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Eine Handvoll Buchstaben

Eine Handvoll Buchstaben

Titel: Eine Handvoll Buchstaben
Autoren: Matthias Goosen
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1.)
    Aktiv, das magische Wort …
     
     
    „Endlich sind wir da, was für ein schöner Anblick“, sage ich, als ich den See sehe, der von hohen Bäumen umgeben ist, die ihn wie einen Zaun abgrenzen. Dieser See, genannt Pluggauer See in Burgenland, ist 2 Stunden von Graz entfernt und hat schon so einige Beziehungskrisen, die ich und mein Freund Vincent in den letzten drei Jahren gehabt haben, kitten können.
      Seit drei Jahren sind er und ich ein Paar und es gibt immer wieder Turbulenzen in unserer Beziehung. Vincent ist ein Dickkopf durch und durch und ich gebe selten bis nie nach. Einige meinen, dass er und ich uns sehr ähnlich seien, aber ich bin da ganz anderer Ansicht und bin felsenfest davon überzeugt, dass unsere Ungleichheit unsere Stärke geworden ist. Vincent ist groß, kräftig gebaut und der totale Beschützer-Typ, ich hingegen bin eher schlank, zwar fast gleich groß wie Vincent, aber doch um eine Spur femininer als er. In der schwulen Sprache heißt das jetzt, dass ich die passive und mein Freund die aktive Rolle übernommen hat. Ich finde diese Bezeichnungen ziemlich überholt, weil aktiv und passiv schwebt wie ein Damoklesschwert über das Sexualverhalten zwischen zwei Männern. Was soll an jemandem aktiv sein, nur weil er seinen Penis geneigt ist, in den Anus eines Mannes zu stecken? Ich finde mich zum Beispiel viel aktiver. Ich unterstütze Greenpeace nach Herzenslust und bin auch sonst eher geneigt Party zu geben und Freunde zu einem Spieleabend einzuladen. Vincent kommt nach der Arbeit von seiner Werkstatt nachhause und setzt sich vor dem Fernseher hin – das war‘s; wenn ich es mir angewöhnt hätte, ihm jeden Abend das Bierchen zum Fernseher zu bringen, weil der nett Herr einen ach so anstrengenden Tag mit einem Schraubenschlüssel in der Hand verbracht hat, dann wäre ich wohl schon längst zum Putzmann oder Wäschewäscher umfunktioniert worden. Gott sei Dank hab ich da vorher noch die Kurve kratzen können und habe die Handbremse gezogen. Klar gab’s deswegen Stress und ein paar klärende Gespräche. Vincent wollte nach zwei Monaten schon Schluss machen. Das war schon mal unser erster großer Krach, weil sich mein lieber Herr Freund am Abend nicht mehr dazu in der Lage fühlte, seine Wäsche zu waschen oder wenigstens den Klodeckel hochzuheben, wenn er schon im Stehen pinkeln musste.
      Ein paar Typen aus der Schwulenszene, die mich und Vincent kennen, sind schon ein wenig eifersüchtig, was ein typisches männliches Verhalten ist und mich schon lange nicht mehr nervt. Eifersüchtig sind sie deshalb, weil wir nach jedem großen Krach, doch wieder zueinander gefunden haben und Vincent nicht auf dem schwulen Single-Mark zur Verfügung stand. Klar bin ich gewillt einen Mann wie meinen Vincent zu halten, aber sollte ich dafür mein Leben aufgeben und es nach seinen Wünschen und Vorstellungen gestalten?
      Ich sage : „Nein!“
      Und deshalb, weil er stur ist und ich unnachgiebig bin gibt es zeitweise Stress.
      Unser neuester Streitpunkt ist mein Hund. Ich sagte doch, dass ich aktiver sei als er. Mein Hund heißt Einstein. Er ist super süß und sehr intelligent. Ich kann mir gar keinen Tag mehr ohne ihn vorstellen, weil er so niedlich ist. Es ist ein Mops, hört auf den Namen Einstein und ist ziemlich aufgeweckt. Sein Entdeckungsdrang nimmt beinahe kein Ende, jeden Tag findet er neue Möglichkeiten sich und die Welt zu erforschen. Einmal sind es die Blumen der Nachbarin, dann ist es die Puppe im Kinderwagen von Vincents Schwester und dann ist es die Katze, die am Balkon, einen Stock tiefer, ständig wild pfauchend Einsteins Aufmerksam auf sich zieht. Er hat alle Pfoten damit zu tun, seine Welt zu erkunden und zu verstehen.
      Aber jetzt haben Vincent und ich unseren Standplatz erreicht und die Fahrt verlief mehr oder minder ziemlich unkompliziert – auch mit Einstein im Schlepptau, den er eigentlich zum Hundesitter geben wollte. Dagegen hab ich mich natürlich vehement gewehrt, weil wenn wir schon zum Campen fahren, kann uns wohl ein kleiner Hund begleiten.
      Hab ich schon erwähnt, dass er in einer Motorradgang ist und dass wir mit seinen Kumpels campen? Wahrscheinlich nicht, weil diese Tatsache noch immer im Verdrängungsmodus läuft. Ich könnte Apokryphen darüber schreiben, was mich alles an seinen Freunden stört: sie haben einen schlechten Einfluss, sie mögen mich nicht weil ich Niveau besitze und die deutsche Rechtschreibung beherrsche und sie sehen aus wie ein wild
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