Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Titel: Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant
Autoren: Hans Warren
Vom Netzwerk:
verbeugte sich vor dem Alten und sagte:
    „Mongkut, hier bringe ich Freunde, die des Rates bedürfen."
    Zu unserem Erstaunen erwiderte der Siamese in tadellosem Englisch:
    „Ihre Freunde, Herr Hoddge, sind auch die meinen. Sie haben verhindert, daß ich jetzt bereits ins Nirwana ging. So glaubte ich, daß der Erhabene mich durch ihre Hand geschützt hat, damit ich ihnen helfen kann."

    Er musterte uns langsam und eindringlich. Rolf und mir nickte er zu, als wollte er sagen, daß wir ihm gut gefielen. Als er Frau von Valentini betrachtete, zogen sich seine Augen sekundenlang zusammen, dann senkte er den Kopf und murmelte:
    „Die Memsahib ist es, die meinen Rat und meine Hilfe will. Sie möge mir erzählen, was ihre Seele bedrückt." Frau Ellen kniete vor dem Alten nieder, blickte ihn mit ihren wunderbaren Augen zwingend an und sprudelte ihr Leid heraus. Ich hatte währenddessen Zeit, den Alten zu betrachten. Er trug nur ein gelbes Hüfttuch, das bis zu den Knien reichte. Sein Oberkörper war von erschreckender Magerkeit, jede Rippe, jeder Knochen trat aus der Bronzehaut wie gemeißelt hervor. Doch man vergaß diesen Anblick, wenn man die gütigen, großen Augen sah, auf deren dunklem Grund goldene Lichter zu spielen schienen.
    Mit unbeweglicher Miene lauschte er dem aufgeregten Bericht der jungen Frau. Als sie das rote Seidenstück erwähnte, zog er die weit geöffneten Augen sekundenlang zusammen, aber in seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Minutenlang saß er sinnend da, als Frau Ellen schwieg, dann streckte er die Hand aus und sagte nur: „Wo ist das Seidenstück?"
    Frau von Valentini zog es aus der Tasche ihres Jacketts. Kaum hatte Mongkut einen Blick auf die verworrenen weißen Striche geworfen, als er langsam nickte. Und mit furchtbarem Ernst in der Stimme sprach er: „Meine Freunde haben mir das Leben gerettet. Ich würde ihnen dafür gern das Geheimnis dieser Seide verraten, aber ich würde sie dadurch in den Tod schicken."
    „Wir fürchten den Tod nicht, o Mongkut", fiel Rolf ein.
    „Wir haben beschlossen, den Verschwundenen zu retten. Und nichts soll uns davon abhalten."
    Der Alte nickte, als habe er diese Worte erwartet. Dann blickte er wieder Frau Ellen an, und als sie flehend die Hände gegen ihn erhob, sagte er:
    „Unser Geschick ruht in den Händen des Erhabenen. Er hat mich in seiner Weisheit retten lassen, damit ich sprechen soll. Herr Hoddge, schicken Sie den Mann fort." Er deutete dabei auf den Sampanmann, der unsere Gruppe neugierig betrachtete. Der Kapitän lohnte ihn ab und blieb am Ufer stehen, bis er um die Biegung des Flusses verschwunden war. Als Hoddge jetzt wieder zu uns trat, fragte der „Heilige":
    „Wer war es, der den ,Herrn' dort angriff?" Er zeigte dabei auf den Tiger.
    „Unser treuer Freund", sagte Rolf, „der sein Leben für uns hingeben würde."
    „Ich glaubte, er sei aus Balis, des Dämonenkönigs Schar", murmelte der Alte, „doch auch er wird sterben, wenn ihn die ,Feuer-Priester' fangen. Still, fort in die Büsche", fuhr er plötzlich fort, „sie kommen."
    Er machte eine befehlende Handbewegung, daß wir uns sofort in die nächsten Büsche zurückzogen. Der Alte mußte ein wunderbares Gehör haben, denn erst nach einigen Minuten hörten wir das taktmäßige Klatschen von Ruderschlägen, die sich von Norden her näherten. Vorsichtig lugte ich durch einige Löcher des Busches, und da tauchte ein großer Sampan auf, von einem untersetzten Siamesen in gelbem Gewand getrieben. Vier Siamesen in denselben gelben Gewändern hockten reglos auf dem Boden des Fahrzeugs, während vorn am Bug ein halbnackter, zusammen gekrümmter Körper lag. Wie ein unheimlicher Spuk glitt der Sampan vorbei. Mongkut hatte den Kopf gesenkt und schien völlig in die Betrachtung seines kleinen Feuers vertieft zu sein, während die Siamesen im Boot kurze Blicke hinüber geworfen hatten. Erst einige Minuten, nachdem der Sampan verschwunden war, hob der Alte wieder den Kopf und sagte ernst:
    „Bleiben Sie in Ihren Verstecken. Sie kommen bald wieder zurück. Sie übergeben wieder einen Gerichteten dem Fluß, damit die Bewohner der Stadt die Macht der Feuerpriester sehen. Möge der Erhabene verhüten, daß Sie dasselbe Schicksal erleiden. Warten Sie, bis die Henker zurückgekehrt sind, dann folgen Sie dem Fluß. Einige Stunden aufwärts teilt sich der Strom und umfließt eine große Insel. Wenn die Sonne gesunken ist, leuchtet mitten im wilden Dickicht dieser Insel ein Feuer auf. Dort werden Sie ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher