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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord
Autoren: Edgar Noske
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Hermann hob die Flinte. Ich zog die Ruger, wich aber trotzdem vor ihm zurück.
    »Bleib stehen!« rief ich.
    Entweder war der Alte taub oder bescheuert, jedenfalls stapfte er weiter.
    »Bleib stehen, oder ich schieße!«
    Nichts half. Ich feuerte in die Luft. Ein Überschallknall in einer Keksdose konnte nicht lauter sein. Putz rieselte auf uns herab, aber auch das brachte Hermann nicht zur Räson. Also senkte ich den Lauf und schoß ihm ins Bein. Die Kugel durchschlug seinen linken Unterschenkel, und er kippte um.
    Ich war mit Hermann und Beate allein. Beide atmeten, Beate sehr flach. Die Kugel hatte sie an der Schulter erwischt. Wo war Josef? Vorsichtig schob ich mich hinaus in die Stallgasse – und verlor dabei fast meinen Arm.
    Nur der Tatsache, daß der Lauf der Ruger so idiotisch lang war, hatte ich es zu verdanken, daß Josef zu früh zuschlug. Das Schwert traf die Waffe in Höhe der Trommel. Sie wurde mir aus der Hand gerissen, und meine Hand war augenblicklich taub.
    »Da staunst du!« rief Josef. Seine Augen glühten wie Holzkohle im Dunkeln. »Jetzt tragen wir es aus wie echte Ritter. Da drüben in der Box ist meine Waffenkammer. Wähle, was du brauchst.«
    Ich war entsetzt. Der Kerl war übergeschnappt. »Deine Leute brauchen einen Arzt. Die verbluten sonst.«
    »Hol dir eine Waffe und verteidige dich, du feiges Schwein!«
    »Hast du nicht gehört? Wir müssen einen Arzt holen.«
    »Du sollst dich bewaffnen!« Er war völlig hysterisch. »Sonst schlachte ich dich ab, wie du bist!«
    So, wie ich mich fühlte, blieb sich das wahrscheinlich gleich. Meine rechte Hand war geprellt und schwoll zusehends an. Trotzdem, man hofft ja bis zuletzt. Ich ging in die Box. Josef blieb am Gatter zurück.
    An den Wänden hingen Schwerter, Streitäxte, Morgensterne und Spieße. Darunter standen mit unterschiedlichen Wappen versehene Schilde. In der hintersten Ecke befanden sich, schräg angelehnt, die Lanzen. Ich schnappte mir eine. Sie war unhandlich, aber gar nicht mal so schwer. Damit würde ich schon zurechtkommen.
    »Die ist aus Holz«, sagte Josef. »Da kannst du auch mit einer Salzstange antreten. Da drüben stehen die richtigen.«
    Ich stellte die Holzlanze zurück und ergriff eine eiserne. Das heißt, ich versuchte es, aber mit nur einer funktionstüchtigen Hand, noch dazu der linken, hatte ich keine Chance. Josef schlug mit seinem Schwert vors Gatter.
    »Triff endlich deine Wahl, Recke!« rief er. »Oder willst du ewig leben?«
    Als Kind hatten mich Morgensterne immer fasziniert, aber ich befürchtete, mir damit bestenfalls selbst vor den Kopf zu schlagen. Daher nahm ich doch ein Schwert aus der Halterung. Das Ding war schwer wie Blei und kaum zu tragen. Wie ich damit kämpfen sollte, war mir schleierhaft.
    Einigermaßen hoffungslos schleifte ich die Waffe zum Reitplatz, wo Josef wartete. Das Rolltor hatte er runtergelassen. Das einzige Licht kam jetzt von den Leuchtstoffröhren unter der Hallendecke.
    »Gibt’s Regeln?« fragte ich.
    »Allerdings«, rief Josef und lachte wie Klaus Kinski. »Wer tot ist, hat verloren.« Dann kam er auch schon auf mich zu und holte zum Schlag aus. Ich hievte mir mein Schwert auf die Schulter und lief ihm davon. Ersten Schutz fand ich hinter der Mauer. Aus der Nähe war zu erkennen, daß sie aus Styropor war. Ich klemmte mir das Schwert zwischen die Beine und setzte meine Sonnenbrille auf.
    »He, was soll das?« rief er. »Stell dich!«
    »Ich mach das auf meine Art!«
    Josef tauchte auf der anderen Seite auf, grinste wie der Teufel und stieß sein Schwert durch die Wand. Nur ein Satz nach hinten in allerletzter Sekunde rettete meine Leber davor, punktiert zu werden. Josef amüsierte sich köstlich. Ich machte, daß ich wegkam.
    In einem weiten Bogen, wie ihn sonst die Pferde an der Longe gehen, lief ich durch die Halle. Josef brauchte sich mehr oder weniger nur auf der Stelle zu drehen.
    »Was machst du, du Schwachkopf? Du verplemperst nur deine Energie.«
    Den Hinweis hätte er sich sparen können. Bereits nach einer halben Runde war ich total groggy, was vor allem an dem Geläuf lag.
    »Stell dich endlich!« rief Josef.
    »Einen Dreck werd ich.«
    »Dann stirb, du Hund!«
    Brüllend und das Schwert mit beiden Händen gepackt stürmte er auf mich zu. Ich blieb stehen, denn inzwischen war ich da angekommen, wo ich hin wollte.
    Als Josef bis auf zehn Meter herangekommen war, hob ich das Schwert. Bei fünf Metern drehte ich mich um, schlug zu und traf das Kabel genau über dem
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