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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer
Autoren: Steven Saylor
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muß es ihr unbedingt abnehmen, selbst
wenn ich ihr dafür den Kopf abschneiden
muß!«
    »Aber wo kommt
es her?« Mein Mund war auf einmal ganz trocken. Es war ein
schlichter Ohrring, ein silbernes Häkchen mit einer
grünen Glasperle - das Gegenstück zu dem Ohrring, mit dem
das Schloß meiner Kassette aufgebrochen und der nach dem
Diebstahl achtlos darin zurückgelassen worden war.
    »Es kommt aus
dem Land Lybien, wo die Gorgonen wohnen«, sagte Titania.
«Man kann sich damit unsichtbar machen. Sagt
Titus.«
    »Ja, aber wie
kommt es, daß du ihn hast?« An meinem Ton erkannte sie,
daß ich eine ernsthafte Antwort verlangte.
    »Sie hat ihn mir
geschenkt«, sagte Titania. »Sie hat mir erzählt,
daß sie den anderen verloren hat und ihn deshalb nicht mehr
haben wollte.«
    »Wer hat ihn dir
geschenkt?«
    Titania sagte es mir.
Mein Herz fing an zu rasen.
    »Und kann ich
mich damit wirklich unsichtbar machen?« fragte
sie.
    »Nein.«
Meine Stimme bebte. »Ich meine, ja. Warum nicht? Der andere
Ohrring hat sie auch unsichtbar gemacht. Jedenfalls für meine
Augen. Ich dachte, ich wüßte die Wahrheit, während
ich noch vollkommen im dunkeln tappte. O Kybele!«
    Eco runzelte die
Stirn. »Papa, wovon redest du
überhaupt?«
    »Ich muß
jetzt nach Hause gehen. Ich glaube, ich habe mich schrecklich
geirrt.«
    *
    Belbo öffnete die
Haustür. Als er mich sah, grinste er von einem Ohr zum
ändern. »Herr! Den Göttern sei Dank, daß du
hier bist.«
    »Stimmt
irgendwas nicht?«
    »Nein, alles in
Ordnung… jetzt wo du zurück bist.«
    »War ihre Laune
so schlecht?«
    »Wessen
Laune?« Bethesdas Stimme klang wie Frost im
Frühling.
    Ich nickte, um Belbo
zu entlassen, der sich rasch entfernte. Bethesda und ich sahen
einander lange schweigend an. »Wo bist du gewesen?«
fragte sie schließlich.
    »Ich habe bei
Eco übernachtet.«
    »Und die Nacht
davor?«
    »Im Bett eines
betrunkenen Dichters, um ehrlich zu sein.«
    Sie schnaubte
verächtlich. »Hast du den Prozeß gestern
gesehen?«
    »Ja.«
    »Ein ziemliches
Spektakel, was?«   
    »Du warst
da?«
    »Natürlich.
Belbo hat mir einen Platz ganz vorne freigehalten. Aber ich habe
dich nicht gesehen.«
    »Ich habe ganz
hinten gestanden. Ich habe dich auch nicht
gesehen.«
    »Seltsam, nicht
wahr, daß wir uns so nahe waren und uns doch nicht gesehen
haben.« Ihr Blick wurde weicher. »Caelius ist
freigesprochen worden. Darüber bin ich froh.«
    »Ich vermutlich
auch.«
    »Aber was sie
Clodia angetan haben, war schrecklich.«
    »Ja, es war
widerwärtig.«
    »Ich wollte sie
aufhalten. Ich hätte sie aufgehalten, wenn ich gekonnt
hätte.«
    »So ging es mir
auch.«
    »Jetzt hat sie
die Stadt verlassen«, sagte Bethesda.
    »Woher
weißt du das?«
    Bethesda sah meinen
Gesichtsausdruck und blickte mich wütend an. »Sei nicht
so argwöhnisch. Glaubst du, es gäbe eine geheime
Verschwörung der Frauen? Ein Sklave hat mir heute morgen eine
Nachricht von Clodia gebracht. Ich sollte sie morgen besuchen, und
sie wollte mir mitteilen, daß sie nicht zu Hause sein
würde. Sie hat nicht gesagt, wohin sie wollte, nur, daß
sie Rom unverzüglich verlassen würde.«
    Sie verschränkte
die Arme und ging in den Garten. Ich folgte ihr. Sie wandte mir
weiter den Rücken zu. »Es tut mir leid, daß ich
dich getäuscht habe, Mann. Du kennst die Wahrheit, nicht
wahr?«
    »Ich glaube
ja.«
    »Ich sollte das
erklären. Der Mann - Dio -, ich kann seinen Namen kaum
über die Lippen bringen. Damals in Alexandria, bevor du mich
gekauft hast -«
    »Ich
weiß.«
    »Wie kannst du
das wissen?«
    »Ich habe
heimlich zugehört, als du neulich im Garten auf der
Rückseite des Hauses mit Clodia gesprochen
hast.«
    Sie sah sich um. Ihre
Augen leuchteten auf, als hätte sie verstanden, bevor sich ihr
Blick erneut bewölkte. »Aber ich habe seinen Namen nicht
genannt! Ich habe extra darauf geachtet, seinen Namen Clodia
gegenüber nicht zu erwähnen.«
    »Trotzdem
…«
    Sie nickte und wandte
sich wieder ab.
    »Du hättest
es mir sagen sollen, Bethesda. Du hättest es mir schon vor
langer Zeit sagen sollen.« Ich trat auf sie zu und legte
meine Hand an ihren Nacken.
    Sie umfaßte
meine Finger. »Dann kannst du es verstehen?«
    »Ich kann nicht
um Dio trauern. Wenn ich daran denke, was er dir und deiner Mutter
und wer weiß wie vielen anderen angetan
hat…«
    »Dann vergibst
du mir also.«
    »Erst mußt
du mir vergeben, Bethesda, daß ich weniger Vertrauen in dich
hatte, als ich hätte haben sollen.«
    »Ich vergebe
dir,
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