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Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Titel: Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant
Autoren: Hans Warren
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sammelten trockene Zweige, um ein möglichst rauchloses Feuer zu bekommen. Und als der Hirsch endlich am Spieß steckte - mußte ich fort, um Hoddge abzulösen. Doch versprach mir Rolf, der meinen traurigen Abschiedsblick auf den schönen Braten wohl verstand, mir ein tüchtiges Stück zu bringen, wenn er fertig wäre. So getröstet, lief ich schnell den breiten Pfad hinunter und löste Hoddge ab.
    „Es hat sich drüben nichts gerührt", meinte der Kapitän, „aber mir war es so, als schliche hier im Dickicht irgend etwas um mich herum. Sie müssen gut Obacht geben, Herr Warren, und stets den Finger am Abzug halten. Es ist eine unheimliche Wache, wenn man die Gefahr nicht kennt, die in nächster Nähe herum geistert. Na, viel Vergnügen. Zwei Stunden sind ja schnell herum." „Sagen Sie bitte Rolf, er möchte mein Essen nicht vergessen", bat ich, „vielleicht habe ich den Geist, den Sie vermuten, inzwischen unschädlich gemacht." Das sagte ich zwar lachend, aber im Innern war mir ganz und gar nicht so angenehm zu Mute. Kapitän Hoddge war nicht der Mann, leichtsinnig von irgendeiner unheimlichen Gefahr zu sprechen, wenn er nicht schwerwiegende Gründe dafür hatte. Und es war sehr leicht möglich, daß die vorsichtigen Feuerpriester im Dickicht neben dem Pfad Posten gestellt hatten, die wohl nicht lange mit einem hinterlistigen Dolchstoß warten würden, wenn sie mich entdeckten.
    Hoddge schmunzelte, als ich jetzt meine Browning-Pistole zog - die Parabellum war mir für einen eventuellen Nahkampf zu lang und schwer - und mich mit gleichgültiger Miene dicht neben dem dichten Busch niedersetzte; der am Knick des Pfades stand. Ich brauchte mich nur etwas vorzubeugen, um den Fluß überblicken zu können. „Ich glaube, ich habe auch eine mutige Miene gemacht", flüsterte er, „aber mir war gar nicht so wohl zu Mute. Legen Sie sich lieber lang hin, Herr Warren, dann haben Sie den Fluß stets im Auge."
    „Das schon, aber ich kann mich dann nicht wehren, wenn der Geist, den Sie vermuten, plötzlich Gestalt annimmt und mir auf den Rücken springt."
    „Das ist auch richtig. Na, ich werde Ihrem Freund sagen, daß er sich mit dem Essen möglichst beeilen soll. Auf Wiedersehen, lieber Warren, und viel Glück."
    Er nickte mir ernst zu und lief den Pfad zur Lichtung zurück. Als ich ihn aus den Augen verloren hatte, stand ich auf und musterte sehr genau die Umgebung. Und das beruhigte mich, denn die Büsche waren hier so dicht, daß es wohl selbst Pongo kaum fertig gebracht hätte, geräuschlos auf den Pfad zu gelangen, um mich zu überfallen. Selbst eine Bewegung tief innen im Dickicht hätte ich schon hören müssen. Also waren die Geräusche, die Hoddge gehört hatte, sicher durch irgendein kleines Tier verursacht worden.
    Aufatmend setzte ich mich wieder auf meinen Platz, beugte mich etwas vor und beobachtete den Fluß und das Stückchen Insel, das ich sehen konnte. Unheimlich ruhig lag der Wald. Alles Leben schien erstorben zu sein. Diese Totenstille am Tage ist ja überhaupt in den tropischen Urwäldern so eigenartig. Kaum daß einmal eine Affenschar lärmt oder ein Vogel kreischt. Erst mit Einbruch der Dunkelheit setzt das millionenstimmige Konzert der Insekten und niederen Tiere ein, oft unterbrochen von den gewaltigen Urlauten der wehrhaften Dschungelbewohner, dem Trompetenton eines Bullelefanten, dem Röhren eines Wildtieres, dem Schnarren eines Tigers oder dem Fauchen eines Panthers. Das Stückchen Fluß da vor mir blinkte in den glühenden Sonnenstrahlen, und ich mußte die Augen zu einem schmalen Spalt schließen, um nicht geblendet zu werden. Unwillkürlich strengte ich dafür mein Gehör an, ob ich nicht auch die unheimliche Gefahr bemerken konnte, von der Hoddge gesprochen hatte.
    Aber die Stille um mich wurde durch kein Geräusch unterbrochen, nur der Fluß murmelte und plätscherte leise. Ich fand die Wache plötzlich sehr langweilig und überflüssig, denn die drückende, schwüle Hitze und das monotone Rauschen des Flusses wirkten einschläfernd. Blinzelnd betrachtete ich den Inselstreifen da drüben, und um mich wach zu halten, stellte ich mir vor, daß ja Rolf bald mit meinem Essen erscheinen würde. Das gäbe dann immerhin eine angenehme Unterbrechung. Doch eine andere Unterbrechung meiner Langweile war schon nahe, die nicht so angenehm sein sollte. Ich hörte ein Geräusch. Woher es gekommen war, wußte ich nicht, aber es hatte geklungen, als streife ein schmales Band über einen raschelnden Zweig.
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