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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe
Autoren: Jockel Tschiersch
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Leidenschaft das Kommando im Bauwagen übernahm. Sie rissen sich die Kleider vom Leib, und all das, wovor Ewald immer A ngst gehabt hatte, war plötzlich ganz einfach und selbstverständlich. Und so schön, dass es Rita fast auch vorkam wie das erste Mal. Sie taumelten durch alle Berge und T äler der Leidenschaft, bis sie jegliches Gefühl für Zeit verloren hatten und irgendwann vor Erschöpfung liegen blieben.
    »Kann man bei so was auch mal eine Pause machen, Rita?«
    »Ja, kann man. V or allem, wenn man’s so macht wie du!«
    Rita gab ihm ein Küsschen und stand auf, um sich eine Zigarette aus ihrer T asche zu nehmen. Erst jetzt bemerkte Ewald das kleine T attoo mit der Fiat FL 10, die in sanftem Blau von Ritas Schulter mit erhobener Schaufel in Richtung ihres Rückens fuhr.
    »Hat er schön g’macht, der Frühstücks-Tätowierer. A llerweil besser wie eine Palette mit Dachziegeln.«
    Rita zündete sich ihre »Zigarette danach« an und schmiegte sich an Ewald, der schweißüberströmt war und so gut roch wie noch keiner je zuvor. Ihre A ugen trafen sich, Ewald lächelte sie an und streichelte sanft über das kleine Raupen-Tattoo.
    »Aber eigentlich möcht ich gar keine Pause machen.«
    »Ich auch nicht, Ewald.«
    Rita drückte ihre Zigarette »zwischendurch« aus, und der Sturm begann von neuem. Ewalds Hände waren zärtlich und stark zugleich, und er brachte alle Saiten der Leidenschaft in ihr zum Schwingen, als wären unter Ritas Haut unsichtbare T asten und Knöpfe eines menschlichen A kkordeons verborgen, auf dem er alles spielen konnte, von den Präludien Johann Sebastian Bachs über »La Paloma« bis zum tönenden Finale eines leidenschaftlichen T angos. Es war, als strömte die ganze Libido aus Ewald, die in all den Jahren verschüttet gewesen war wie unter einem Hügel von Kies. Und Rita war, als verginge ihr Hören und Sehen, wenn sie von einer W oge der Lust in die nächste taumelte und das Gefühl hatte, in einer blauen W olke zu versinken. Es wurde lauter und lauter in dem kleinen Bauwagen, und keiner von beiden bemerkte den Schatten, der über den W agen huschte, begleitet vom Geräusch eines Zweitaktmotors.
    Karl Zwerger setzte seine Cosmos am Ende der Landebahn auf, direkt bei dem Bauwagen, neben dem die Raupe stand. Er riss sich den Helm vom Leib und rannte auf den Bauwagen zu.
    »Rita, bist du da drin?!«
    Karl rüttelte an der T ür des W agens, aber sie war von innen abgeschlossen.
    »Rita?! Ist alles in Ordnung? Bist du noch am Leben?!«
    Der Fensterladen wurde von innen aufgestoßen, Rita steckte den Kopf heraus. Sie hatte sich notdürftig ihren Pullover umgelegt. Zwerger rannte auf das Fenster zu.
    »Mein Schmetterling!!! Gott sei Dank, du lebst!«
    »Red keinen Mist, Karl.«
    »Hat er dir was getan? Soll ich dich ins Krankenhaus bringen?«
    »Karl, sei nicht kindisch.«
    Karl Zwerger bebte und hüpfte vor dem Fenster wie ein Springteufel beim A bsprung, was mit seiner Fliegerkombi besonders albern aussah.
    »Wo ist der Kerl? Ich bring ihn um! Komm raus, mein kleiner Schmetterling!«
    »Ich bin nicht mehr dein kleiner Schmetterling, Karl. V ielleicht bin ich’s nie gewesen.«
    »Was soll das heißen? W ir wollen doch …«
    Karl Zwerger rang sichtlich um Luft.
    »Ich kann’s dir erklären. A ber ich glaube, du würdest es nicht verstehen.«
    »Okay. Okay. W eibliche Logik. Ich verstehe. Sehr schön. Da reißt man sich den A rsch auf, um der feinen Dame eine Perspektive zu schaffen, und dann heißt’s ›nein danke‹ und man würde es eh nicht verstehen. Hat er mit dir geschlafen?«
    »Karl, bitte. V erschwinde einfach. Es bringt nichts mit uns.«
    Karl schlug mit den Fäusten gegen den Bauwagen.
    »Hat der mit dir geschlafen? Mach deinen Mund auf, du dusslige Kuh! Ob dieses Dreckschwein mit dir geschlafen hat? Hat der dich angefasst mit seinen Dreckspfoten?! Diese perverse Sau, dieser Kinderschänder! Den netten Raupendepp spielen! Dieser Sexualneurotiker mit seiner verschissenen Ziehharmonika! Ins Gefängnis gehört der, und zwar für immer! A ber vorher schlag ich ihm die Fresse ein!!!«
    »Karl, du weißt nicht, was du da redest.«
    Rita schüttelte den Kopf, machte den Fensterladen von innen wieder zu, ging zu Ewald und nahm ihn in den A rm.
    »Soll ich rausgehen?«
    »Lass es. Das bringt nichts. Komm her.«
    Ewald nickte.
    »Die Raupe gehört halt ihm.«
    »Der hat ganz andere Sorgen. Komm her zu mir, der geht schon wieder. Männer merken, wenn’s vorbei ist.«
    Wie zwei
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