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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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sie gemeinsam gesehen. Ihre Familie wusste von ihrer Beziehung. Pischello fühlte aufrichtiges Bedauern. Ihm wäre ein anderes Finale lieber gewesen, aber jetzt war es zu spät. Noch am selben Abend rief er vom Flughafen ihren Vater an und versuchte ihm zu erklären, dass es sich um einen verdammten Unfall handelte. Eine Woche später bestieg er in Amsterdam ein Schiff nach Kenia.
    Alle suchten Freddo. Carlo Buffoni fand Gigio.
V.
    Freddo ließ den Hörer fallen und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Am liebsten hätte er geweint. Aber er konnte nicht. Nicht hier, nicht vor den reichen Südamerikanern und den europäischen Touristen, die das
Paloma Blanca
bevölkerten und sich die in kräftigem chilenischen Wein getränkte Lasagne schmecken ließen. Nicht vor Roberta, die lächelnd Bestellungen entgegennahm und mit den Stammgästen scherzte. Cerino hob den Kopf von den Rechnungsbüchern und stellte ihm eine stumme Frage.
    – Ich gehe nach Hause, sagte er, wir sehen uns morgen.
    Seine Mutter hatte am Telefon geheult, bis ihr der Atem ausgegangen war. Sie hatten Gigio halb verbrannt im Wrack einer Alfetta gefunden, unter dem Ponte Mammolo. Nero sagte, man hatte ihn in Gesellschaft von Carlo Buffoni gesehen. Aber unter Eid hätte er das nicht geschworen. Seine Mutter hatte ihn verflucht. Freddo ging in der milden Nacht nach Hause und wich den Betrunkenen aus, die Lieder sangen und die Flaschen klirrend gegen die alten, von Rissen durchzogenen Mauern von Managua schlugen. Freddo stellte sich die Szene vor. Gigio flehte um Gnade, Carlo hob das Messer und stieß es dem Lamm ins Herz. Freddo hatte kein Mitleid mit Aldo gehabt und nun zahlte man es ihm in gleicher Münze heim. Bruder, mein Bruder, und ich habe mich nicht einmal von dir verabschieden können!
    Er torkelte zum Bett, über dem ein großes Moskitonetz hing, und ließ sich auf das frische, nach Lavendel duftende Laken fallen. Die Hausangestellten ahnten, dass dicke Luft war, denn er hörte sie nicht kommen und gehen wie immer und sie kreischten auch nicht aufgeregt herum wie sonst. Er bekam Schüttelfrost. Kalten Schweiß. Der Arzt sagte, kein Grund zur Sorge. Noch nicht jedenfalls. Aber man musste aufpassen. Freddo spürte jedoch, wie die Lymphknoten Tag für Tag größer wurden. Sie wurden größer und eines Tages würden sie platzen. Das infizierte Blut, das er sich injiziert hatte, um dem Knast zu entkommen, war in seine Blutbahn eingetreten. Seit einem Jahr benutzten er und Roberta ein Präservativ. Andere Frauen hatte es nicht gegeben. Würde es nie geben. Aber warum war Gigio zurückgekehrt? Das Telefon läutete. Dolores kam. Jemand wollte Herrn Alvarez sprechen. Freddo schickte sie mit einer entschlossenen Geste weg. Señor Alvarez. So nannten sie ihn jetzt. Er hatte Alves, Neto und Tabarron geheißen. Er hatte Spanisch und Portugiesisch gelernt. Er war sechs Monate mit Baffo di Ghisa an der Frontera gewesen und hatte die Koksausfuhr überwacht. Aber er hatte bald festgestellt, dass das nicht sein Ding war. Und hatte aufgehört. Er hatte ein paar alte Freunde von Nero getroffen. Folterknechte, die mit ihren schwarzen Schnurrbärten, verspiegelten Sonnenbrillen und einem Haufen aidskranker Putas im Schlepptau von Diktatur zu Diktatur zogen. Sie hatten keinen Gefallen aneinander gefunden. Sie erinnerten Roberta an die Totenschädel auf den Flaggen der Piraten. Jetzt besaß er ein Restaurant und offizielle Papiere, die ihm Cerino im Namen der alten Solidarität mit den Sandinisten beschafft hatte. Später hatte Cerino wirklich versucht, sich umzubringen. Sie hatten ihn gerettet, aber er hatte die Sprache verloren. Er führte das Restaurant gemeinsam mit ihm und Roberta. Mit Roberta hatte es nie Probleme gegeben. Nur einen Streit vor vielen Jahren. Ein Exilchilene war ins
Paloma
gekommen. Ein kleiner, pausbäckiger Typ. Er sagte, er sei Schriftsteller.
    – Was für ein Buch schreiben Sie, hatte Roberta gefragt.
    – Die Geschichte von der Freundschaft zwischen einer Katze und einer Möwe. Die Katze zieht die kleine Möwe auf, und die Möwe glaubt, ebenfalls eine Katze zu sein. Da gibt die Katze ihr zu verstehen, dass eine Möwe keine Katze sein kann. Und lehrt sie zu fliegen.
    Roberta hatte ein verträumtes Gesicht gemacht und angeboten, den Chilenen und seine Gefährtin zum Essen einzuladen, später hatte Freddo zu ihr gesagt, dass die Geschichte mit der Katze weder Hand noch Fuß hatte.
    – Du hast keine Ahnung. Du bist ein Tier.
    – Nun komm
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