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Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower

Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower

Titel: Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower
Autoren: C. S. Forester
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1. Kapitel
    Der Januarsturm fegte von Westen her durch den englischen Kanal, er orgelte in der Takelage und jagte immer wieder schwarze Regenböen vor sich her. Dann prasselten die schweren Tropfen jedesmal laut auf das Ölzeug der Offiziere und Mannschaften nieder, die der unerbittliche Dienst an Deck festhielt. So hart und so lange hatte der Sturm bereits getobt, daß sogar das mächtige Linienschiff, das in den geschützten Gewässern des Spithead vor Anker lag, etwas von seiner Gewalt verspürte. Es gierte unruhig hin und her, stampfte sogar ein wenig in der kurzen, steilen See und ruckte zuweilen mit einem unerwarteten Stoß in seine brechend steifen Ankertrossen. Jetzt näherte sich von Land her ein fremdes Boot, zwei wetterfeste Frauengestalten trieben es mit ihren Riemen kräftig voran, obwohl es in dem kabbligen Seegang wild auf und nieder tanzte und manchmal sogar die Nase so weit wegsteckte, daß der Gischt von vorn bis achtern flog. Die beiden Ruderinnen verstanden sich offenbar ausgezeichnet auf ihr Geschäft. Mit raschen Blicken über die Schulter hielten sie ihr Fahrzeug nicht nur auf Kurs, sondern drehten es überdies jedesmal mit dem Bug geschickt gegenan, wenn eine besonders üble See herangerollt kam, damit es nicht in Gefahr geriet zu kentern. Allmählich kam das Boot der Justinian immer näher und hielt schon auf deren Steuerbordgroßrüsten zu, als es vom Fähnrich der Wache angerufen wurde.
    »Aye, aye!« gab das Frauenzimmer am Schlagriemen mit gewaltiger Lungenkraft zur Antwort. Nach einer seltsamen, uralten Überlieferung in der Marine bedeutete das, daß sich in dem Boot ein Offizier befand. - War damit etwa gar jenes zusammengekauerte Etwas im Heck des Bootes gemeint, das sich ausnahm wie ein Häufchen Elend unter einer Persenning?
    Mehr konnte Mr. Masters, der Wachhabende Offizier, einstweilen nicht erkennen. Er barg sich in Lee des Kreuzmastes so gut es ging vor dem Regen, das Boot aber ging auf die Anweisung des Fähnrichs der Wache an den Großrüsten längsseit und kam ihm deshalb aus Sicht. Jetzt geschah eine ganze Weile nichts. Wahrscheinlich fiel es dem Offizier im Boot ein wenig schwer, an der Bordwand hochzuklettern. Endlich erschien das Boot wieder in Masters' Gesichtsfeld, die Frauen hatten wieder abgelegt und setzten nun ein winziges Luggersegel, unter dem das Boot in fliegender Fahrt in Richtung Portsmouth davonjagte und dabei wie ein Rennpferd über die ablaufenden Seen sprang. Als sich das Fahrzeug schon ein ganzes Stück entfernt hatte, bemerkte Mr. Masters, daß jemand das Achterdeck betrat und auf ihn zukam. Es war der Neuankömmling in Begleitung des Fähnrichs der Wache.
    Er sah dem Nähertretenden erwartungsvoll entgegen. Dieser war offenbar noch sehr jung, wahrscheinlich kaum erst dem Knabenalter entwachsen, auffallend hager und etwas über mittelgroß. Nur die Füße waren anscheinend dem Wachstum vorausgeeilt, was dadurch besonders ins Auge fiel, daß seine allzu dünnen Beine in großmächtigen Halbstiefeln staken. Der junge Mann bewegte sich so linkisch und ungeschickt, daß man unwillkürlich auf seine Ellbogen und Hände achtete. Er trug eine schlechtsitzende Uniform, die vom Spritzwasser ganz durchnäßt war, aus dem hohen Kragen ragte ein dünner Hals, und darüber blickte einem ein bleiches Gesicht entgegen, das nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien. So ein Blaßgesicht war an Bord eines Kriegsschiffes ein seltener Anblick, weil hier Sonne und Wind die Haut der ganzen Besatzung in kürzester Zeit mahagonibraun gerbte. Aber war das denn gewöhnliche Blässe? Nein, die hohlen Wangen zeigten verräterische grüne Schatten - kein Zweifel, der Junge war auf der Bootsfahrt eben richtig seekrank geworden. In seinem blassen Gesicht brannten ein paar dunkle Augen, sie wirkten durch den Farbkontrast wie schwarze, ausgeschnittene Löcher in einem weißen Bogen Papier. Masters fielen diese Augen auf, weil sie der junge Mensch trotz seiner Seekrankheit unermüdlich umherwandern ließ, um jede Einzelheit einer Umgebung in sich aufzunehmen, die ihm offensichtlich neu war.
    In diesen forschenden Augen verriet sich eine unbändige Wißbegierde, die sogar stärker war als alle Menschenscheu und als das Elend der Seekrankheit.
    Der Blick der dunklen Augen heftete sich an Masters, die schlaksige Gestalt nahm Haltung an und hob mit selbstbewußter Gebärde die Hand zur Krempe des wassertriefenden Hutes. Der Junge öffnete den Mund, um etwas zu sagen, klappte ihn dann aber
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