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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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dran. Ein Reporter steht mit seinem Mikrofon unter einer Autobahnbrücke. Als sein Kameramann aus der Tiefe in die Höhe schwenkt, erkennt man, dass oben das Geländer durchbrochen ist. Das Bild kehrt wieder zurück auf den Boden, wo sich ein roter Sportwagen in die Erde gebohrt hat. Aus dem Wrack qualmt es noch, und eine Menge Feuerwehr und Polizei ist vor Ort, um die Unfallstelle zu sichern.
    »Der Wagen raste vor etwa einer halben Stunde durch das Brückengeländer in den Abgrund. Die Brücke hinter mir ist 130  Meter hoch. Der junge Mann hatte keine Chance. Die Polizei geht davon aus, dass er das Opfer einer neuen Szenedroge geworden ist. Das Sekret der patagonischen Aga-Kröte wirkt ähnlich wie LSD , wenn man es vom Rücken der Amphibien ableckt. In der Jackentasche des Mannes fand die Polizei eine dieser Drogenkröten, die auf wundersame Weise den Unfall überlebte.«
    Der Reporter hält einen Käfig in die Höhe, in dem eine Kröte sitzt, die gut gelaunt in die Kamera quakt.
    Moritz starrt fassungslos auf den Bildschirm. Und ich muss zumindest anerkennen, dass Hobbe und seine beiden Schwulen, die keine sind, ziemlich schnell und effektiv sind. Sie haben Pascals Exekution genutzt und dabei gleich noch eine neue Story in die Welt gesetzt. Die Augen des Tankwarts hinter seiner Maske folgen neugierig Moritz’ Blick.
    »Pfui Teufel, Krötenschleim! Manche spinnen wohl mehr als andere.«
    Moritz achtet gar nicht auf den Mann. Er ist leichenblass.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    Moritz schreckt auf. »Doch, doch, alles in Ordnung. Ich habe es nur eilig.«
     
    Während ich fahre, habe ich ein Auge auf die Straße, das andere checkt die Kamerabilder auf dem Monitor meines Laptops, der auf meinem Schoß steht.
    Anne trägt ihren Krankenschwesternkittel und betritt gerade einen Operationssaal. Sie wirkt fahrig, und ihre Augen sind immer noch rot, das erkennt man trotz der weißen OP -Maske, die sie vor dem Gesicht trägt. Auf dem Tisch liegt jemand. Weil er oder sie fast vollständig unter einem grünen Tuch verborgen ist, kann man nicht erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau ist.
    »Ah, Anne, da bist du ja. Siehst müde aus«, begrüßt eine Kollegin sie.
    »Geht schon. Was hat sie denn?«, fragt Anne und zeigt auf den Körper, der vor ihr liegt. Also doch eine Frau.
    »Seltsame Geschichte. Sie ist auf der Straße gefunden worden. Mit aufgeschnittenem Bauch und einer Niere weniger. Professionelle Arbeit.«
    »Was sagst du?«
    »Vor der Narkose ist sie kurz zu sich gekommen. Das Letzte, an das sich die Kleine erinnern konnte, war, dass sie mit so einem Typen mitgegangen ist, der ihr seine Espressotassensammlung zeigen wollte. Danach weiß sie nichts mehr.«
    Wenn Denken Geräusche machen würde, wäre es in dem OP jetzt laut wie in der Einflugschneise eines Flughafens. Ich kann dabei zuschauen, wie es in Annes Kopf arbeitet, wie sich eins zum anderen fügt und wie plötzlich die Möglichkeit in ihrer Vorstellung entsteht, dass Moritz die Wahrheit gesagt hat, so unwahrscheinlich die auch klingen mag.
    »Ich muss weg!«, erklärt Anne, als sie sich entschieden hat, wem sie glaubt. »Kann ich deinen Wagen haben? Der Schlüssel ist bei dir in der Tasche, oder?«
    Ehe ihre Kollegin antworten kann, stürmt Anne aus dem OP und zieht sich schon im Laufen den Kittel aus.
    »Du kannst mich doch hier nicht so stehen lassen! Komm zurück! Anne!« Die Kollegin starrt ihr nach, und als sie erkennt, dass das nicht geschehen wird, ruft sie: »Aber fahr vorsichtig! Der Wagen ist neu! Und schick mir verdammt noch mal Ersatz!«
    Anne antwortet nicht. Sie ist längst auf dem Flur und unterwegs nach … wohin wohl?!

31 / 10 / 2015  – 21 : 31  Uhr
    Moritz hat sein Ziel bereits erreicht. Er ist mit dem Wagen so weit in den Wald gefahren, bis er an einer Schranke nicht mehr weiterkommt. Er steigt aus, und ich parke in einem Seitenweg hinter einem Stapel gefällter Baumstämme.
    Es ist schon dunkel, aber der Weg ist nicht schwer zu finden. Ich brauche nur dem Flackern von Moritz’ Taschenlampe zu folgen. Es ist derselbe Weg, den er schon mit Anne gegangen ist. Damals, als er mit ihr auf dem Geburtstag seines Vaters war. Moritz hat heute nicht angehalten, um seinen Eltern kurz Hallo zu sagen, und das finde ich in seiner Lage durchaus verzeihlich.
    Der milde Herbst hat sich verabschiedet, es ist kühl, nass und windig geworden. Der Weg liegt voller roter Blätter, die von den Bäumen geweht worden sind. Bei dem Hinweisschild, das den Weg
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