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Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Titel: Rolf Torring 098 - Indische Märchen
Autoren: Hans Warren
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war, und gab die Mitteilung heimlich an Balling weiter.  
      Fürst Ralingo war heute sehr heiter und aufgeräumt. Vielleicht machte es der Besuch des Lords. Lachend bat er um Gehör und sagte:  
      „Meine Herren, ich bin heute in sehr freudiger Stimmung. Durch die Herren Torring und Warren ist es mir gelungen, ein neues indisches Märchen zu entdecken. Ich werde es Ihnen gleich erzählen."  
      Er begann, seine eigene Lebensgeschichte zu berichten, ohne jedoch Namen zu nennen. Er sprach davon, daß ein Vetter einem Verwandten ein indisches Gift eingegeben hätte, langsam, portionsweise sozusagen, wodurch dieser allmählich geisteskrank geworden sei. Der Verwandte erbaute sich mitten im Dschungel ein Märchenschloß mit allem indischen Prunk. Der Vetter wollte den Verwandten beerben, möglichst bald, und sann darauf, wie er ihn verderben könnte. Da erschien dem Geisteskranken eine Fee, die ihm Heilung versprach. Wirklich brachte sie ihm ein Mittel. Er nahm sechs Tropfen davon mit dem Frühstück und war wieder gesund und bei normalen Geisteskräften. Den Vetter aber ereilte sein Geschick.  
      Einige Minuten schwieg Lord Henry. Sein Vetter sah ihn groß an, der Fürst sagte:  
      „Ist das nicht ein schönes Märchen? Warum isst du nicht weiter, James? Ist an der Geschichte etwas unklar?"  
      James Sullbareck war kreideweiß geworden. Er blickte von einem zum andern. Als Rolf ihn fest ansah, fuhr der Engländer wütend in die Höhe:  
      „Sie scheinen dem Fürsten ein sehr merkwürdiges Märchen erzählt zu haben. Was beabsichtigen Sie damit?"  
      „Das Märchen ist wahr," entgegnete Rolf. „Sie sollten es besser kennen als wir."  
      „Was wollen Sie damit sagen, Herr Torring?" fuhr James Sullbareck noch einmal auf.  
      „Ich bin nicht mehr geisteskrank, lieber Vetter," antwortete Lord Henry für Rolf. „Ich habe auch nichts mehr von dem Gift zu mir genommen, das du heute wieder für mich bereithieltest. Mit Hilfe meiner neuen Freunde bin ich inzwischen völlig gesund geworden. Aber ich habe erkannt, wie heimtückisch du an mir gehandelt hast, und danach meinen Entschluß gefaßt.  
      Du wolltest dich in den Besitz meines Vermögens setzen, hast meinen langsamen, aber sicheren Tod vorbereitet. Ein gütiges Geschick hat mich vor der Mordabsicht bewahrt. Der alte Inder, von dem du dein Gift bezogen hast, ist von den Herren entlarvt worden. Ich müßte dich eigentlich den Gerichten übergeben, aber ich möchte den Namen Sullbareck schonen. Deshalb habe ich mir eine andere Strafe für dich ausgedacht. Jetzt sollst du ein Jahr lang den Geistesgestörten in dem Märchenschloß spielen."  
      „Ich soll hierbleiben?!" begehrte Lord James auf. "Ich — als dein Gefangener? Das kommt nicht in Frage! Du kannst mir nichts beweisen, Henry!"  
      „Doch, James!"  
      „Willst du mir jetzt das Gift geben?"  
      „Du hast die erste 'Medizin' schon genommen, James! In wenigen Minuten wird sie ihre Wirkung tun. Drei Tropfen enthielt der Fasan, von dem du allein gegessen hast."  
      Gellend schrie James Sullbareck auf. Er wollte etwas sagen. Da brach seine Stimme. Ohnmächtig sank er zusammen. Das Gift hatte seine Wirkung getan.  
      Lord James wurde von einigen Dienern, die Lord Henry vorher genau instruiert hatte, hinausgetragen. Wir gingen in den Garten, wo Lady Ellen auf uns wartete.  
      Für den Nachmittag hatten wir uns noch einen Wagen bestellt und fuhren gemeinsam nach Manipur. Auch Maha nahmen wir mit. Lord Henry Sullbareck wollte auf schnellstem Wege mit seiner Schwester auf seine schottischen Besitzungen zurück. Von den »indischen Märchen" war er geheilt.  
      In Manipur fuhren wir zuerst zu Professor Reuter. Lord Henry hatte eine Unterredung unter vier Augen mit ihm, die für alle Teile befriedigend gewesen sein muß, denn noch am Abend gab der Lord im kleinen Kreise bei einer Feier im Hotel die Verlobung seiner Schwester mit dem Professor bekannt.  
      Drei Tage blieben wir mit den glücklichen Menschen zusammen. Obwohl wir heftig widersprachen, ließ es sich der Lord nicht nehmen, unsere Reisekasse beträchtlich aufzufüllen.  
      Als Lord Henry mit seiner Schwester und dem deutschen Professor den Wagen bestieg, um zum nächsten größeren Hafen zu fahren, wo er sich nach Europa einschiffen wollte, machten wir uns nach herzlichem Abschied schon wieder bereit, unseren Weg durch alle Länder der Erde fortzusetzen.  
     
      Wir fuhren nach Singapore. Dort
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