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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Autoren: Jürgen Seibold
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Pröbstl wollte aufbrausen, doch der Polizist legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.
    »Ich weiß ja, dass du sonntags gern oben beim Thomas auf der Wiese rumliegst. Also: Wann am Sonntag willst du den Einbruch denn beobachtet haben?«
    »Die Sonne ging grad unter, und ich wollt heim, da seh ich durchs offene Fenster zwei Männer, die dem Salvatore das Zaumzeug überzwingen wollen. Ich bin hingerannt und ins Stolpern gekommen, und dann hat’s mich auf die Wiese gehauen. Anschließend bin ich bewusstlos geworden. Der Thomas hat mich gefunden.«
    »Und was sagt er zum Einbruch?«
    »Thomas meint, ich hätt mir das alles nur eingebildet, seinem Gaul gehe es gut, und niemand sei im Stall gewesen.«
    »Na, siehst du«, nickte Kerricht und nahm noch einen Schluck. »Hast du’s dir also doch nur eingebildet.«
    »Aber ich …«
    »Rudi!«, rief der Polizist zum Tresen hinüber. »Mach doch dem Pröbstl ein Bier und schreib’s auf meinen Deckel, ja?«
    Der Wirt nickte, zapfte und stellte kurz darauf einen vollen Humpen auf den Tisch.
    »Prost, Pröbstl«, sagte Kerricht und hob seinen Krug, »und danach schleichst di. Wir haben heut Schafkopfabend, da muss ich mich auf meine Karten konzentrieren.«
    »Aber …«
    »Trink dein Bier und halt’s Maul! Thomas hat dir doch schon am Sonntag gesagt, dass du dir da was zusammenspinnst! Mei, wenn seinem Superstecher auch nur ein Haar gekrümmt wird, rastet der doch aus – glaub mir, da war nix.«

Mittwoch, 5. Juni
    Eike Hansen faltete den Umzugskarton zusammen und legte ihn draußen auf den Stapel. Das Dach des alten Bauernhauses stand an dieser Stelle etwas über, und neben einem großen Brennholzstapel, neben Schaufeln, Eimern und anderem Gerät blieb so noch ein geschützter Lagerplatz, den er vor allem jetzt, so kurz nach dem Einzug, gut brauchen konnte.
    Es wehte ein sanfter Wind vom Forggensee herüber, und weil er noch Zeit hatte bis zur Fahrt ins Präsidium, nahm er Bogen und Köcher von der Wand und ging gemächlich in den großen Garten.
    Die Wiese hinter dem Haus, in dem er sich eingemietet hatte, reichte bis an den See und war ruhig gelegen. Nach links stand bis zum Ferienheim Ehrwang kein anderes Gebäude, und der nächste Nachbar auf der rechten Seite war ein Bauernhof an der Einmündung des Zufahrtswegs in die Bundesstraße 16.
    Hansen prüfte die Windrichtung. Nordostwind – die Luft strich vom See her über den Garten hinüber nach Westen, wo in etwa zweihundert Meter Entfernung das Klärwerk und der Wertstoffhof lagen. Er nahm einen Pfeil, legte ihn lose auf den Bogen, drückte den Rücken durch, drehte den Kopf nach links, schloss die Augen und konzentrierte sich ganz darauf, stockgerade auf der Wiese zu stehen. Mit einer langsamen Bewegung zog er dann die Sehne durch, führte sie bis an die Unterseite seines Kieferknochens, visierte die Zielscheibe an, hob den Bogen noch ein wenig – und ließ die Sehne los.
    Er mochte das zischende Geräusch, mit dem der Pfeil davonflog. Das satte Einschlagen auf der Zielscheibe hätte er zwar auch gern gehört, aber der Pfeil verfehlte das Gestell mit den weißen, blauen, roten und gelben Kreisen deutlich und schlug dahinter im Gebüsch ein.
    Hansen war nur ein bisschen enttäuscht. Er hatte noch nie auf Anhieb eine neue Sportart beherrscht, aber er hatte sich bisher die meisten erfolgreich erarbeitet. Und so, wie er seinen neuen Arbeitsplatz bisher erlebt hatte, konnte er diese Zähigkeit auch dort gut brauchen. Er sah auf die Uhr: Nun war es Zeit loszufahren, den Pfeil im Gebüsch konnte er auch heute Abend noch suchen.
    Als er ins Haus ging, schob sich Ignaz langsam aus dem Busch hinter der Zielscheibe. Mit seinem räudigen Fell war er kaum vom Gestrüpp zu unterscheiden. Wütend sah der Kater dem neuen Mieter hinterher, dann wandte er sich um und stupste die Maus ein paarmal mit der Pfote an. Aber da war nichts mehr zu machen: Seine Beute war tot, bevor er sich richtig mit ihr hatte beschäftigen können – und an Spielen war nun ohnehin nicht mehr zu denken. Mit dem langen Pfeil im Leib war die tote Maus viel zu sperrig zum Werfen und Herumkullern.
    Hardy Koller, Hannes Rabner, Klaus Frahm und Sabine Altmahr saßen im Besprechungsraum und tranken Kaffee.
    »Sind wir uns einig?«
    Koller sah in die Runde, alle nickten, nur Sabine Altmahr wirkte nicht ganz überzeugt.
    »Ich weiß nicht«, meinte sie. »Immerhin sind wir bei der Kripo und nicht im Kindergarten. Wenn wir den Neuen auflaufen lassen wollen, mach
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