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028 - Arena der Götter

028 - Arena der Götter

Titel: 028 - Arena der Götter
Autoren: Jo Zybell
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Es roch nach Teer, Schweiß und Urin. Ihr dunkles Gefängnis schaukelte auf und ab. Einige der kleineren Kinder weinten leise vor sich hin. Andere stöhnten im Schlaf. Die älteren waren wach. Alle. Sie saßen an den Wänden, um mit ihren steifen Rücken die Kälte von den Jüngeren fernzuhalten. Fast jeder von ihnen drückte einen oder zwei der kleinen Körper an sich.
    Sie lauschten in die Dunkelheit. Borisaas ballte die Fäuste so fest, dass seine Fingernägel sich in die Handballen bohrten. Die Anspannung trieb seinen Herzschlag an.
    Nicht dem dumpfen Brausen des Meeres auf der anderen Seite der Bordwand lauschten sie. Nicht den Schritten und fremden Männerstimmen über ihnen. Auch nicht dem Gewimmer der Kleinen und dem für sie unerklärlichen Stampfen. Sie lauschten auf ein Wort von Suljaana. Oder besser: Ihrem Schweigen. Denn noch blieb Suljaana stumm.
    »Entscheide dich endlich…« Borisaas beugte sich in die Richtung, aus der er ihre Atemzüge hören konnte. Hastige, ein wenig rasselnde Atemzüge. »Wirst du es tun?« Er sprach mit leiser eindringlicher Stimme.
    Niemand außer ihm konnte es wagen, Suljaana diese Frage zu stellen - Suljaana war die Tochter der obersten Priesterin der Dreizehn Inseln. Und mit ihren vierzehn Wintern die Älteste unter den siebenundfünfzig verschleppten Kindern und Halbwüchsigen. Nur Borisaas - er hatte dreizehn Winter gesehen - konnte es an Klugheit und Stärke mit ihr aufnehmen. Die anderen akzeptierten beide, als wären sie schon kampferprobte Jungkrieger. »Suljaana!«, zischte Borisaas. »Sie werden dich gleich holen! Ich frage dich wirst du es tun?!« Er hätte auch fragen können, ob das Mädchen gleich oder erst später sterben wollte. »Ja…« Die zitternde Stimme Suljaanas aus der Dunkelheit. Allen, die wach waren, stockte der Atem. Nicht nur, weil sich die Angst in Suljaanas Stimme auf sie übertrug - normalerweise zitterte sie nicht, Suljaanas Stimme! Es waren vor allem ihre Fantasien über die Folgen von Suljaanas Antwort, die ihnen lähmendes Entsetzen durch die Glieder jagte.
    »Ja«, wiederholte Suljaana, diesmal mit festerer Stimme. »Ja, ich werde es versuchen.«
    »Gib ihr den Nael, Dolwuunas«, flüsterte Borisaas. Er sah den Jungen neben sich nicht, aber dessen Ellbogen berührte ihn, während er den Nagel unter seinem Fell hervorkramte. Ein langer rostiger Nagel - ein kleines Mädchen hatte ihn zwischen ein paar leeren Fässern in ihrem Gefängnis hier unter Deck gefunden.
    Und an den eisernen Fassreifen hatte Borisaas seine Spitze zugeschliffen. Tagsüber, wenn das Stampfen aus dem Schiffsrumpf besonders laut war.
    Dolwuunas Hand streckte sich aus, und Suljaana tastete nach ihr. Bis sie den Nagel berührte. Sie schälte sich aus ihrem Fellmantel und steckte ihn zwischen den Lendenschurz und die Haut ihres Gesäßes. Kalt und spitz fühlte er sich an.
    Danach sprach keiner mehr ein Wort. Lange nicht. Jeder wusste, was zu geschehen hatte, wenn Suljaana zurück kam. Falls sie zurück kam. Borisaas hatte seinen Plan wieder und wieder erklärt. Bis auch der Ängstlichste unter ihnen begriffen hatte.
    Schließlich erklangen Schritte auf der Stiege vor der Tür des Lagerraums. Männerstimmen, raues Gelächter - wie schon in den beiden Nächten zuvor. Wie ein Fiebertraum fiel die Erinnerung über Suljaana her. Ihr abgemagerter, hoch gewachsener Körper versteifte sich, erschauderte.
    Selbst das Schluchzen der kleinen Kinder verstummte. Nur ein dünnes Stimmchen erhob sich plötzlich aus der Dunkelheit. »Wudan geht mit dir, Suljaana, Wudan wird helfen…« Dann das Scharren des Eisenriegels. Die Tür wurde aufgerissen.
    Die Umrisse von vier Nordmännern wurden sichtbar. Einer hielt eine Öllampe in den dunklen Raum. Ihr Lichtschein fiel auf die eng aneinander gekauerten Gestalten. Ein zweiter Mann drängte sich an ihm vorbei. Sein Schatten legte sich auf die jungen Gefangenen, seine Peitsche weckte schlafende Kinder auf.
    Die am Boden zusammengekrümmten Körper zuckten zusammen, schreckten hoch und wichen den Stiefeln des Mannes aus. Eine Gasse bildete sich.
    An ihrem Ende, an der Wand, die der Tür gegenüber lag, saß Suljaana. Die Schultern hochgezogen, die Augen weit aufgerissen, die geballten Fäuste gegen die Brust gepresst sah sie ihm entgegen.
    Der Mann beugte sich wortlos zu ihr herunter. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen. Er packte sie am Handgelenk, zog sie hoch und zerrte sie hinter sich her. Vorbei an dem Lampenträger. Dessen Gesicht lag
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