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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe
Autoren: Jockel Tschiersch
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so nett, und lass mich zugucken.«
    »Du könntest so süß sein, wenn du bloß nicht immer so kratzbürstig wärst …«
    »Keine Sorge, ich bin nicht zu jedem kratzbürstig, Bene.«
    Das hatte zumindest die erhoffte W irkung: Bene trollte sich. Rita wusste, dass er nicht lockerlassen würde, aber mittlerweile hatte sie Erfahrung im Umgang mit Kerlen, die ihr am Hacken hingen und das W ort »nein« nicht zu kennen schienen.
    Rita sah wieder zu Fricker hin: Mit einer verblüffenden Eleganz saß der auf seiner Fiat-Allis, schob den Kies mit höchster Effizienz umher und sang dabei vor sich hin, der bis dahin ungeschlacht geglaubte Hammel. Nie hätte Rita ausgerechnet diesem Herrn Fricker eine solche Leichtigkeit des Planierens zugetraut, sein Lachen steckte geradezu an, und als Rita bei einer eleganten Kehrtwende der Raupe genau in die beiden kleinen Lampen blickte, schien auch die Fiat-Allis aus vollem Herzen zu lachen.
    Was aber höchst verblüffend war: Ewalds Kieshügel schrumpfte am schnellsten von allen, die zehn Kubikmeter schienen sich auf wundersame W eise verflüchtigt zu haben, und nach ein paar Minuten schon drehte Ewald die Raupe souverän übers Heck und fuhr, wieder La Paloma singend, zurück in Richtung Start&Ziel, während die anderen immer noch mit ihren widerspenstigen Kieshügeln kämpften. Karin Zwerger hob die schwarzweiß karierte Flagge und winkte ab, als das Heck der Fiat-Allis die Ziellinie passierte. Ein Freudengeschrei brach los, das Fricker lächelnd entgegennahm wie einer, der es gewohnt war, bejubelt zu werden. Rita erwischte sich dabei, wie sie auch applaudierte.
    Den Blechblastönen der W eissachtaler Buben war ein gewisser A lkoholgehalt bereits anzuhören. In der Halle, in der sonst der Maschinenpark untergebracht war, standen jetzt Bierbänke, und Rita hatte sich etwa drei Reihen vom Podium entfernt hingesetzt, schön an den Rand, um jederzeit ohne allzu großes A ufsehen verschwinden zu können.
    Ein Blick von Karl Zwerger zu den W eissachtaler Buben reichte, dass die ihre Instrumente absetzten. Nur Hansi Eberle, der T rompeter, war schon so benebelt, dass er ein paar T akte lang noch alleine weiterspielte, was seine falschen T öne umso gnadenloser hörbar machte und zu großem Gelächter in der vollen Maschinenhalle führte. Karin Zwerger, die neben ihrem Mann oben auf dem Podium stand, legte ihr gütiges Charity-Lächeln auf, und Ewald Fricker wirkte etwas verloren zwischen den beiden, wie zum Schutz hatte er sein A kkordeon umgehängt. Rita fing sich noch ein kurzes konspiratives Lächeln von Zwerger ein, und ihr war klar, dass ihm seine Karin wieder gehörig auf die Nerven ging mit ihrem betulichen und wohltätigen Gehabe. Zwerger holte einen Pokal, dessen Deckel eine stilisierte Planierraupe mit Eichenlaub aus Messing zierte, aus einem Pappkarton, etwa so liebevoll, wie man einen bei einem Preisausschreiben gewonnenen Eimer Industrie-Senf auspacken würde, und drückte ihn seiner Frau in die Hand, zusammen mit dem Mikrofon. Karin Zwerger drehte sich zum Publikum und räusperte sich kurz.
    »Meine lieben Gäste, nun habe ich wie jedes Jahr die wunderschöne A ufgabe, die Siegerehrung vorzunehmen. T he winner is, zum dreizehnten Mal hintereinander, wieder unser Ewald Fricker!«
    Die Leute in der Halle klatschten, die W eissachtaler Buben versuchten sich an einem T usch, und Karl Zwerger lächelte ein wenig angestrengt. Karin hielt Fricker den Pokal hin.
    »Das haben Sie wieder fein gemacht, Ewald. Ich gratuliere Ihnen von ganzem Herzen, auch im Namen der Geschäftsleitung. Ja … wie fühlt man sich denn als der ungeschlagene Planierraupen-Champion von Ratzisried?«
    Rita war gespannt, was der Herr Fricker darauf sagen würde, aber der sagte wieder mal gar nichts, steckte den Pokal in die T asche seiner Montierkombi, griff in die T asten seines A kkordeons und fing an zu spielen, die Einleitungstakte von »In the Mood« von Glenn Miller. Rumpelnd wie eine entgleisende Bigband fielen die W eissachtaler Buben ein, und es klang eher nach Polka als nach Swing. Zwerger griff sich das Mikrofon, er riss es seiner Frau geradezu aus der Hand.
    »Meinen Glückwunsch, Ewald, gut gemacht! Und auch wenn uns in der Kiesbranche das W asser bis zum Hals steht, gibt’s jetzt Freibier, und zwar für alle!!!«
    Jetzt tobten die Leute: So spendabel kannten sie ihren Chef Zwerger wirklich nicht. Rita hatte das Gefühl, dass irgendetwas aus dem Ruder lief. Karl Zwerger war bekannt für seinen
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