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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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die Pistole, obwohl er nicht die geringste Ahnung hat, wohin er zielen soll. Außerdem …
    »Du musst erst entsichern!«, ruft Hobbe.
    Moritz entsichert seine Waffe. Das dauert eine Weile. Mit seinem rechten Arm kann er nicht richtig zupacken, und im Übrigen hat er keinen Schimmer, wie das mit dem Entsichern überhaupt geht. Endlich hat er den richtigen Hebel gefunden. Weil er die Waffe mit der Linken so verkrampft hält, löst sich ein Schuss. Ich lasse mich flach auf den steinigen Boden fallen, sonst erwischt er mich noch versehentlich, und das wäre nun wirklich ein bisschen absurd.
    Der Hall des Schusses ist gewaltig und schreckt drei Millionen Fledermäuse auf, die kollektiv die Flucht ergreifen. Ihr panisches Flügelschlagen klingt wie ein Orkan, und es dauert eine Weile, bis wieder Ruhe einkehrt.
    »Das würde ich an deiner Stelle nicht machen. Erstens erwischst du mich sowieso nicht, und zweitens habe ich hier überall an den Wänden Dynamit deponiert. Wenn du das triffst, gehen wir beide hoch«, meldet sich Hobbe aus der Finsternis.
    »Das ist gelogen!«, ruft Moritz.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Genau wie bei deinen Geschichten. Man weiß es halt nie so genau.«
    Hobbe genießt die Situation. Im Gegensatz zu Moritz. Und mir, denn auch ich will einfach nur so schnell wie möglich wieder hier raus. Doch das geht nicht, nicht, solange Moritz noch in der Höhle ist. Der dreht sich langsam im Kreis, aber das nützt ihm gar nichts. Wenn Hobbe nicht gesehen werden will, wird er ihn nicht sehen. Das ist mal sicher.
    Plötzlich erleuchtet ein greller Lichtstrahl die Höhle. Das Licht trifft Moritz genau im Gesicht. Er muss den Arm vor die Augen halten, um nicht geblendet zu werden.
    »Für eine Zeit lang warst du für mich tatsächlich fast so etwas wie ein Sohn, und ich war für dich ganz sicher so eine Art Vater. Es hätte so schön sein können mit uns beiden. Ich hab dich gemocht. Wirklich.«
    Die Stimme kommt aus derselben Richtung wie das Licht.
    »Wie war das in deiner Geschichte? Das Pärchen geht an Halloween in die Höhle, sie bricht sich den Knöchel, er will Hilfe holen und verliert dabei seinen Kopf. Richtig?«
    »Fast«, antwortet Moritz, der seine Waffe auf die Lichtquelle richtet.
    »Es muss ja nicht unbedingt ein Pärchen sein. Der Kopf eines einsamen Spinners, den der Wächter morgen früh hier findet, reicht völlig. Das ist zwar nicht ganz so stark wie die Story mit dem TOK , TOK , TOK , passt aber besser zu meinen Plänen.«
    Moritz nimmt die Taschenlampe wieder zwischen die Zähne und die Waffe in beide Hände, obwohl ihm der rechte Arm immer noch höllisch wehtun muss. Dann schießt er auf das Licht. Außer einem lauten Knall und einem gefährlich zischenden Querschläger passiert gar nichts. So, wie Moritz die Waffe gehalten hat, wundert es mich überhaupt nicht, dass er danebengeschossen hat.
    Aber selbst mit einem gesunden Arm und als geübter Schütze hätte er Hobbe dort gar nicht treffen können. Der ist längst woanders. Er hat die Lampe auf einen Vorsprung gestellt, das Nachtsichtgerät zur Seite gelegt und sich von hinten an Moritz herangeschlichen. Das weiß ich, weil ich meine Position ebenfalls verändert habe. In der Hand hält Hobbe einen langen Stock, und als er Moritz erreicht hat, schlägt er ihm damit in die Kniekehlen.
    Moritz knickt sofort ein und geht schreiend vor Schmerz zu Boden. Die Taschenlampe fällt scheppernd auf die Erde, seine Waffe aber hält er weiter fest umklammert. Hobbe lässt den Stock fallen und stürzt sich auf ihn, um ihm die Pistole abzunehmen. Das klappt aber nicht, weil sich Moritz’ Finger um den Griff gekrallt haben. Beleuchtet vom Schein der Lampe, die vor ihnen liegt und die bizarre Szenerie anstrahlt, rollen ihre Körper über den Boden. Hobbe ist im Vorteil. Moritz kann seinen rechten Arm kaum bewegen, und Erfahrung im Kämpfen hat er auch nicht, das erkennt man … Das erkenne ich auf den ersten Blick. Trotzdem hält er sich tapfer und wehrt sich, so gut er kann. Das muss er auch, denn die beiden nähern sich immer mehr einem Abgrund, der nur unzureichend gesichert ist und aus dessen Tiefe das Murmeln des unterirdischen Flusses zu hören ist.
    Ich stehe jetzt keine fünf Meter mehr von ihnen entfernt, aber das merken die zwei natürlich nicht, weil sie viel zu verbissen kämpfen und ich mich außerhalb des Lichtkegels der Taschenlampen bewege.
    »Moritz! Wo bist du? Moritz!« Das ist Anne.
    Ich wusste, dass sie hier auftauchen
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