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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe
Autoren: Jockel Tschiersch
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kannte, wusste natürlich, dass der das Schild nicht selbst geschrieben und schon gar nicht von außen drangenagelt haben konnte, weil er selber ja mit der W embacher-Maria in dem Bauwagen gehockt hatte. Der alte W embacher hatte den W agen dann morgens um halb neun mit einem Kuhfuß aufgebrochen, die Maria herausgeholt und dem Ewald eine gescheuert. Seitdem war der »Marktplatz-Fez« quasi in die Dorfchronik von Ratzisried eingegangen.
    Heute würde der Schorsch bei so etwas nicht mehr mitmachen, und jetzt hatte der Bene dem Ewald offenbar diesen Schmarrn mit den scharfen W eibern an der Küste eingeredet.
    »Ein bissle gemein ist das schon, Bene … immer auf den Fricker.«
    Bene schlug dem Schorsch scherzhaft mit der flachen Hand auf den Rücken.
    »Scheiß doch drauf. Ein bissle Spaß muss sein. Da fahren wir alle z’samm hoch mit dem T ieflader und lassen’s krachen. A m End’ hat’s ja wirklich a paar saubere W eiber da oben …«
    Schorsch bezweifelte das, und im Grunde war es ihm auch egal, weil er ja hier sein Mädchen hatte, und mit der war er eigentlich recht glücklich. A ber der Bene redete halt den ganzen T ag von nichts anderem als von »Weibern« und grinste ihn an.
    »Oder ich nehm die Rita mit, die kommt auch von da droben, glaub ich …«
    »Die hättst du gern, die Rita, gell?«
    Mit einem Schlag verfinsterte sich Benes Miene. W ie bei vielen Kerlen, die immer behaupteten, sie hätten einen unbändigen Humor, hörte das V erständnis für Späße genau dann auf, wenn sie selbst Gegenstand dieser Scherze wurden.
    »Halt deine dumme Gosch’ und mach vorwärts! Und überhaupt muss da noch viel mehr Rot drauf!«
    Bene griff sich die Sprühdose und fing an, wie ein W ilder rote Farbe auf Frickers Raupe zu sprühen. Schorsch zögerte noch einen Moment, packte sich dann aber auch eine der Dosen und machte einfach mit.
    Rita bekam von alldem nichts mit, sie saß auf dem kleinen Holzbänkchen vor dem Büro, rauchte eine Zigarette und sah hinauf in den Sternenhimmel und ließ den Gedanken über ihr Leben, die Liebe, freien Lauf. Und Karl Zwerger spielte in diesem Gedanken keine Hauptrolle. Rita wusste, dass sie hier nicht ewig bleiben würde. Fürs Erste passte es einmal, das Geld und die A rbeit stimmten, aber sie war sich sicher, dass da noch etwas kommen musste in ihrem Leben, was mehr war als Disponentin und heimliche Geliebte eines A llgäuer Kiesgrubenchefs zu sein.
    »Hätten Sie vielleicht eine Zigarette für mich, Frau Zieschke? Ich hab’s mir abgewöhnt.«
    Rita erschrak, ausgerechnet Karin Zwerger stand neben ihr. Rita rang sich ein Lächeln ab und kramte ihr F6-Zigarettenpäckchen hervor.
    Karin Zwerger setzte sich neben sie, ließ sich Feuer geben und rauchte wie jemand, der das nur einmal im Jahr tat. Dabei bebten ihre großen Brüste unter der schwarzen Stola. Rita konnte gar nicht hinsehen.
    »Ach ja … die Leute lieben unser Sommerfest … auch wenn der Herr Fricker immer gewinnt …«
    »Was ist eigentlich mit dem? Der ist doch irgendwie …«
    »Im Grunde ist das ein lieber Kerl. Harmlos. W issen Sie, Rita, manchmal denke ich, es gibt zwei A rten von Männern: die Macher und die, die es mit sich machen lassen …«
    »Die gibt’s bei Frauen auch.«
    Dabei vermied Rita es wieder, Karin Zwerger anzusehen. Offenbar hatte die Gute keine A hnung, was ihr lieber Karl für eine A rt Mann war.
    »Bei uns in so einem Dorf, wenn einer da ein bisschen eigen ist, dann heißt’s ganz schnell, das ist ein Depp.«
    »Na, da kenne ich andere Deppen … hab schon genügend erlebt. Hier und auch sonst wo …«
    Karin Zwerger schenkte Rita ein schon fast schwesterliches Lächeln.
    »Sie haben sich wirklich sehr gut eingelebt hier als Zugereiste. Ich bin so froh: Sie schmeißen meinem Mann ja quasi den Laden. Der Karl braucht jemanden, der ihn bei der Hand nimmt und ihm zeigt, wo es langgeht. Disposition und Buchhaltung waren nie seine Stärken.«
    Rita brachte gerade mal ein Nicken zustande. Sie wusste ja, dass Karl Zwergers Stärken ganz woanders liegen konnten.
    Aus der Halle drang wieder die Musik: Fricker spielte gerade ein A kkordeon-Solo, einen Ländler. Rita war dankbar um jede V orlage für einen T hemenwechsel.
    »Schifferklavier spielen kann er auch, dieser Herr Fricker.«
    »Schon als Kind, ja. A ber er hat sich halt immer ein bissle schwergetan … grade mit den Mädchen. Da war mal so eine Sache auf dem Marktplatz … hier auf dem Dorf, da läuft alles ein bisschen anders, das können
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