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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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zur Senkenfallhöhle anzeigt, biegt Moritz ab. Es sind keine zweihundert Meter, dann steht er auch schon vor dem Eingang. Das Gitter, das leichtsinnige Besucher nachts vom Betreten der Höhle abhalten soll, hat irgendwer zur Seite geschoben.
    Im Netz habe ich mich schlaugemacht über die Senkenfallhöhle. Die ist nicht ohne. Über fünf Kilometer ziehen sich die ausgebauten Wege unter der Erde durch den Berg. Daneben soll es noch eine Menge unerkundeter Stollen geben und auch einen unterirdischen Fluss, der sich durch den Stein gefressen hat.
    Moritz zögert kurz, dann betritt er den dunklen Eingang. Vorsichtig tastet er sich Schritt für Schritt tiefer in das Höhlensystem. Die Decken sind so niedrig, dass er den Kopf einziehen muss. Ich brauche das nicht, weil ich etwas kleiner bin als er. In der linken Hand hält Moritz die Pistole. Die Taschenlampe hat er sich zwischen die Zähne geklemmt, weil er sie mit seinem verletzten Arm nicht halten kann.
    Die ganze Situation ist ziemlich spooky, und das wäre sie auch, wenn heute nicht Halloween, sondern Rosenmontag wäre. Moritz atmet so schnell, dass das Licht der Taschenlampe an den Wänden entlanghüpft. Mir geht es auch nicht so besonders, wegen meiner Phobie vor dunklen, engen Räumen. Das erwähnte ich, glaube ich, schon damals im Keller der SonderBar. Ich kann damit umgehen. Das ist alles eine Frage der richtigen Atemtechnik. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn Moritz nicht noch tiefer in das weitverzweigte Höhlensystem vordringen würde.
    Aber den Gefallen tut er mir nicht, und ich muss hinterher. Das ist mein Job. Nach einer gefühlten Stunde, obwohl es wahrscheinlich nur ein paar Minuten waren, erreicht er eine Grotte. Sie ist so groß, dass der Schein der Taschenlampe die Wände kaum erreicht, sondern sich einfach so im Raum verliert. Moritz bleibt stehen und lauscht. Irgendwo ganz in der Nähe rauscht Wasser, sonst ist kein Ton zu hören.
    Bis plötzlich …
    »Ich habe doch gesagt, Höhlen haben etwas Archaisches. Da werden Urängste geweckt, dagegen kann sich niemand wehren.«
    Ich bin mir fast sicher, dass die Stimme zu Hobbe gehört oder zu Dr. Kleiber, oder wie der Mann in Wirklichkeit auch immer heißen mag. Hundertprozentig sicher bin ich mir erst, als er fortfährt: »Das hat mich damals in der Bar schon beeindruckt.«
    Moritz zuckt zusammen. Er leuchtet mit der Taschenlampe in die Richtung, aus der die Stimme kam. Dazu muss er den Kopf drehen, weil die Lampe immer noch zwischen seinen Zähnen steckt. Der Lichtschein fällt auf die Höhlenwände. Doch das Einzige, was dort zu entdecken ist, sind die Namen von Besuchern, die sich mit Edding auf dem Stein verewigt haben. Keine Spur von Hobbe.
    »Wo sind Sie?« Moritz hat die Taschenlampe aus dem Mund genommen, und ich konnte hören, dass er vorher schlucken musste, um überhaupt einen Ton herauszubekommen. Die Lampe hält er jetzt mit der rechten Hand. Das Zittern seines schmerzenden Arms überträgt sich auf den Lichtkegel, der nervös durch den dunklen Raum flimmert.
    »Du hattest immer schon die besten Ideen.«
    Selbst ich kann beim besten Willen nicht sagen, woher die Stimme kommt.
    »Wo sind die anderen?«, ruft Moritz.
    »Welche anderen?«, fragt Hobbe verwundert.
    »Der Junge und das Mädchen, die zwei aus der Geschichte.«
    »Ach, die Liebe«, sagt Hobbe und seufzt übertrieben laut. »Unglückliche Liebesgeschichten sind überhaupt die besten. Keine Sorge, hier sind nur du und ich.«
    »Und Ihre beiden Spürhunde, wo sind die?«
    »Irgendwo in der Nähe einer Autobahnbrücke, nehme ich an. Wenn es wirklich wichtig wird, sollte man niemandem vertrauen. Und das hier ist wichtig.«
    »Warum?«
    »Warum was? Warum wir hier sind? Du und ich? Du, weil du ein viel zu gutes Gewissen hast. Und ich? Rate mal.«
    »Weil Sie meine Geschichte umsetzen wollen. Ich weiß genau, was Sie getan haben.«
    Als Antwort kommt nur ein Lachen. Wenn mich nicht alles täuscht, umkreist Hobbe sein Opfer wie eine Hyäne ihre Beute. Seine Stimme scheint immer wieder aus einer anderen Richtung zu kommen.
    »Oooooh?! Was habe ich denn Böses getan?«
    »Sie haben Pascal töten lassen. Ihn und viele andere.«
    »Der arme Pascal … Ein tragischer Fall von Habgier. Er hat alles gefährdet mit seinen törichten kleinen – oder sollte ich besser sagen, großen? – Nebengeschäften. Und weißt du, was das Beste ist? Die Geschichte mit der Aga-Kröte wird mir morgen schon mein Nachbar erzählen und dabei schwören, dass sie
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