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Rolf Torring 081 - Der Ganges-Dämon

Rolf Torring 081 - Der Ganges-Dämon

Titel: Rolf Torring 081 - Der Ganges-Dämon
Autoren: Hans Warren
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auf:  
      „Herr Warren, Sie können sich nicht vorstellen, wie schmerzlich es mir ist, daß Ihr Freund ein solches Ende gefunden hat. Wenn wir ihn doch wenigstens rächen könnten!"  
      Ja, wenn wir das könnten! Mit bloßen Fäusten hätte ich mich auf die Chinesen gestürzt. Aber wir waren ja wehrlos und gefesselt! Trotzdem beschloß ich, den ersten, der mir zu nahe kommen würde, mit den gefesselten Beinen fortzuschleudern, etwa so, wie es Pongo mit Jang-Se vorgemacht hatte. Mochten die Chinesen dann mit mir machen was sie wollten!  
      Ich richtete mich etwas empor. Der große Chinese mußte ja dicht an mir vorbeikommen, wenn er aus dem Gang zurückkehrte. Dann sollte er meinen Haß und meine Verachtung zu spüren bekommen!  
      Aus dem Gang erklang ein unbestimmbares, verworrenes Geräusch. Erstickte Rufe schienen es zu sein! Dann hörte ich deutlich, wie ein schwerer Körper ins Wasser fiel. Wieder ein unterdrückter Schrei! Er brach ab, ehe er sich voll entwickelt hatte. Dann war alles still.  
      Sollte Pongo von den Chinesen in den Schacht gestürzt worden sein, weil er Jang-Se kampfunfähig gemacht hatte, um ihm eine besondere Bestrafung zuteil werden zu lassen?  
      Oder ???  Nein, das konnte kaum sein! Oder doch? Hatte Pongo eine seiner kühnsten Taten vollbracht und die Diener überwältigt? Aber er war ja ebenso schwer mit Draht gefesselt wie wir. Aus dieser Fesselung würde auch er sich nicht befreien können!  
      Die Chinesen am Tisch waren aufgesprungen. Sie starrten nach der Tür. Etwas Ungewöhnliches mußte auf jeden Fall geschehen sein. Das wurde mir von Sekunde zu Sekunde deutlicher. Aber schließlich waren es ja vier Diener, der Anführer und der lange Chinese gewesen! Gegen sie konnten zwei Gefesselte nichts ausrichten.  
      Ich erwischte mich dabei, wie ich wieder mit dem Gedanken spielte, daß es Pongo gelungen sein könnte, sich zu befreien. Nicht daß ich ohne Rolf weiterleben wollte! Aber wenn Pongo das Meisterstück fertig gebracht hätte, die Chinesen zu überwältigen, konnten wir wenigstens Rache an ihnen dafür nehmen, daß Rolf nicht mehr unter uns weilte.  
      Aus dem Gang drang ein schwaches Geräusch zu uns. Jetzt brachten die Diener wohl Pongo und Lorry zurück.  
      Die Chinesen am Tisch schienen durch das leise Geräusch beruhigt worden zu sein. Sie nahmen wieder Platz. Sie verrieten nicht ein Jota Neugierde. Typisch asiatisch! Menschen, die um schnöden Gewinns willen andere Menschen von Krokodilen zerreißen lassen, werden ihre Gefühle nie offen zeigen. Ich aber wartete gespannt. Rächen mußte ich mich, wenn es auch nur durch den bewußten Fußtritt war, den ich dem großen Chinesen, dem „Ringer" versetzen wollte.  
      Der große Chinese betrat den Raum. Als er sich mir näherte, richtete er seine Augen scharf auf mich, als wenn er mich durchbohren wollte, beugte sich etwas nieder, als er ganz nahe war und — flüsterte mir ein Wörtchen zu:  
      „Hans!"  
      Ich stand wie vom Donner gerührt Diese Stimme! Mein Name! War ich vor Gram schon dem Wahnsinn nahe? Litt ich bereits an Gehörstörungen?  
      Fassungslos starrte ich ihm nach.  
      Der große Chinese trat an den Tisch heran, blickte sich nach der Tür um und hob blitzartig die rechte Hand in Brusthöhe. Die Hand hielt eine schwere Pistole, die auf die Chinesen am Tisch gerichtet blieb.  
      „Das Spiel ist aus, meine Herren!" sagte er ruhig, sicher und laut. „Der Anführer, der ,Ringer', liegt im Schacht, in den ich gefallen sein sollte. Der Sieger war nicht er. Aber ich habe mir erlaubt, seine Rolle eine kurze Zeit weiterzuspielen, um Sie, meine Herren, entlarven zu können."  
      Die Gestalt nahm das seidene Käppi und die Gesichtsmaske ab. Rolfs Gesicht kam zum Vorschein.  
      Die Chinesen am Tisch waren wie zu Eissäulen erstarrt. In der auf den Gang führenden Tür stand Pongo. Er hielt ein langes Messer wurfbereit in der rechten Hand, In der linken Hand hatte er drei in Reserve.  
      Jetzt erst begriff ich, was da vor sich gegangen war. Rolf war angegriffen worden, hatte seinen Gegner im Kampfe getötet, sich der Kleider des Besiegten bemächtigt, sie angezogen und den Körper des Chinesen sowie seine eigenen Sachen in den Schacht geworfen. Dann hatte er sich — ohne zu sprechen — unter die Chinesen gemischt, hatte vielleicht ein paar Brocken Englisch gemurmelt und wahrscheinlich große Ehren eingeheimst, daß es ihm gelungen war, Rolf Torring zu besiegen.
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