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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer
Autoren: Steven Saylor
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Mann.«
    »Und ich vergebe
dir, Frau, daß du mich getäuscht
hast.«     
    »Und daß
ich in deinem Haus einen Gast vergiftet habe?«
    »Du
gestehst?«
    Sie atmete tief ein.
»Ja.«
    Ich schüttelte
den Kopf. »Nein. Ich kann dir nicht vergeben, daß du
Dio vergiftet hast.«
    Sie
erstarrte.
    »Aber ich werde
dir vergeben, daß du mich mit einem falschen Geständnis
weiter zu täuschen versuchst.«
    Sie drehte sich um. An
der Art, wie sie mich ansah und in meinem Gesicht nach Anzeichen
dafür suchte, was ich wußte, erkannte ich, daß ich
die Wahrheit endlich gefunden hatte.
    *
    Später saß
ich in meiner Bibliothek und blickte durchs offene Fenster in den
Garten. Die Ranken und Blumen blühten, Bienen und
Schmetterlinge summten im Sonnenschein.
    Diana tauchte in der
Tür auf. »Du wolltest mich sprechen,
Papa?«
    »Ja.«
    Sie sah einen Moment
ernst aus, bevor ihre Miene sich aufhellte. »Mutter sagt,
Meto ist zurück.«
    »Ja, für
einen kurzen Besuch. Er ist bei Eco. Sie werden demnächst alle
zum Abendessen eintreffen.«
    »Ich kann es
kaum erwarten, ihn wiederzusehen.«
    Ich nickte und merkte,
daß ich sie nicht ansehen konnte. Statt dessen beobachtete
ich die Bienen und Schmetterlinge. »Hat deine Mutter dir
erzählt, weswegen ich dich sprechen wollte?«
    »Ja,
Papa.« Ihre Stimme klang auf einmal hart wie die ihrer Mutter
zu Beginn eines Streites, wenn sie andeuten wollte, daß sie
sich durch nichts erschüttern lassen würde.
    »Wann hat dir
Mutter zum ersten Mal von Dio erzählt? Und davon, was er ihr
angetan hat?«
    »Vor Jahren,
Papa. Sobald ich alt genug war, es zu begreifen.«
    »Und mir hat sie
sich nie anvertraut!«
    »Es war ein
Geheimnis zwischen uns beiden, Papa. Etwas, was eine Mutter ihrer
Tochter erzählt. Männer haben auch Geheimnisse, die sie
nicht mit Frauen teilen.«
    »Vermutlich
schon. Als Dio also an jenem Tag in unser Haus kam

    »Als du ihn
vorgestellt hast, hatte ich keine Ahnung, wer er war. Mutter hatte
den Namen des Mannes nie erwähnt, sondern nur über seine
Bösartigkeit gesprochen. Doch als ich Mutter den Namen des
Besuchers nannte und ihr erzählte, woher er kam, konnte ich an
ihrer Reaktion sehen, daß irgend etwas nicht stimmte. Und auf
einmal wußte ich es. ›Er ist es, nicht wahr?‹
sagte ich. Sie war sich nicht ganz sicher, also haben wir
nachgesehen.«
    »Ja, ich kann
mich daran erinnern, wie ihr beide ihn angesehen habt und wie er
euch angestarrt hat. Kein Wunder, daß euer Anblick ihn
erschreckt hat, vor allem, weil ihr nebeneinander standet! Du
siehst fast genauso aus wie Bethesda, als sie jünger war. Ich
habe jeden Blick verfolgt, der zwischen euch dreien gewechselt
wurde, und doch nichts begriffen - wie ein Hund, der einer Debatte
von Rednern folgt. Und wenn ich daran denke, daß ich
vorgeschlagen habe, daß ihr beide Dio etwas zu essen
bereitet! Hat deine Mutter dir gesagt, du sollst das Gift
holen?«
    »Nein, Papa. Ich
tat es aus eigenem Antrieb. Ich wußte, wo das Gift war

    »Natürlich
wußtest du das, weil ich noch ausdrücklich davor gewarnt
hatte, als wir es von Eco bekommen haben. Ich dachte, es sei zu
gefährlich, Gift im Haus aufzubewahren, solange die Kinder
noch nicht erwachsen sind. Gefährlich nun auf eine Art, an die
ich nie gedacht hätte! Aber deine Mutter muß doch
gemerkt haben, wie du es unter Dios Essen gemischt
hast?«
    »Nein. Ich habe
es gemacht, als sie mir den Rücken zuwandte, und dann darauf
geachtet, daß ich die Teller selbst
auftrage.« 
    »Du hast es also
ganz allein getan! Du hast einfach beschlossen, einen Mann zu
töten, dann das Gift geholt, es unter sein Essen
gemischt…«
    Diana schlug den Blick
nieder.
    »Alles ganz
allein!«
    Sie nickte. Ich
schüttelte den Kopf. »Wann hat Bethesda dir ihre alten
Ohrringe mit den grünen Glasperlen
geschenkt?«
    Diana seufzte.
»Das ist schon Urzeiten her, Papa. Sie hatte sie satt, und
das Glas war zerkratzt, also hat sie sie mir überlassen. Ich
habe sie sogar hin und wieder getragen.«
    »Und ich habe es
nie bemerkt. Natürlich nicht, Bethesda trägt ihr Haar
hochgesteckt, aber du trägst deins noch offen und lang wie ein
Mädchen…«
    »Es ist seltsam.
Ich kann mich nicht erinnern, sie an diesem Tag getragen zu haben.
Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, damit das Schloß
der Kassette aufgebrochen zu haben, um an das Gift zu kommen, aber
so muß es wohl gewesen sein. Es ist, als wäre es nur ein
Traum gewesen. Erst Tage später fiel mir auf, daß ich
den Ohrring
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