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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer
Autoren: Steven Saylor
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es
übrigens Zotica?« fragte ich. »Hat sie sich ein
wenig beruhigt, nachdem sie sich ausgeruht hat?«
    Eco senkte den
Blick.
    »Stimmt
irgendwas nicht?«
    »Nachdem du
gestern mit ihr geredet hast, hat Menenia ihr einen Schlafplatz
zugewiesen und sie allein gelassen. Es war ein Fehler, sie aus der
verschlossenen Speisekammer herauszulassen. Als ich vom Forum
zurückkam…«
    »O
nein!«
    »Sie ist
weggelaufen, Papa. Ich kann nicht behaupten, daß mich das
überrascht hat. Ich hab’ dir ja gesagt, sie ist wild
geworden wie ein Tier. Ich wage zu bezweifeln, daß wir sie je
Wiedersehen werden.«
    *
    Der kürzeste Weg
zu Clodia hätte mich an meiner eigenen Haustür
vorbeigeführt, also machte ich einen Umweg. Der Tag war
heiß, der Aufstieg zum Palatin steil, so daß ich
verschwitzt und außer Atem ankam.
    Ich klopfte an die
Tür. Nach einer langen Pause klopfte ich erneut.
Schließlich öffnete sich der Guckschlitz, und ich wurde
mit leidenschaftslosem Blick gemustert. »Mein Name ist
Gordianus«, sagte ich. »Ich muß deine Herrin in
einer geschäftlichen Angelegenheit sprechen.«
    Der Guckschlitz ging
wieder zu, und es dauerte eine ganze Weile, bis er erneut
aufgeschoben wurde. Das Auge, das mich diesmal betrachtete, war von
einem feinen Lidstrich umrahmt. Jenseits der Tür hörte
ich eine vertraute, aber unerwartete Stimme. »In Ordnung, ich
kenne ihn. Wir können ihn hereinlassen.«
    Die Tür ging auf,
und dahinter stand der Galloi Trygonion. Nachdem ich eingetreten
war, machte er dem Sklaven ein Zeichen, die Tür hinter uns zu
schließen. »Was für geschäftliche
Angelegenheiten kannst du schon mit Clodia zu besprechen
haben?« fragte er gepreßt. Eiligen Schrittes ging er in
den Garten, und ich folgte ihm. »Hat sie vergessen, dich zu
bezahlen?«
    »Ganz im
Gegenteil, sie hat mir zu viel bezahlt; sie hat mir Geld für
Spesen gegeben, die ich nicht hatte.« Ich ließ die
Münzen in dem kleinen Beutel klimpern. »Ich bin
gekommen, um es zurückzugeben.«
    Trygonion sah mich an,
als wäre ich verrückt, bevor er nickte und seufzte.
»Ich verstehe. Du brauchtest einen Vorwand, sie
wiederzusehen.«
    »Mach dich nicht
lächerlich!«
    »Nein, wirklich.
Ich kann das verstehen. Aber ich fürchte, du kannst sie nicht
sehen.«
    »Warum
nicht?«
    »Sie ist
weg.«
    »Wohin?«
    Er zögerte.
»Sie hat sich in ihre Villa bei Solonium begeben. Heute am
frühen Morgen, noch vor Anbruch der Dämmerung, ist sie
aufgebrochen, weil sie die Stadt ungesehen verlassen wollte.«
Wir hatten die Treppe in den Garten erreicht und blieben vor der
riesigen Venus stehen. Unwillkürlich huschte mein Blick zu dem
Sockel, in dem sie laut Catull die Trophäen ihrer Liebhaber in
einem Geheimfach aufbewahrte. Trygonion bemerkte meinen
Blick.
    »Sie hat es
geleert, bevor sie aufgebrochen ist. Sie hat alles verbrannt,
soweit es ging. Du kannst noch die Asche auf dem Kohlenrost sehen.
Was sie nicht verbrennen konnte - Juwelen, Halsketten und
dergleichen -, hat sie mitgenommen. Um es ins Meer zu werfen, sagte
sie.«
    »Aber
warum?«
    Er zuckte mit den
Schultern. »Was weiß ein Eunuch schon von solchen
Dingen?« Er ging zum Brunnen. Auf einmal hallte Gesang vom
Haus der Galloi im Garten wider.
    »Warum bist du
nicht bei ihnen?« fragte ich.
    »Ich werde mich
ihnen schon früh genug wieder anschließen. Sie hat
mitten in der Nacht einen Boten zu mir geschickt, weil sie meine
Hilfe brauchte. ›Ich muß hier weg‹, sagte sie.
›Ich halte es hier nicht aus.‹ Sie begibt sich jedes
Jahr nach dem Feiertag der Großen Mutter gen Süden,
wie viele
reiche Leute. Nach Baiae für gewöhnlich. Aber dieses Jahr
wollte sie das Ende der Feiern nicht abwarten und auch nicht nach
Baiae reisen. ›Solonium‹, sagte sie. ›Das ist
näher, außerdem kommt dort kein Mensch hin. Ich will nie
wieder jemanden sehen.«‹ Er lächelte traurig.
»Ich dachte, sie wollte mich mitnehmen.«
    Der Gesang wurde
lauter und schneller. Trygonion schloß die Augen, bewegte
seine Lippen zu den Worten und blinzelte dann in die Sonne, die
sich im Brunnen widerspiegelte. »Aber sie wollte nicht,
daß ich mitkomme. ›Ich brauche jemanden, der das Haus
für mich bewacht«, sagte sie. ›Ich würde
Clodius fragen, aber er darf jetzt nicht einmal in die Nähe
meines Hauses kommen, jedenfalls nicht für die nächste
Zeit. Du wirst das für mich erledigen, Trygonion, nicht wahr?
Du kümmerst dich darum, daß der gute Wein vor den
Sklaven versteckt wird, die Fensterläden verriegelt und
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