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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null
Autoren: Alexander Kröger
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Solaranlage, zur Not ein Aggregat, Treibstoff gibt es ja
noch genug… und schon funktioniert die Selbstversorgung.“
„Da bist du wohl ein Ass.“
Er hob die Schultern. „Ingenieur“, sagte er. „Was ist das
eigentlich für ein Merkwürdiger? Er hängt die ganze Zeit in
der Luft und rührt sich nicht.“ Mit dem Fuß zeigte er auf Birne.
„Ich sagte schon: Mein Freund, ein Roboter.“
„Hab’ ich noch nicht gesehen.“
„Der ist auch nicht von hier.“
Andras schwieg; er dachte nach. „Ah, von denen wohl!“
„Von denen.“ Robina wusste, dass er die kosmischen
Invasoren meinte.
„Und, wie bist du da dran gekommen?“
„Das ist eine lange Geschichte.“
„Erzählst du sie mir?“
Robina spürte so etwas wie Freude, Freude darüber, dass sie
mit ihrer Einschätzung des Mannes richtig lag und auch, weil
sie spürte, dass es diesem Andras nicht um eine vielleicht
interessante Begebenheit, sondern darum ging, etwas von ihr,
der Frau Robina Crux, zu erfahren. Der Dialog sollte nicht
abreißen. ,Soll er auch nicht’, dachte Robina. ,Mich erwartet
nichts.’ Und sie blickte flussab zu der Brücke, neben der sie ihr
Gespann wusste.
Dann stellte sie die in dieser Zeit wohl bedeutendste Frage:
„Wie hast du überlebt?“
Er seufzte, hob die Schultern: „Ein blöder Zufall. Mit einer
Touristengruppe befand ich mich in der Eishöhle bei Dobsina,
drüben im Tschechischen. Weißt du, wie uns zumute war, als
wir hinaus kamen und alle Leute…“ Er wurde leise. „Meine
Frau hatte Höhlenangst, erwartete mich… Auch sie…“ Andras
fasste sich, sprach freier: „Wie bei Dornröschen. Sie saßen
hinter den Lenkrädern, an den Tischen der Imbissbuden. Nur
jene, die keinen Halt hatten, lagen auf dem Boden, als
schliefen sie. Friedlich alles, kein Blut, nichts
Schmerzentstelltes, einfach aus.“ Und abermals leise:
„Krisztina war noch warm…“
Robina legte ihre auf Andrass Hand.
Sie schwiegen.
Zu der ersten Elster hatte sich eine zweite gefunden. Sie
hüpften auf den Zweigen hin und her und stritten heftig mit
hässlichen Lauten.
„Dann, was habt ihr dann gemacht?“, fragte Robina
behutsam.
Er lachte sarkastisch auf. „Die etwa zwanzig Leute, die
Höhlenbesucher, strebten, als sei der Teufel hinter ihnen her,
nach Hause. Wir waren mit dem Bus unterwegs. Niemand fuhr
den mehr. Ich requirierte ein Auto, es standen ja genug
herrenlos herum, lud Krisztina ein. Wie ich nach Hause kam,
weiß ich nicht. Stell dir vor, ringsum alles menschliche Leben
gelöscht, und du weißt nicht warum, nicht, was geschehen ist.“
Andras schwieg überwältigt von der Erinnerung.
Dann sah er auf, blickte seiner Gesprächspartnerin
aufmerksam ins Gesicht. „Aber das weißt du doch alles selber,
musst doch Ähnliches erlebt haben!“
„Nein, zum Glück nicht! Aber sprich du weiter.“
Andras zuckte mit den Schultern und fuhr nach einer Weile
mit gefestigter Stimme fort: „In der Stadt konnte man nicht
wohnen. Ich habe mir ein kleines Häuschen am
Rand
genommen. Einige Beherzte, die in der Orbitalstation überlebt
hatten, ergriffen die Initiative. Mit Lautsprecherwagen riefen
sie großflächig auf, sich zu sammeln. Einige Hundert kamen
zusammen. Ich war dabei. Mit mobiler Technik und
unzähligen Scheiterhaufen haben wir Hauptstraßen, einige
Verkehrseinrichtungen und für’s Wieder-in-Gang-Kommen
wichtige Objekte – na – beräumt.“
„… beräumt“, echote Robina gedankenvoll.
Andras winkte ab. „Ein Sicherheitskorps wurde gebildet und
ging gegen Vandalen und Totalaussteiger vor. Das hat sich
entwickelt, und es herrschen heute eigentlich Ruhe und
Ordnung. Einmal, ich hatte gerade hier auf der Insel
angefangen, mir ein Zuhause zu schaffen, suchte mich eine
solche Gang, wie sie sich nannten, heim. Es gefiel ihnen hier.
Mich hätten sie kurzerhand liquidiert. Ich habe den Anführer
erschossen. Eine allgemeine Vernunft hat auf der Welt die
Oberhand gewonnen, endlich, für einen unvorstellbar hohen
Preis. Und du?“
Robina blickte verständnislos. Sie konnte mit der
unvermittelt gestellten Frage Andrass nichts anfangen.
„Ich meine, wie hast du überlebt?“
„Außerhalb.“ Robina lächelte, weil ihr Gegenüber – nach
seinem Gesichtsausdruck – nunmehr seinerseits die Antwort
nicht einordnen konnte. „In einem Raumschiff“, erklärte sie.
„Eine Expedition.“
„Und warum hast du da vorhin gesagt, du weißt, was
Einsamkeit ist? Gewöhnlich ist man auf einer Expedition nicht
allein.“
„Nomen est Omen.
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