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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null
Autoren: Alexander Kröger
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Maul, sonst lass’ ich es euch zukleben! Der hat noch
mehr Arme.“
Sichtlich eingeschüchtert gehorchten die beiden.
Die Frauen, eigentlich Mädchen, kamen zögernd näher, den
Blick zwischen Robina und Birne wechselnd.
Robina lud Klappstühle und den Tisch aus, hieß die Frauen
zupacken, forderte sie dann auf, sich zu setzen, nahm selbst
ihnen gegenüber Platz und sagte unfreundlich: „Also?“
„Ich heiße Helen“, antwortete die eine stockend, eine
Dunkelhaarige mit rundem, hübschen Gesicht, lustigem
Augenschnitt und molliger Figur.
Robina betrachtete diese Helen von oben bis unten; um den
Bauch herum kam sie ihr etwas sehr mollig vor. „Schön“,
antwortete Robina. „Also, Helen?“
„Ich bin Ingrid“, meldete sich die andere. Sie wirkte ein
wenig distinguiert, trug die blonden, langen Haare offen, was
eine gewisse Schlaksigkeit und das schmale, blasse Gesicht
noch betonte, „von Altenhof“, setzte sie hinzu.
„Aja“, bemerkte Robina mit gespieltem Respekt. „Und,
meine Damen, was ist hier Sache?“
„Unser Treibstoff geht zur Neige“, erklärte Helen. „Wer
weiß, wo die nächste Tankstation… Und ob diese bevorratet
ist.“
„Da haben wir die Gaskanister auf dem Auto gesehen…
Woher sollten wir denn wissen, dass die jemandem gehören,
heutzutage“, setzte diese Ingrid von Altenhof schnippisch fort,
nachdem die andere schwieg.
Ja, woher eigentlich?’, dachte Robina einen Augenblick
verblüfft. Hunderttausende von Autos standen herrenlos
herum, und sicher auch Gespanne. Möglicherweise waren
manche sogar mit Gaskanistern beladen.
Doch dann kam Robina der rettende Einfall: „Komm mit“,
befahl sie der von Altenhof.
Widerwillig erhob sich diese und folgte ihr zu einer Anzahl
abgestellter Wagen am Rande des Platzes.
Robina ergriff einen Finger der jungen Frau – „was soll
das!“, rief diese empört – und malte damit einen Kreis in die
beachtliche Staubschicht auf der Motorhaube. „So, nun geh’
hin und mache das auf meinem Auto!“
Robina lächelte überlegen; denn die Strahlen der
tiefstehenden Sonne verursachten blendende Reflexe auf der
von Mba tadellos polierten Karosserie.
„Lass es gut sein, Ingrid!“, rief Helen.
Ingrid verzog den Mund. „Was ist schon dabei“, murmelte sie
patzig.
„Ist gut, Birne, gib sie frei!“, ordnete Robina an. „Kommt
her, ihr Helden“, forderte sie die beiden jungen Männer auf,
die sich die Körperstellen rieben, an denen Birnes Zangen
saßen. Der eine humpelte gar. „Setzt euch!“
Birne nahm wie zufällig einen Standort zwischen der
Gesellschaft und dem am Anglersteg schaukelnden Motorboot
ein.
„Ich bin Sven“, stellte sich der Kleinere vor. Er hatte eine
blonde Stoppelfrisur, einen Zentimeter langen Flaum auf dem
Kinn und abstehende Ohren. „Arne“, murmelte der andere.
„Entschuldige!“ Dieser trug die glänzenden dunklen Haare im
Nacken verknotet, was seinem schmalen Gesicht Strenge
verlieh.
„Schon gut!“ Robina winkte ab. Sie brachte Becher und einen
Pack Orangensaft aus dem Wagen und goss ein. Sie blickte
flüchtig in die Runde. „Woher, wohin?“, fragte sie ein wenig
inquisitorisch.
Arne sah kurz von einem zum anderen, was wohl heißen
sollte: ,ich rede’. Er zuckte mit den Schultern. „Was willst du
wissen?“, fragte er.
„Ich sagte es bereits.“
„Wir kommen aus Ulm, sind Klassenkameraden, zwischen
siebzehn und neunzehn Jahre alt, Vollwaisen, machen einfach
eine Bootsreise ins Niemandsland, Helen kriegt von Sven ein
Kind. Ja, wir wollten dir Wasserstoff klaun, und wir haben
bemerkt, dass dies kein Auto…“ Bislang hatte er ziemlich laut
und unwillig seine Worte hergebetet, doch nun wurde er leiser
und seine Rede normal: „… von damals ist, dass ein
Überlebender… Naja, es war halt bequem.“ Er wurde wieder
frech: „Kannst ja deinem Cerberus befehlen, uns aufzuhängen
oder zu zerquetschen. Schwerfallen wird es ihm ja wohl nicht.“
„Gewiss nicht“, bestätigte Robina lächelnd.
,Diese Helen ist also wahrhaftig schwanger’, dachte sie.
Eigenartigerweise hatte sich gerade diese Aussage aus seiner
Tirade ihr eingeprägt. „Wie habt ihr überlebt?“, fragte sie.
„Ist das wichtig?“
„Ja, insofern, als man auf andere schließen könnte, die sich
zum Zeitpunkt in einer ähnlichen Situation wie ihr befunden
hatten und die bislang keinen Kontakt haben“, belehrte Robina
nachdrücklich.
Arne biss sich auf die Lippe. „Und, was geht’s dich an?“
„Es sollte jedem von uns etwas angehen,
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