ihren früheren Chef nichts kommen, stimmt’s?«, sagte Hansen nach einer kurzen Pause.
    »Ich … natürlich nicht! Wir haben ihn alle gemocht und bewundert. Und wir tun das noch.«
    »Das ist gut, Frau Schwegelin. Herr Hamann hat brillant gearbeitet, auch in diesem Fall.« Er deutete auf
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