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Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Titel: Rolf Torring 098 - Indische Märchen
Autoren: Hans Warren
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      1. Kapitel Eine „kleine" Überraschung  
     
    „Sie mögen sagen, was Sie wollen, Herr Torring, ich bleibe bei meiner Behauptung: in Indien gibt es noch Wunder, die wir als Europäer nicht erklären können."
      Professor Reuter, ein großer, hagerer Deutscher, den wir in Manipur im englischen Club kennen gelernt hatten, war etwas aufgeregt, da Rolf bei seiner Meinung blieb, daß es keine Wunder gäbe, daß sie vielmehr alle auf natürliche Art erklärt werden könnten.  
      „Ich könnte Ihnen von eigenen Erlebnissen berichten, Herr Torring, die so wunderbar anmuten, daß sie mir kein Mensch glauben würde. Ich bin Professor der Zoologie, Spezialist auf dem Gebiete der Insektenkunde — deshalb bin ich zu Studienzwecken nach Indien gekommen —, aber ich habe meine Studien mindestens vorübergehend zurückgestellt, da mich hier etwas interessiert, brennend interessiert, für das ich keine Erklärung finde. Wenn Sie mich aber nach dem ,Was' fragen, kann ich Ihnen leider keine Antwort geben, ich habe das Versprechen gegeben, niemandem etwas von meinem Erlebnis zu erzählen. Vielleicht und unter gewissen Voraussetzungen würde ich das Versprechen jedoch brechen, wenn ich nicht die Hoffnung hätte, das Wunder noch einmal zu schauen."  
      Rolf erwiderte nichts, er zuckte nur die Schultern hoch, als wolle er sagen, daß jeder seinen Glauben behalten müsse, er persönlich nehme keinen Anteil mehr an dem angeblichen Wunder.  
      Ich selber hätte den Professor gern weiter ausgefragt, zumal er nahe daran war, das Versprechen, das er gegeben hatte, zu brechen und von dem Wunder, das er geschaut haben wollte, zu reden, da Rolf sich aber so ablehnend verhielt, unterließ ich es und unterhielt mich weiter mit Balling, der mit uns nach Manipur gekommen war.  
      Der Professor zog die Stirn in Falten, ihn schien Rolfs tatsächliche oder vorgespielte Gleichgültigkeit zu ärgern. Plötzlich jedoch erhellten sich seine Züge wieder, und ohne das vorangegangene Gespräch weiter zu berühren, fragte er Rolf, wie lange wir in Manipur zu bleiben gedächten.  
      „Das kann ich Ihnen noch nicht genau sagen, Herr Professor," antwortete Rolf. „Vielleicht zwei Tage. Wir wollen uns die Stadt ansehen und das Leben hier kennen lernen. An sich sind wir nur auf der Durchreise hier."  
      Der Professor dachte einige Sekunden nach, dann sah er Rolf offen an und sagte:  
      „Sehen Sie sich doch mal die Umgegend von Manipur etwas genauer an, Herr Torring! Da gibt es viel Sehenswertes! Im Norden der Stadt zum Beispiel stoßen Sie an ein dichtes Dschungelgebiet, durch das ein schmaler Pfad hindurchführt. Ich bin ihn oft gegangen, als ich noch auf Insekten jagte. Nach einem Marsch von einer knappen Stunde kommen Sie auf eine Lichtung, die so herrlich ist, daß Sie den Weg nicht bereuen werden. Tiger oder andere Raubtiere gibt es allerdings dort nicht; Sie werden also kein Jagdabenteuer erleben können. Dafür können Sie sich in aller Ruhe an der landschaftlichen Schönheit erfreuen. Ich habe an dem Weiher, der an der Lichtung liegt, oft lange ausgeruht und das Treiben der Insekten beobachtet. Gehen Sie morgen nach dem Mittagessen dorthin! Ich kann Ihnen nur sagen, daß Sie es nicht bereuen werden."  
      „Das können wir machen, Herr Professor. Mein Freund Hans hat auch stets reges Interesse für die Kleintierwelt. Und landschaftliche Schönheiten genießen wir beide gern. Ich meine nur, gerade in den ersten Nachmittagsstunden ist es recht heiß für einen solchen Ausflug."  
      „Auf dem Dschungelpfad spüren Sie nichts von der Hitze. Die ersten Nachmittagsstunden sind die schönsten in diesem Gebiet."  
      „Wir werden Ihren Rat befolgen, Herr Professor. Kommen Sie mit, Herr Balling?"  
      Balling, ein kleiner, etwas rundlicher Herr, ein ausgezeichneter Großwildjäger und ein Meisterschütze, den wir in Chirang getroffen hatten und der mit uns nach Manipur gereist war (siehe Band 97: „Gefährliche Feinde"), schüttelte den Kopf.  
      „Ich interessiere mich für Großtiere, Herr Torring. An Insekten nehme ich weniger Anteil. Außerdem ist es mir zu heiß," lächelte er sein verlegenes Lachen, das ihn kennzeichnete, da es immer wieder auf seine Gesichtszüge trat, auch wenn es sich um Dinge handelte, die keineswegs zum Lachen reizten.  
      Der Professor schien recht zufrieden, daß Balling es ablehnte, uns zu begleiten. Ich wunderte mich im stillen, daß Rolf versprach, den Ausflug zu
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