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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord
Autoren: Edgar Noske
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die Quelle des Miefs erwies. Falls erforderlich, hatte van der Wimst hier wohl geschlafen. Unter dem Kapuzenteil des Sacks fand ich eine schwarze Kunstledertasche. Ich öffnete den Reißverschluß und pellte einen cremefarbenen Compaq aus.
    Der Akku hatte noch soviel Saft, daß das Ding startete. Mit flackernden Dioden kam er in die Gänge, überprüfte sich selbst, erklärte sich schließlich für betriebsbereit und arbeitswillig – und fragte mich nach dem Paßwort. Da hatten wir den Salat.
    Dabei war das bestimmt nichts Besonderes, entweder der Name von van der Wimsts erster Freundin oder der des Cockerspaniels, den er als Zehnjähriger zu Weihnachten bekommen hatte oder eine x-beliebige Abkürzung.
    Quietschende Bremsen ließen mich aufblicken. Hinter meinem Golf hatte Ginas Pickup gestoppt. Weil die Frontscheibe spiegelte, konnte ich nicht erkennen, ob sie am Steuer saß. Vorsichtshalber legte ich mir die Magnum zurecht. Als wirklich Gina ausstieg, schob ich die Waffe unter den Schlafsack.
    »Tom?«
    »Hier hinten.«
    »Was machst du da?« Selbst sie mußte sich bücken, um unter der Klappe stehen zu können. »Ist das der Wagen des Holländers?«
    »Ja.«
    »Warum hast du Emmelmann nichts davon erzählt? Dann hätte er dir glauben müssen.«
    »Mir ist egal, was er glaubt.«
    »Ich muß mit dir reden«, sagte sie und blickte sich um. »Aber woanders.«
    »Woher weißt du überhaupt, daß ich hier bin?«
    »Ich hab vom Fenster aus gesehen, wie du vorbeigefahren bist.«
    »Hat Jakob mich auch gesehen?«
    »Nein. Was ist jetzt?«
    »Ich fahr hinter dir her.«
    Während Gina in den Mitsubishi stieg, verstaute ich den Laptop und die Ruger im Kofferaum des Golf. Die Zulassung steckte ich in meine Brieftasche.
    Es war zu früh, um irgendwo einen Kaffee zu bekommen. Deshalb nahm ich an, Gina würde einen Parkplatz ansteuern. Das tat sie auch. Sie parkte unter der Hochbrücke beim Friedhof. Ich setzte mich zu ihr ins Auto. »Ich dachte, wir halten auf irgendeinem Bergrücken und schauen ein bißchen übers Land«, sagte ich. »Hier stehen wir ja wie im Keller.«
    »Ich bin mit Jakob ins Bett gegangen, weil ich herausfinden wollte, ob er es war, der die Kinder überfahren hat«, sagte Gina. »Um es vorwegzunehmen: Er war es nicht.«
    Zum hundertstenmal bereute ich, daß ich mir damals nicht diese Mini-Kaffeemaschine für den Zigarettenanzünder gekauft hatte. Neunundvierzig neunzig hätte sie gekostet. Ich wußte gar nicht, ob es die Dinger noch gab.
    »Wie kannst du sicher sein, daß er es nicht war?«
    »In der Kommode in seinem Schlafzimmer liegen sauber gestapelt seine Tagebücher. Als er im Bad war, hab ich nachgeschaut. An dem fraglichen Tag war er in Paris.«
    »Würdest du etwa als daily highlight festhalten, zwei Kinder überfahren zu haben?«
    »Es gibt noch einen anderen Beweis. Ich hab mir seine Fahrzeugpapiere angesehen. Der Wagen wurde erst im Juni letzten Jahres auf Jakob zugelassen. Er kann es nicht gewesen sein.«
    Die Scheiben beschlugen und ließen die böse Welt da draußen unsichtbar werden. Wir saßen wie in einem Kokon. Mal sehen, ob wir als Schmetterlinge rauskommen würden.
    »Hat Emmelmann dir noch sehr zugesetzt?« fragte Gina nach einer Weile.
    »Nur im Rahmen der Vorschriften.« Ich malte Killroy auf die Seitenscheibe. »Verstehst du was von Computern?«
    »Was man so davon versteht. Ich mache Buchführung und Steuererklärung auf dem PC. Wieso?«
    »Der Laptop von van der Wimst will ein Paßwort, sonst läßt er mich nicht an die Dateien. Kann man so was umschiffen?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Man müßte einen Spezialisten fragen.«
    »Und wenn du’s mal versuchst?«
    »Was soll ich denn da versuchen?«
    »Vielleicht kommt dir ja ’ne Idee, wenn du den Kasten siehst.«
    Gina stöhnte. »Hol ihn schon her.«
    *
    Nach einer halben Stunde hatten wir erreicht, daß der Computer zum hundertsten Mal »Paßwort ungültig. Bitte neue Eingabe« anzeigte.
    »Es ist zwecklos«, sagte Gina, die das Gerät auf ihren Knien balancierte. »Solange wir über van der Wimst nicht mehr wissen, können wir es vergessen.«
    »Was willst du denn wissen?«
    »Den Namen seines Wohnortes. Irgend so was.«
    Ich spuckte meinen Zahnstocher aufs Armaturenbrett. »Tja, das war’s dann wohl. Halt – ich hab doch die Zulassung.«Ich holte meine Brieftasche raus und studierte das Papier. »Hier – er wohnte in Amsterdam.«
    »Amsterdam haben wir eben schon versucht.«
    »Saumist.«
    »Was ist das denn?«
    »Eine
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