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Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Titel: Roland Hassel - 07 - Wiedergänger
Autoren: Olov Svedelid
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war ein langer Besuch. Wir glauben, daß er etwas bei dir vergessen hat.«
    »Wer ist ›wir‹?«
    »Das spielt keine Rolle. Es geht jedenfalls um unser Eigentum. Wir können nicht zulassen, daß Karsten damit macht, was er will. Hast du es bei dir zu Hause?«
    Das Gespräch hatte etwas Absurdes.
    »Wenn es euer Regenschirm war, den er hier vergessen hat, kann ich dich beruhigen – morgen soll den ganzen Tag die Sonne scheinen. Wir sehen einer kleinen Warmfront entgegen. Obwohl es in Moskau bestimmt ziemlich kalt ist. Das war die Wettermeldung vom Tage.«
    Der Mann keuchte in den Hörer. Virena schaute mich fragend an, und ich zuckte mit den Schultern.
    »Hassel, wir meinen es ernst.«
    »Das trifft sich gut. Ich mag keine Scherze.«
    Es wurde immer lustiger. Die Reibeisenstimme bekam einen drohenden Unterton, aber das konnte mich nicht erschüttern.
    »Wir wollen zurückhaben, was uns gehört. Ist das klar?«
    Ich hatte es plötzlich satt. Es war Samstagabend, im Fernsehen lief ein akzeptables Programm, in der Thermoskanne war noch Kaffee, es gab Schokolade, um die Figur zu ruinieren, und auf dem Sofa nebenan saß eine Frau, die man lieben konnte, ohne daß die Sozialbehörden eingreifen würden. Es war ein Abend, an dem nichts Besonderes läuft und alles passiert, und warum sollte ich da herumstehen und mit unbekannten Figuren herumquatschen?
    »Wenn du etwas von Karsten willst, dann frag ihn selbst.«
    »Das haben wir schon getan. Er war ein bißchen zu schnell für uns.« Was er damit meinte, ging mich nichts an. Er ging mich nichts an. Karsten ging mich nichts an. Die Welt vor meiner Wohnungstür ging mich nichts an.
    »Dann sprich mit Martensson«, schlug ich vor.
    Es dauerte einige Sekunden, bis er brummte: »Wovon redest du?«
    »Von unserem alten Bekannten bei der Traktorausrüstungs AG. Es ist nicht schwer, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Er ist eingesperrt und kann sein Lager nicht verlassen. Vielleicht rufst du Rotkäppchen an, die bringt ihm dann Kuchen und Wein.«
    Ich legte auf. Unmittelbar darauf klingelte der Apparat erneut, aber ich zog den Stecker, und es wurde still in der Hasselschen Wohnung. Virena fragte nicht, worum es gegangen war, und ich erzählte ihr auch nichts. Es war Samstag, und ich hatte noch ein halbes Glas Mosel, um das Essen richtig zu genießen.
    Am Sonntagmorgen frühstückten wir spät und spazierten dann durch Gamla Stan zur Fähre nach Djurgarden. Mutter, Vater und Kind, die Kleinfamilie wie aus der Illustrierten, die sich noch damit vergnügen kann, eingesperrte Tiere zu betrachten. Wir waren nicht die einzigen, die auf diese Idee gekommen waren. Die Fähre war voller erwartungsfroher Kleinfamilien, und die kurze Seereise erfrischte angenehm.
    Es war einer dieser Maitage, wie sie fast ausschließlich in Volksliedern vorkommen. Die Sonne kitzelte die Erde, und die ganze Natur lächelte. An so einem Tag konnte man einfach keine schlechte Laune haben, man mußte lächeln und verzeihen.
    Das Freilichtmuseum Skansen präsentierte den Tierbestand der ganzen Welt zum Beglotzen und Bestaunen, aber Elin interessierten vor allem die umherhüpfenden Eichhörnchen und die Enten in einem der Teiche. Sie bekam einen Brotkanten und kicherte, als die Vögel ihr direkt aus der Hand fraßen.
    Als Polizist entwickelt man eine Art sechsten Sinn. Man ist so daran gewöhnt, auf der Hut zu sein, daß man spürt, wenn einen einer von hinten anstarrt. Virena scherzte mit Elin und gab ihr noch weitere Brotstückchen. Ich drehte mich um. Tausende Besucher spazierten die Kieswege entlang. Einer von ihnen hatte mich beobachtet. Ich konnte es nicht beweisen, aber ich wußte es, weil ich es fühlte.
    Ich entdeckte niemanden, den ich kannte. Da waren Männer und Frauen aller Altersklassen. Freundlich lächelnde Pensionäre, junge, verliebte Pärchen, Mütter und Väter und Millionen von Kindern, Japaner mit Kameras um den Hals, Deutsche mit Rucksäcken und kurzen Lederhosen, Touristen aller Art, einsame Menschen, die die Gemeinschaft genossen, aber alle waren sie mir fremd. Und trotzdem …
    »Elin möchte ein Eis«, meldete sich Virena.
    Wenn sie ein Eis wollte, sollte sie es haben. Papa hatte heute seine Spendierhosen an. Wir gingen zum nächsten Eiswagen, und ich spürte diesen bohrenden Blick im Rücken. Ich widerstand dem Drang, mich umzudrehen, und versuchte mir einzureden, daß es sich um reine Einbildung handelte. Es war bestimmt eine Berufskrankheit, ich war schon zu lange dabei. Ich fing an,
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