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Rosenmunds Tod

Rosenmunds Tod

Titel: Rosenmunds Tod
Autoren: Theo Pointner
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die Beamten vielleicht noch fünfzehn Meter von ihr entfernt waren, drehte sie sich um. Nach einem kurzen Moment der Überraschung gefror ihr Gesicht zu einer Maske.
    Wielert griff vorsichtshalber unter seine leichte Sommerjacke und legte die Hand auf den Griff seiner Dienstwaffe. Er wollte kein Risiko eingehen.
    Die Anwältin löste sich aus der Erstarrung, drehte sich um und rannte in Richtung des Fußgängerübergangs. Die Ampel leuchtete rot, aber da die Straße ein kurzes Stück weiter in einer Sackgasse endete, bog hier nur selten ein Auto ab.
    »Stehen bleiben!«, brüllte Wielert und riss seine Waffe aus dem Holster.
    »Verdammt«, fluchte Hofmann. »Wenn sie es bis zur U-Bahn schafft, verlieren wir sie vielleicht.«
    Op den Hövel wetzte auf die Straße und schaute kurz nach links. Von der Wittener Straße näherte sich ein Gelenkbus der Bogestra, wenn sie es schaffte, die Straße zu überqueren, bevor er auf ihrer Höhe war, standen ihre Chancen gut, ihre Verfolger abschütteln zu können. Sie trat noch einmal an, aber dann geriet einer ihrer Pfennigabsätze in einen Zwischenraum des Kopfsteinpflasters. Die Frau strauchelte, der Absatz brach ab, sie verlor das Gleichgewicht und fiel mit den Armen voraus auf die Straßenbahnschienen.
    Der Bremsweg des Busses war genau zweieinhalb Meter zu lang.
    »Nein!«, brüllte Wielert und nahm den Fußgängerüberweg mit zwei Schritten.
    Er ging in die Knie und spähte unter den Bus.
    »Komm her und hilf mir«, rief er Katharina zu, die einige Schritte hinter ihm war. »Ich glaube, sie lebt noch.«
    »Ruf einen Krankenwagen«, wandte sich Katharina an Hofmann und kniete sich neben Wielert.
    Der Stoppelhaarige nickte und machte auf dem Absatz kehrt. Er war so schockiert, dass er de Vries nicht bemerkte, die fassungslos an einer Fußgängerampel lehnte und verzweifelt gegen ihre Tränen ankämpfte.

44
    Der Monitor belegte einen regelmäßigen Herzschlag, die Werte für den Blutdruck waren auch okay. Swoboda schien auf dem Weg der Besserung zu sein.
    Über dem Kranken hing an einem Infusionsständer ein Plastikbeutel, aus dem in regelmäßigen Abständen eine klare Flüssigkeit tropfte. Swoboda war wach, aber seine Augen blickten orientierungslos an die Decke. In den letzten achtundvierzig Stunden war einiges an Medikamenten in ihn hineingepumpt worden.
    Beidseitige Lungenentzündung, hatte der behandelnde Arzt auf dem Flur Wielert erklärt, ihr Häftling muss schon eine ganze Zeit einen Infekt mit sich herumgeschleppt haben.
    Wielert stand vor dem Fenster des Krankenzimmers und starrte hinaus, ohne etwas wahrzunehmen. Erholsam war sein Job nie gewesen, aber was sich in den letzten Tagen ereignet hatte, ging ihm an die Nerven. Erst der Psychologe, der vor seinen Augen Selbstmord begangen hatte, dann die Kleine auf der Toilette und gestern die Anwältin.
    Ein stöhnender Laut vom Bett veranlasste Wielert dazu, sich umzudrehen. Swoboda wirkte ansprechbar, kraftlos versuchte er, die auf dem Nachtschränkchen stehende Schnabeltasse zu erreichen. Seine Hand zitterte, mehr als den halben Weg schaffte sie nicht.
    Der Hauptkommissar sah sich das Schauspiel eine Weile ungerührt an, trat dann aber doch langsam näher heran und reichte Swoboda etwas zu trinken. Dankbar nahm der den Becher entgegen und schlürfte lautstark.
    »Geht es wieder?«, fragte Wielert schroff.
    »Unkraut vergeht nicht«, krächzte Swoboda und nahm erneut einen Schluck.
    »Wäre auch zu schade, wenn Sie so billig vor dem Gefängnis davonkämen. Leute Ihres Schlages haben da ziemlich wenig zu lachen.«
    Swoboda ging nicht auf die Provokation ein und versuchte sich ein wenig mehr aufzurichten. Es gelang nur mäßig.
    »Was ist mit Carla?«, fragte er leise.
    »Frau op den Hövel? Noch lebt sie, aber es sieht schlecht aus. Zurzeit liegt sie im Koma, niemand weiß, ob sie noch einmal das Bewusstsein erlangt. Und wenn Sie mich fragen, es wäre besser, wenn dies nicht geschähe.«
    Swoboda schluckte heftig und kniff seine Augen zusammen. »Warum?«
    »Der Arzt sagte etwas von einem hypoxischen Hirnschaden, außerdem wäre sie vom Hals abwärts gelähmt.«
    Wielert war sich im ersten Moment nicht sicher, aber dann sah er es deutlich. Swoboda liefen Tränen über die Wangen.
    Der Beamte seufzte, zog sich einen Stuhl heran und nahm Platz. »Erzählen Sie mir endlich, wie alles zusammenhängt. Ich kann mir inzwischen auf etliches einen Reim machen, aber leider nicht auf alles.«
    Der Mann im Bett nickte schwach und
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