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Rosenmunds Tod

Rosenmunds Tod

Titel: Rosenmunds Tod
Autoren: Theo Pointner
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wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung über das Gesicht. »Was wollen Sie wissen?«
    »Haben Sie Carla als Kind missbraucht?«
    Swoboda grunzte abfällig. »Missbraucht?! Ich habe sie geliebt, sie war für mich das wertvollste Geschöpf auf der Welt. Zugegeben, ich hatte schon immer eine. Passion für junge Mädchen, aber Carla war anders. Sie brauchte mich. Und ich brauchte sie.«
    »Ihr Vater hat für Sie gearbeitet?«
    »Ja. Er war ein richtiger Niemand. Keine Initiative, ein Ja-Sager, wie er im Buche steht. Ich hatte ihn damals als Geschäftsführer engagiert, aber mir war bald klar, dass ich einen Fehler begangen hatte. Carlas Vater traute sich ohne mein Einverständnis noch nicht einmal, eine Schachtel Büroklammern zu bestellen.«
    »Sie hätten ihn doch einfach entlassen können.«
    »Natürlich. Aber er war mit seiner Familie in meine unmittelbare Nachbarschaft gezogen. So lernte ich auch Carla kennen. Vom ersten Moment an war ich in sie verliebt, schon als Kind war sie eine unglaubliche Schönheit gewesen. Und sie war intelligent. Es machte mir Freude, sie in meiner Nähe zu wissen.«
    »Um sich an ihr zu vergreifen«, ergänzte Wielert sofort.
    »Nein«, erklärte Swoboda so nachdrücklich, wie es sein angegriffener Gesundheitszustand zuließ. »Sie verstehen das nicht. Sie war rein, erhaben. einfach perfekt. Natürlich übte sie auch einen körperlichen Reiz auf mich aus, aber das war nebensächlich. Es war schon genug, sie einfach nur zu sehen und mit ihr zu sprechen.«
    »Aber?«, fragte Wielert interessiert nach.
    »Ihr Vater hat sie und ihre Mutter misshandelt. Auf brutalste Art und Weise hat er sie regelmäßig verprügelt. Ich wusste nichts davon, bis Carla es mir eines Tages erzählte. Ich habe diesen Mistkerl zur Rede gestellt und ihm mit beruflichen Konsequenzen gedroht. Genutzt hat es nichts. Kurz danach ist er wieder durchgedreht, Carla kam eines Abends in größter Panik zu mir geflüchtet, sie wollte nicht schon wieder geschlagen werden. Ich nahm sie in den Arm, wollte sie einfach nur beruhigen, aber sie war so. so. Sie trug nur ein kurzes Nachthemd, ich konnte nicht anders.«
    Swoboda brach ab und griff wieder nach der Schnabeltasse. Nach einem kräftigen Schluck klang seine Stimme nicht mehr so rau.
    »Ob Sie es glauben oder nicht, mir tat entsetzlich Leid, was geschehen war. Aber Carla blühte auf, kam immer öfter zu mir. Und sie wartete nicht darauf, dass ich sie berührte, es war so natürlich zwischen uns.«
    »Auf den Gedanken, einen Psychologen einzuschalten, sind Sie natürlich nicht gekommen?«, sagte Wielert verächtlich. »Carla muss doch schon damals schwerste psychische Probleme gehabt haben.«
    »Wir waren ein richtiges Liebespaar«, verteidigte sich Swoboda. »Es gab nur noch sie für mich. Und dann geschah die Katastrophe.«
    Wielert sah fragend auf.
    »Ihre Mutter beobachtete uns eines Nachmittags in meinem Garten«, fuhr Swoboda beinahe flüsternd fort. »Als Carla dann nach Hause kam, machte sie ihr wohl eine riesige Szene. Sie packte das Mädchen ins Auto, wollte mit ihm zur Polizei. Unterwegs verlor sie die Kontrolle über das Auto, es kam zu einem schrecklichen Unfall.«
    Der Kripobeamte atmete durch. Als die Feuerwehr gestern endlich den verdrehten Körper op den Hövels geborgen hatte, waren ihm fürchterliche Narben auf ihrem Rücken aufgefallen.
    »Deshalb war sie so entstellt«, nickte er.
    »Ja. Carlas Mutter fuhr in einer Kurve geradeaus; wie ich damals hörte, war der Wagen mit mindestens siebzig Stundenkilometern unterwegs. Das Fahrzeug geriet in Brand. Ihre Mutter starb, Carla kam schwer verletzt ins Krankenhaus. Nicht nur der Rücken wies schwerste Verbrennungen auf, sie hatte auch mehrere Knochenbrüche und innere Verletzungen. Es dauerte fast ein Jahr, bis sie aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte.«
    »Und wie ging es weiter?«
    »Ich ich war am Boden zerstört. Ihren Vater habe ich natürlich gefeuert, dieser Mistkerl kümmerte sich überhaupt nicht mehr um seine Tochter. Soff nur noch bis zur Bewusstlosigkeit. Kurz nachdem Carla entlassen worden war, gelang es ihm über Beziehungen, eine Anstellung in den USA zu bekommen. Seine Tochter hat er wie ein altes Gepäckstück zurückgelassen.«
    »Das geht doch gar nicht«, ereiferte sich Wielert.
    »Doch. Das Sorgerecht wurde pro forma auf eine entfernte Verwandte von Carla übertragen, nach dem Klinikaufenthalt musste sie ja sowieso in eine langwierige Rehabilitation. Ich habe mich um sie
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